Engelbert Bikowski: Rede zum Volkstrauertag

Am heutigen Volkstrauertag hielt der stellvertretende Schermbecker Bürgermeister Engelbert Bikowski (Foto) die Gedenkrede am Dammer Ehrenmal:

Liebe Dammer Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Wie in jedem Jahr stehen wir hier und erfüllen eine traurige Plicht. lst das wirklich so? Wenn dem so wäre, dann könnten wir eigentlich damit aufhören, denn dann wäre es nur eine eher lästige Wiederholung. Nach meiner Überzeugung ist der Grund, warum wir hier stehen, uns immer wieder, und heute ganz besonders, daran zu erinnern, welches Leid, welche unermessliche Trauer Kriege über Menschen bringen.

Wir versammeln uns heute, um der vielen Frauen, Männer und Kinder aus unserem Land und vielen anderen Ländern zu gedenken, die Opfer von Krieg und Gewalt geworden sind. Der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, hat einmal gesagt: ,,Frieden und Freiheit, das sind die Grundlagen jeder menschenwürdigen Existenz.“ Man sollte meinen, das sei selbstverständlich. Leider ist es nicht so.

Millionen Menschen mussten viel zu iung sterben, wei! Frieden und Freiheit der Boden entzogen worden war. Weil dies eben nichts Selbstverständliches war. Darum erinnern wir an die schlimmsten Zeiten deutscher Geschichte, an die beiden Weltkriege und besonders an die Nazidiktatur.

Der Zweite Weltkrieg unddie Nazidiktatur liegen lange zurück, aber ihre Schatten reichen bis in die heutige Zeit, denn auch jetzt, während wir uns zu einer stillen Stunde des lnnehaltens, der Trauer und des Erinnerns versammelt haben, kämpfen Menschen woanders um ihr Leben oder sind in ihrer Freiheit bedroht, ob in Syrien, Afghanistan oder irgendwo in den Weiten Afrikas. Die Frage nach Krieg und Frieden ist aktuell geblieben, der Krieg, alle Konflikte dieser Welt werden uns jeden Abend frei Haus mit der Tagesschau ins Wohnzimmer getiefert.

 

Der neue Dammer Schützenpräsident Bernd Abel legte einen Kranz am Ehrenmal nieder. Foto: Helmut Scheffler

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

uns führt heute die Trauer zusammen, verbunden mit dem Bestreben, die Opfer vor dem Vergessen zu bewahren, denn wenn niemand mehr an sie denkt, dann sind sie endgültig tot. Der Volkstrauertag setzt hier ein Zeichen, er fragt danach, welche Schlüsse sich aus der Vergangenheit ziehen lassen, er fragt danach, wo wir heute stehen und welche Werte uns wichtig sind.

Wenn ich in die heutige politische Landschaft schaue und sehe, welche Bewegungen sich auf dem Gebiet unserer Bundesrepublik breit machen, dann muss ich mich einfach fragen: „Lernen wir eigentlich nie aus der Geschichte?“ Wir verwahren uns gegen alle Versuche von Neonazis – ausgerechnet auch noch den Volkstrauertag – für sich zu vereinnahmen.

lch persönlich bin im März diesen Jahres in Berlin in einem Museum gewesen, das über die Anfänge und Folgen der Zeit ab 1933 informierte. Die Parallelen zur heutigen Zeit sind erschreckend.

Besonders deutlich wird das, wenn man sich mal die Entwicklung in der Türkei ansieht, aber seien wir wachsam, auch bei uns gibt es bereits die ersten Bestrebungen, alle Freiheitsrechte für sich selber in Anspruch zu nehmen, nach dem Motto  „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, aber wenn dann in der Zeitung etwas anderes steht als das, was man für seine persönliche Wahrheit hält, dann ist das die Lügenpresse.

Verwahren wir uns dagegen, damit wir unsere Freiheit bewahren.

Engelbert Bikowski, stellvertretender Bürgermeister

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.