Verhandlung war diesmal nicht das „Ei des Kolumbus“

32. Verhandlungstag im Ölpelettskandal am Mittwoch hat nichts geändert.

Ende des Prozesses im Ölpelettskandal gegen den Abfallmakler H. ist in greifbarer Nähe

Wenn es nach den Vorstellungen des Richters Markus van den Hövel gegangen wäre, dann wäre der Prozess gegen dem Gahlener Abfallmakler H. vor dem Landgericht Bochum schon mehrfach eingestellt worden.

An seiner Auffassung, dass allenfalls eine „Fahrlässigkeit“ des Gahleners und damit ein „Verschulden am unteren Ende“ nachzuweisen sei, hat sich auch am 32. Verhandlungstag am Mittwoch nichts geändert.

Auf diesem Verhandlungstag hatte die Staatsanwaltschaft bestanden. Sie wollte den Nachweis führen, dass der Gahlener H. im Rahmen einer Vernehmung am 6. August 2014 ein Zugeständnis bezüglich des Verbleibs der Ölpellets bei Nottenkämper gemacht hätte.

Staatsanwältin war nicht anwesend

Um das zu belegen, hatte die Staatsanwältin am 18. Juli 2018 beantragt, die Richterin und den Verteidiger als Zeugen einzuladen, die im Jahre 2014 an der richterlichen Vernehmung beteiligt waren. Die Staatsanwältin war am Mittwoch nicht anwesend. Eine Erklärung für ihre Abwesenheit wurde nicht gegeben.

Ihre Vertretung übernahm der sechste Staatsanwalt im Rahmen des Verfahrens. Gegen vier Staatsanwälte haben der Schermbecker Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen bekanntlich Anzeige wegen Untätigkeit erstattet.

Auch die Verteidiger haben in den letzten Wochen mehrfach dezidiert erläutert, wie sehr die Bochumer Staatsanwaltschaft bei der Fokussierung auf den Gahlener H. vergessen hat, sich mit dem fehlerhaften Tun der BP und der beiden Bezirksregierungen in Münster und Düsseldorf zu beschäftigen.

Kein sauberes Verfahren

Im Rahmen der Aussage beider Zeugen wurde deutlich, dass im Jahre 2014 kein sauberes Verfahren abgelaufen ist. „Es gab also keine klassischen Protokolle und es war auch keine richterliche Vernehmung“, stellte der Verteidiger Nils Holtkamp am Mittwoch fest, nachdem sich im Rahmen der Zeugenaussagen ergeben hatte, dass der damalige Staatsanwalt bereits vor dem gerichtlichen Verfahren von dem Angeklagten eine Unterschrift eingefordert hatte, um die Aussagen des Angeklagten im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung bestätigen zu lassen.

Verfahrensfehler

Dieses unterzeichnete Schriftstück wurde ohne jegliche weitere Vernehmung von der Richterin übernommen, was Holtkamp unwidersprochen als einen Verfahrensfehler bewertete. Hinzu kam die Aussage des Zeugen, er habe den Eindruck gehabt, als habe der Staatsanwalt im Jahre 2014 gegenüber H. „die Haftverschonung davon abhängig gemacht, dass er die Unterschrift leistete.“ Da keinerlei Protokolle über den exakten Verlauf der richterlichen Genehmigung im Jahre 2014 vorgelegt werden konnten, entstand auf der Basis der beiden Zeugenaussagen der Eindruck, als sei damals aus irgendwelchen Gründen etwas an der Prozessordnung vorbeigelaufen.

 

So entpuppte sich der auf Wunsch der Staatsanwältin stattgefundene Verhandlungstag am Mittwoch als ein Bumerang gegen die handelnden Personen aus den Reihen der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes. „Das war relativ unspektakulär“, bewertete Richter van den Hövel die Vernehmung der beiden Zeugen und fasste vorsichtig zusammen: „Mir ist nicht richtig deutlich geworden, welche Bedeutung die richterliche Vernehmung [die Red.: am 6.8.2014] hatte.“ „Das ist nicht das Ei des Kolumbus“, bewertete auch der neue Staatsanwalt die Vernehmung der beiden Zeugen.

„Wir wollen das Verfahren relativ schnell beenden“, stellte Richter van den Hövel am Ende des Verhandlungstages fest und stellte noch einmal im Verein mit den Verteidigern die Möglichkeiten vor, den Prozess durch eine Einstellung des Verfahrens auf der Basis der Paragrafen 154 oder 164a der Strafprozessordnung zu erzielen.

Der Staatsanwalt äußerte sich vorerst nicht. Für den Fall, dass nach Rücksprache mit seinen Kollegen der Staatsanwalt einer Einstellung des Verfahrens nicht zustimmt, hat der Richter für den September 2018 ein Urteil angekündigt. Das dürfte allerdings eine schwierige Aufgabe sein, weil das Urteil so gefasst werden müsste, dass die Staatsanwaltschaft ihr Gesicht nicht verliert und der Angeklagte auf eine Revision verzichtet, weil ansonsten im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens die aufgedeckten Fehler der Bochumer Staatsanwaltschaft thematisiert würden. „Der Angeklagte wird es aber nicht hinnehmen“, stellte Dr. Dilling als weiterer Verteidiger des Angeklagten bereits im Juli gegenüber der Oberstaatsanwältin fest, „dass er der Platzhalter und Sündenbock für den eigentlichen Schuldigen, die Ruhr Oel GmbH, sein soll.“ H.Scheffler

 

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.