Stephan Stender plant ein Biomasse-Heizkraftwerk

Klimaschutzkonzept Schermbeck wurde abschließend erörtert

Schermbeck Stephan Stenders Vorstellung seiner Planungen für ein Biomasse-Heizkraftwerk kommt genau im richtigen Augenblick. Es passt zu den Wünschen, die von den Mitarbeitern des Institutes „Fraunhofer UMSICHT“ am 19. März während einer öffentlichen Anhörung zum geplanten Klimaschutzkonzept geäußert wurden. Gestern Abend hatten die Schermbecker Bürger und Wirtschaftsunternehmen zwischen 17 und 19 Uhr im Begegnungszentrum zum letzten Mal die Gelegenheit, mit den Planern über die vorgeschlagenen Maßnahmen und Förderungen zur Energieeinsparung, Gebäudesanierung und den Ausbau erneuerbarer Energien zu diskutieren.

Der Schermbecker Unternehmer Stephan Stender ist Mit-Betreiber des Gewerbeparks „Iduna-Park“ auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei Idunahall im Winkel zwischen Maassenstraße und Alte Poststraße. Bereits vor zwei Jahren interessierte sich der Dorstener Unternehmer Heinz Kayser für Flächenanteile zur Lagerung von Holzspänen. Stephan Stender verwies auf das noch nicht abgeschlossene Bebauungsplanverfahren. Als der Bebauungsplan im April 2013 genehmigt war, wurden die Verhandlungen mit Heinz Kayser fortgesetzt. Mit ins Boot genommen wurde die Firma „Relax Energy GmbH“, die in bayerischen Eching am Ammersee ansässig ist.

Stephan Stender ist bereit, die Verladung (Gebäude im Hintergrund) der ehemaligen Ziegelei Idunhall und die etwa 9000 Quadratmeter große Fläche davor für den Bau eines Biomasse-Heizkraftwerkes zur Verfügung zu stellen. Foto Scheffler
Stephan Stender ist bereit, die Verladung (Gebäude im Hintergrund) der ehemaligen Ziegelei Idunhall und die etwa 9000 Quadratmeter große Fläche davor für den Bau eines Biomasse-Heizkraftwerkes zur Verfügung zu stellen. Foto Scheffler

Als Verfahrensgeber und Vertreiber möchte die „Relax Energy GmbH“ mit der Böblinger Firma „Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co KG“ als Anlagenlieferant das Biomasse-Heizkraftwerk in Schermbeck errichten. Es geht dabei um die Erzeugung von regenerativem Strom und Wärme aus waldfrischem Landschaftspflegematerial. Viel Grünschnitt braucht nicht mehr auf den Osterfeuern der Region verfeuert zu werden, sondern kann dazu dienen, Strom und Wärme für Haushalte und Betriebe zu liefern.

Das angewendete Verfahren wurde vom Deutschen Biomasse Forschungszentrum begutachtet, das dem deutschen Umweltministerium untersteht. „Das Landschaftspflegematerial wird zerhackt und mit einem Wassergehalt zwischen 30 und 50 Prozent direkt eingesetzt“, beschreibt Dipl-Ingenieur Hans-Joachim Büscher von der „Relax Energy GmbH“ und ergänzt, „Feinanteil wie Rinde, Nadeln, Späne usw. können bis zu 25 Prozent mit eingesetzt werden.

Kernstück des Biomasse-Heizkraftwerks ist ein Gegenstromreaktor. Holzhackschnitzel werden von oben auf ein Gitterrost gelegt. Angefeuchtete Luft wird von unten durch das verbrennende bzw. schwelende Holz geleitet. Die Erzeugung des Produktgases erfolgt durch einen thermochemischen Prozess.

Drei entscheidende Standortbedingungen sind erforderlich. Es muss genügend Zulieferer für Holzhackschnitzel geben. Der Betreiber benötigt Abnehmer für die Wärme. Der erzeugte Strom muss abgenommen werden. Am einfachsten dürfte in Schermbeck die Versorgung mit Holzschnitzel gelingen. An der Abnahme von Wärme und Strom arbeitet Stephan Stender derzeit intensiv. Entscheidend ist für das mehr als 10 Millionen Euro umfassende Projekt, dass die Gemeinde bestrebt ist, im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes die Weichen so zu stellen, dass Strom und Wärme vor Ort verbraucht werden können. Das würde dem Investor jene Sicherheit geben, die er für die Durchführung des Projektes benötigt.

Stephan Stender hat sogar schon konkrete Vorstellungen: „Man könnte mit Fernwärmeleitungen die Industrieunternehmen und Gewerbebetriebe versorgen.“ Bis zum Rathaus, so Stender, seien es nur 1,6 Kilometer. Öffentliche Gebäude wie Rathaus und Gemeinschaftsgrundschule könnten leicht mit Wärme versorgt werden.

Die Firma „Relax Energy GmbH“ schließt nicht aus, dass bei entsprechenden Rahmenbedingungen auch Grünschnitt von Privatleuten mit eingesetzt werden kann.

„Es wäre schön“, hofft Stephan Stender, „wenn im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes gemeinsame Anstrengungen in dieser Richtung zwischen der Gemeinde und den Gewerbetreibenden erfolgen könnten.“

Im nächsten Schritt geht es dann um die bauliche Genehmigung eines Projektes, das nicht nur der kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderung dienen würde, sondern auch als ein Musterbeispiel für künftige Formen der Energiegewinnung und -versorgung dienen könnte. H.Scheffler

Nachtrag:

Am 1. Mai stellte der Schermbecker Werner Heistermann über das Kommentarfeld folgende Frage:

„Können Schermbecker Bürger ihren Grünschnitt bei der Biogasanlage anliefern?“

Unsere Antwort:

Es gibt das geplante Biomasse-Heizkraftwerk noch nicht, aber Ihre Frage interessiert natürlich den Investor ebenso wie alle Schermbecker, in deren Gärten verwertbare Grünschnitte (etwa armdicke Äste usw. ) anfallen.

Ich habe dieselbe Frage den Planern und der Gemeindeverwaltung am Mittwochabend gestellt. Die Antwort von beiden: Das wird nicht möglich sein, weil die Gemeinde Schermbeck abgabepflichtig ist. Der Grünschnitt muss nach Asdonkshof abgeliefert werden, damit die dort früher einmal errichtete Müllverbrennungsanlage vertragsgerecht wirtschaftlich bestückt werden kann. Das scheint offensichtlich auch noch in Zeiten zu gelten, in denen man erkannt hat, dass Dinge, die vor 20 Jahren als Abfall definiert wurden, inzwischen als Wertstoffe anerkannt werden.

Es liegt nun an Leuten  wie Ihnen nachzuhaken bei Ihren Kommunalvertretern und beim Kreis Wesel, ob Sie ihre Äste künftig als Abfall betrachten müssen oder als Wertstoff einsetzen dürfen. Wenn die Mehrheit der Bürgerschaft die Ablieferung nach Asdonkshof nicht mehr möchte, kann über einen entsprechenden Ratsbeschluss die Ablieferung nach Asdonkshof beendet werden. Das wird wahrscheinlich eine Strafe wegen Vertragsbruch nach sich ziehen, aber es endet dann auch der kostenträchtige und klimaschädliche Transport zur anderen Rheinseite.

Ich selbst werde die zuständigen Behörden in den nächsten Tgaen um eine Stellungnahme zu Ihrer Frage bitten und die Antworten dann an dieser Stelle veröffentlichen.

Wir bitten die Leser um eine Stellungnahme in unserem Kommentarfeld. Vielleicht ist das der Beginn einer dringend erforderlichen öffentlichen Diskussion über die Vernichtung von Wertstoffen in einer Müllverbrennungsanlage oder auf Osterfeuern. Wir wissen aus vielen Gesprächen mit Schermbecker Bürgern, dass eine ortsnahe Ablieferung von Grünschnitt als Wertstoff sehr begrüßt wird.

Wir werden Ihre Frage auch an die drei Bürgermeisterkandidaten weiterleiten, damit Sie sich im Rahmen unserer wöchentlichen Frage-Serie „Noch x Wochen bis zur Wahl des Bürgermeisters“ dazu äußern können.

H. Scheffler

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.