Beim Infoabend zum Thema „Wolf“ waren Wolfskritiker in einer deutlichen Überzahl.
Das Thema Wolf stand im Mittelpunkt eines Informationsabends, zu dem der Schermbecker FDP-Ortsverband und der FDP-Kreisverband Wesel in den Saal der Östricher Gaststätte Schult eingeladen hatten.
Inhaltlich gab es wenig Neues. Entsprechend blieben zahlreiche Plätze an den Tischen frei. Mit etwa 120 Besuchern blieb die Zahl der Besucher deutlich hinter den Interessenten an den Veranstaltungen im Café Holtkamp und in der Aula der Gesamtschule Hünxe zurück.
Neu war die Zusammensetzung des Podiums. Während bei Holtkamp und in Hünxe Vertreter der Behörden bzw. der Naturschutzverbände auf Fragen der Zuhörer antworteten, standen diesmal Politiker sowie Vertreter von Berufsverbänden der Tierhalter an drei Podiumstischen, um Fragen aus dem Kreis der Zuhörer zu beantworten.
Der FDP-Ortsvorsitzende Simon Bremer und der als Moderator fungierende Kreisvorsitzende Bernd Reuther begrüßten vier Gesprächsteilnehmer.
Vor Beginn der Fragen aus der Zuhörerschaft gab das FDP-Bundestagsmitglied Karlheinz Busen ein etwa 15-minütiges Statement ab. Der Bauingenieur ist seit 2017 Mitglied des Bundestages und hat bereits einen Antrag gestellt, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen.
Busen bewertete einen Großteil der öffentlichen Diskussionen um den Wolf als Ideologie, die den Sachverstand verdränge, kritisierte die bisherigen Maßnahmen zum Herdenschutz und forderte ein bundeseinheitliches Wolfs-Monitoring, in das auch die europäischen Nachbarn mit einbezogen werden müssten.
20.000 Euro Wölfe
Den Behörden warf er vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Er selbst gab an, in Europa seien 20 000 Wölfe unterwegs, die „sich pro Jahr um 30 Prozent vermehren“ würden. „Wir wollen die Zahl der Wölfe auf ein vernünftiges Maß zurückführen“, kündigte Busen als Zielsetzung an.
Im Rahmen einer knappen Fragerunde gab Bernd Reuther den übrigen Podiumsteilnehmern Gelegenheit, sich mit ihrem Aufgabenfeld vorzustellen. Maik Dünow trat als Sprecher der Berufsschäfer in NRW ans Mikrofon, Johannes Leuchtenberg als Vorsitzender der Kreisbauernschaft Wesel, Alfred Nimphius als Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel und Werner Schulte als stellvertretender Jagdberater des Kreises Wesel.
Frage- und Antwortrunde
Was in der Einladung als „Podiumsdiskussion“ angekündigt war, entpuppte sich als eine fortwährende Frage- und Antwortrunde, wobei – bis auf eine einzige Ausnahme – die Fragen und Statements der Zuhörer den Podiumsteilnehmern Steilvorlagen für all die Kritik lieferten, die in der Summe von den Podiumsteilnehmern als eine völlig verfehlte Vorgehensweise beschrieben wurde.
Ein Dorstener Bürger und das Drevenacker FDP-Mitglied Dr. Manfred Wüstemeyer meldeten sich ebenso mit wolfskritischen Feststellungen bzw. Fragen zu Wort wie Bernd Kleinsteinberg und Jürgen Höchst als Mitglieder des Gahlener BürgerForums, eine Frau, die auf Gefahren für Autofahrer verwies, und ein Kaufmann und Jäger, der von seinen Erfahrungen „in vielen Ländern“ berichtete und zum Schluss kam, dass „ohne Jagd die Kontrolle der Wölfe nicht funktioniert.“
Hitzige Auseinandersetzung
Zu recht unsachlichen und hitzigen Auseinandersetzungen kam es kurzzeitig zwischen einem Teil der Zuhörer und dem Wolfsbefürworter Jos de Bruin aus Sonsbeck, der sich selbst als „Wolfsbotschafter“ bezeichnete und auf seine 20-jährige Wolfsberatung und den konfliktfreien Umgang mit Wölfen in diesem Zeitraum verwies. Er korrigierte die von Busen genannte 30-prozentige Vermehrungsquote und nannte 0,5 Prozent.
Am Ende der gut einstündigen Frage- und Antwortrunde wurden die Podiumsteilnehmer um ein Fazit gebeten. Maik Dünow verwies auf die Bedeutung der Schafshalter für die Gesellschaft, auf zu hohe Kosten für den Herdenschutz und auf eine viel zu geringe Entschädigung. „Ich bin total verängstigt, wie man mit Schäfern und Weidetierhaltern umgeht“, stellte Dünow fest.
Obergrenze
„Nach der FFH-Richtlinie ist der Wolf streng geschützt und solange keine anderen politischen Entscheidungen getroffen werden, sind wir machtlos“, bilanzierte Werner Schulte, forderte „ein europaweit einheitliches und ehrliches Management“ und verwies auf Niedersachsen, wo das gesamte Wolfsmanagement von der Jägerschaft übernommen werde. Tierschutz sei nicht teilbar; für Schafe und Rinder müsse derselbe Schutzanspruch gelten wie für Wölfe.
Johannes Leuchtenberg verwies auf die Gefahren durch ausbrechende Rinderherden, auf die Veränderung der Landschaft in den letzten 150 Jahren; er forderte eine Obergrenze und die Möglichkeit der Bejagung von Wölfen.
„Ich bin meinem Eid verpflichtet und werde deshalb Schaden von den Menschen fernhalten“, bekannte Karlheinz Busen. Dazu brauche man aber geeignete Rahmenbedingungen, und für die Erreichung eines „vernünftigen Erhaltungszustands“ werde er „in der nächsten Woche in Berlin weiter kämpfen.“ H.Scheffler