Räuberbande überfiel eine Postkutsche

Vor 50 Jahren wurde die neue Schermbecker Post eingeweiht

Die Einweihung des neuen Postamtes an der Schienebergstege am 10. Oktober 1967 ist zwar schon 50 Jahre vorbei, aber es gibt noch viele Schermbecker, die den Einweihungstag noch längst nicht vergessen haben.

Damals kam die Post im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räuber.

Postoberamtmann Schreyeck hatte sich einen besonderen Gag einfallen lassen. Alles fing ganz harmlos an. Am „Schwarzen Adler“ in Bricht stiegen die Bürgermeister Wilhelm Kemper (Bricht), Karl Nelskamp (Overbeck), Heinrich Beck (Schermbeck) und der stellvertretende Bürgermeister Bernhard Schetter (Altschermbeck) in eine von zwei Pferden gezogene Postkutsche. „Eskortiert wurden die gewichtigen Herren, die in feierlichem Schwarz erschienen waren, von drei bildhübschen Post-Christeln“, berichtete RP-Mitarbeiter Horst Morgenbrod am 11. Oktober 1967 über die Fahrt von Bricht nach Schermbeck.

Auf der Fahrt von Bricht nach Schermbeck wurde die Postkutsche überfallen. Drei weibliche Postbedienstete wurden von den Räubern entführt. Repro: Helmut Scheffler

Ein paar hundert Meter weiter brach Räuberhauptmann Hermann Stricker mit seinen Kumpanen aus dem Gebüsch. Sie entführten drei weibliche Postbedienstete und erbeuteten ein „Wertpaket“, das sich aber beim Auspacken für die Räuber als wertlos entpuppte, denn das Paket enthielt einen Schuldschein. Auf dem stand die Verpflichtung, jedem Postler in Schermbeck eine Flasche Bier geben zu müssen. Die verärgerten Räuber konzentrierten sich nun auf die Bürgermeister. Jeder von ihnen musste, um mit den entführten weiblichen Postbediensteten weiterfahren zu können, zehn Mark an die Räuber abgeben.

Als die zuvor überfallene Postkutsche am 10. Oktober 1967 in der Schienebergstege vorfuhr, gab es viel Applaus von den Zuschauern, die zur Eröffnung des Postamtes in der Schienebergstege gekommen waren. Repro: Helmut Scheffler

Ohne Wertpaket und Geld fuhr die Postkutsche nun weiter in Richtung Postamt in der Schienebergstege. Dort wurden die ausgebeuteten Bürgermeister von mehreren hundert Erwachsenen und Schulkindern mit viel Beifall empfangen. Nach der Übergabe des Postschlüssels durch Postoberamtmann Schreyeck an den 35-jährigen Postoberverwalter Jürgen Schürmann feierten Räuber und Beraubte gemeinsam im Café Schulte-Drevenack (heute Geschoss über Stöckelwild). Noch einmal presste der Räuberhauptmann aus den Postlern einen Wertgegenstand heraus: die Wurst zum Mittagessen.

Postoberamtmann Schreyeck (l.) übergab den Schlüssel an den 35-jährigen Postoberverwalter Jürgen Schürmann (l.). Repro: Helmut Scheffler

Das neue Postgebäude beendete eine drückende Enge im vorherigen Postamt auf der Mittelstraße. Auf engstem Raum hatte Jürgen Schürmann dort zuletzt acht Jahre lang mit sieben weiteren Postbediensteten zusammengearbeitet. Im neuen Gebäude standen vergrößerte Räume zur Verfügung, die die Postgeschäfte wesentlich erleichterten. H.Scheffler

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.