Gahlener BürgerForum zog nach einjähriger Tätigkeit eine Zwischenbilanz
Auf den Tag genau ein Jahr nach dem ersten Infoabend des Gahlener BürgerForums zur unerlaubten Ablagerung von Ölpellets und anderen gefährlichen Deponiegütern in einer Ablagerung der Firma Nottenkämper, bilanzierten Mitglieder des Forums am Freitagabend im Gemeindehaus ihre bisherige Arbeit und gaben einen Ausblick auf das weitere Vorgehen.
Zum Gahlener BürgerForum gehören Vertreter des Allgemeinen Bürgerschützenvereins Gahlen, des CDU – Ortsverbandes Gahlen, der Evangelischen Kirchengemeinde Gahlen, der FDP – Gahlen, des Gemeindesportverbandes Schermbeck, des Heimatvereins Gahlens, des MGV Gahlen-Dorf, des Reitervereins Lippe-Bruch Gahlen, der SPD – Gahlen, des TuS Gahlen, des VdK-Ortsverbandes Gahlen sowie Gahlener Bürgerinnen und Bürger.
Unterstützung gab es von Beginn an durch Partei- und Ratsmitglieder von Bündnis 90/Die Grünen. Das Ziel der Gruppe bestand darin, Aufklärungsarbeit zu leisten bei der Aufdeckung des bislang größten Schermbecker Umweltskandals.
Fehlende Bereitschaft des Kreises Wesel
„Es ist sehr bedauerlich, dass der Kreis Wesel so schlecht und schleppend Auskünfte erteilt“, fasste der Sprecher Dr. Stefan Steinkühler die fehlende Bereitschaft des Kreises Wesel zusammen, die Fragen von Bürgern zu beantworten. Erinnert wurde an das monatelang vergebliche Bemühen des BürgerForums, Einblick in Gutachten zum Ölpellets-Skandal nehmen zu können.
Mit großem Interesse haben Mitglieder des BürgerForums das ganze Jahr über zwei Prozesse am Landgericht Bochum verfolgt, die sich mit dem Weg der Ölpellets von der BP als Lieferfirma über Abfallmakler bis hin zur Firma Nottenkämper beschäftigten.
Steinkühler und der Sprecher Matthias Rittmann machten am Freitag ebenso deutlich wie die beiden Grünen-Politikerinnen Ulrike Trick und Britta Wegner, dass die Bochumer Staatsanwaltschaft keinen Elan gezeigt habe, den Fokus ihrer Ermittlungen auf die BP zu richten. Schließlich wurde seitens der Grünen Strafanzeige gegen die Staatsanwaltschaft wegen Untätigkeit erhoben.
Als Erfolg konnte das BürgerForum verbuchen, dass die Öffentlichkeit durch die überregionale Presse, den Rundfunk und das Fernsehen weit über die Grenzen Schermbecks hinaus über den Umwelt-Skandal unterrichtet wurde.
Mangelndes Engagement
Enttäuscht ist das Forum über das mangelnde Engagement der Gemeinderäte von Schermbeck und Hünxe. Zwar waren Gahlener Politiker bei öffentlichen Info-Abenden stets präsent, aber bis auf eine Formulierung einer Resolution zu einem späten Zeitpunkt gab es keine aufmerkende Aktion aus dem Schermbecker Rathaus.
Enttäuschung machte sich nicht nur beim Blick auf die Staatsanwaltschaft und auf den Kreis Wesel breit. „Das Behördenversagen hat sich auf verschiedenen Ebenen erwiesen“, stellte Steinkühler fest und fügte hinzu, „jeder hat sich zu stark auf den anderen verlassen.“ Dabei erinnerte er an falsche Entscheidungen, die bei der Bezirksregierung in Münster getroffen wurden. Dem Kreis Wesel bescheinigte Steinkühler: „Man hat den Eindruck, dass der Kreis Wesel gerne unwissend bleiben möchte.“
Untätigkeit des Kreises Wesel nervt
Die Untätigkeit des Kreises Wesel nervt das BürgerForum ganz besonders. Am 20. August hatte das Forum dem Landrat Dr. Ansgar Müller einen Fragenkatalog vorgelegt als Vorbereitung eines Informationsabends. Der fand auch am 19. September im Gahlener Café Holtkamp statt, aber die Fragen wurden dort nicht beantwortet. Bislang hat das BürgerForum auch keine Antwort erhalten und muss sich mit allgemeinen Formulierungen auf der Homepage des Kreises Wesel zufrieden geben.
Die Zeit drängt. Die Juristen innerhalb des BürgerForums zeigen sich besorgt über die Gefahr der Verjährung. „Wir gehen davon aus“, so Steinkühler, „dass einige Delikte schon jetzt verjährt sind.“
Da der Kreis Wesel keine Anstalten macht, durch geeignete Untersuchungen feststellen zu lassen, in welchem Maße die Abgrabung Nottenkämper zu einer Deponie umfunktioniert wurde, erwägt das BürgerForum nun, gegen den Kreis Wesel über einen Umweltverband eine Klage einzureichen mit dem Ziel, dass der Kreis Wesel die ehemalige Tongrube flächendeckend untersuchen lässt.
Mühlenberg solle in eine Deponie umgewandelt werden
Sorgen bereitet dem BürgerForum das Gerücht, die Abgrabung Mühlenberg solle in eine Deponie umgewandelt werden. Auf eine entsprechende Frage an einen Mitarbeiter der Bezirksregierung hat Ratsmitglied Wilhelm Hemmert-Pottmann während der letzten Deponiebeiratssitzung die Antwort erhalten, dass er davon bislang nichts gehört habe. Sollte es dennoch zu einer Umwandlung kommen, wäre künftig nicht mehr der Kreis Wesel, sondern die Bezirksregierung für den Mühlenberg zuständig.
Wir werden nicht aufgeben
Zitat: Ulrike Trick
Trotz aller Enttäuschungen startet das BürgerForum zuversichtlich ins zweite Jahr seines Bestehens, zumal man miterlebt hat, dass die Bevölkerung nun weitaus sensibler und misstrauischer geworden ist im Hinblick auf gefährliche Abfälle vor der Haustür.
Das BürgerForum gibt auch die Hoffnung nicht auf, dass die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) sich etwas stärker in die Diskussion über die Gefährdung des Trinkwassers einbringt. „Wir werden nicht aufgeben!“, kündigte Ulrike Trick an und ihre Partei-Mitstreiterin Britta Wegner fügte hinzu: „Wir werden immer fantasievoller.“ H. Scheffler