Luftbild (14): Kläranlage und Gietlingsmühle

Im Grenzbereich zwischen Schermbeck und Bricht gab es vor 50 Jahren nur ein einziges Gebäude von Bedeutung, und zwar die Gietlingsmühle (Vordergrund, Mitte). Diese Mühle war zuletzt im Besitz der Familie Schwanen. Müller Anton Schwanen wurde 1875 in der Gietlingsmühle geboren. Wegen Erbauseinandersetzungen musste die Mühle zwischen 1903 und 1907 verkauft werden. Noch in den 1930er-Jahren war die Mühle in Betrieb. Bis 1933 hat die Familie Rexforth die Mühle bewirtschaftet. Offen ist bis heute noch im heimatkundlichen Schrifttum der Gemeinde Schermbeck, wer die Mühle zwischen 1907 und 1933 bewirtschaftet hat.

GietlingsmühleSo wie die Gietlingsmühle Zeugnis ablegt von einer ehemals gewerblichen Nutzung im ländlichen Raum, zeugt die ehemalige Bahnlinie, deren Verlauf man an der geschlossenen Baum- und Buschreihe (von links unten nach rechts oben) erkennt, dass Schermbeck Anschluss an die überregionale Bahnlinie Paris-Venlo, Schermbeck, Münster, Hamburg besaß. Erst nach Fertigstellung der Weseler Rheinbrücke konnte am 31. Dezember 1874 der erste Zug den Rhein in Richtung Venlo überqueren. Damit war auch der Anschluss an die in Büderich abzweigende Boxteler Eisenbahn gegeben, auf welcher der „Blaue Brabant“, eine legendäre Lokomotive, verkehrte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Stilllegung der Strecke in Raten. 1962 wurde der Personennahverkehr auf Bahnbusse verlagert. Güterzüge fuhren noch bis 1974 durch Wesel nach Schermbeck, bis 1985 zwischen Schermbeck und Dorsten. Am 1. Oktober 1985 fuhr der letzte Zug. Die Gleise zwischen Schermbeck und Dorsten wurden erst im September 1992 entfernt und an Privatfirmen veräußert. Heute wird die ehemalige Bahntrasse im Schermbecker Raum als Rad- und Wanderweg genutzt.

Rechts der ehemaligen Gietlingsmühle erkennt man die Schermbecker Kläranlage, die am 9. Februar 1971 eingeweiht wurde. Es war die 50. Kläranlage des Lippeverbandes. Sie entwässerte damals schon die zu Westfalen gehörende Gemeinde Altschermbeck mit. Von beginn an bezogen die Landwirte den abgesetzten Schlamm als kostenlosen Dünger. Wer einen Kubikmeter Klärschlamm abholte, erhielt noch drei bis vier Mark extra. 1986/87 wurde die Kläranlage erweitert. Sie war ursprünglich nur für 7500 Einwohner ausgerichtet. Fast die gesamte Gemeinde Schermbeck liefert heute dorthin ihre Abwässer, sei es über Freigefällekanäle oder über Druckrohrleitungen.

Die zusammenhängende Siedlungsfläche im linken Bildbereich zeigt das Baugebiet Nummer 13 „Lüttge Feld-Süd“, das in den 1980er-Jahern erschlossen wurde. Zwischen zwei und drei Dutzend Häuser entstanden dort.

Am oberen Bildrand sieht man einen Teil der Umgehungsstraße, die 1976 eröffnet wurde und seither den Schermbecker Ortskern merklich entlastete. Bis zur Eröffnung der Straße mussten alle Fahrzeuge die Bundesstraße 58 benutzen, die über die heutige Mittelstraße führte. Foto Scheffler, 22. Juni 2010

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.