Kontrolleure sollen sich vorher angemeldet haben

Ehemaliger Nottenkämper-Prokurist wurde als Zeuge gehört

Schermbeck. Im Prozess gegen den Angeklagten R. vor der sechsten Strafkammer des Landgerichtes Bochum fielen Aussagen, die auch die Firma Nottenkämper betreffen, welche im Gahlen-Gartroper Grenzbereich Ton abgräbt und die Abgrabungshohlräume verfüllt.

Dabei sind im letzten Jahrzehnt riesige Mengen Ölpellets mit abgelagert worden, die nicht einmal auf einer Sondermüll-Deponie hätten landen dürfen. Zusätzlich wurden andere hochgradig giftige Stoffe abgelagert (wir berichteten).

Bislang ist nicht geklärt, ob die Firma Nottenkämper das Opfer krimineller Machenschaften seitens Dritter wurde oder ob eine bislang verschwiegene Mitwirkung der Firma existierte. Ein wenig Licht brachte der heutige Verhandlungstag im Bochumer Prozess.

Angeklagt ist der ehemalige Betriebsleiter R. des „Recycling-Zentrums Bochum GmBH“ (RZB). Ihn beschuldigt die Staatsanwaltschaft, zwischen dem 14. April 2010 und dem 6. September 2013 vorsätzlich und unerlaubt mit Abfällen umgegangen zu sein. Außerdem ist er angeklagt wegen des „vorsätzlichen Betriebes einer nicht genehmigten Anlage“. Wegen eines ähnlichen Vorwurfes war zunächst sein Chef S. angeklagt worden. Der ist aber inzwischen verstorben.

Geladen war diesmal der Zeuge L., der ehemalige Prokurist der Firma Nottenkämper. Er war geladen worden, um die Schuld oder Unschuld des Angeklagten R. zu belegen. Für die Bewohner Gahlens waren alle die Aussagen des 57-jährigen selbstständigen Entsorgungstechnikers besonders interessant, die sich auf die Firma Nottenkämper beziehen.

Die Vernehmung durch den Vorsitzenden Richter Rehaag ließ dem Zeugen allerdings nicht die Chancen, ausführlich über Abläufe und Hintergründe zu sprechen. Erwartet wurde vom Richter permanent eine einfache Antwort mit ja oder nein auf die von ihm gestellten Fragen.

Dies wiederum wollte der Zeuge so nicht hinnehmen, sodass die Kommunikation zwischen dem Richter und dem Zeugen eskalierte in einer immer größeren Lautstärke. „Der Einzige, der hier rumschreien darf, bin ich“, maßregelte der Richter den Zeugen, was wiederum dessen beide Verteidiger monierten. „Eine qualitativ bessere Befragung geht anders“, beanstandete einer der beiden Rechtsanwälte die Befragung seitens des Richters.

Die zum Teil recht knappen Antworten ergaben bezüglich der Einbeziehung der Firma Nottenkmämper folgende Feststellungen:

Zwischen der Firma Nottenkämper und der RZB gab es einen direkten Kontakt zwischen dem verstorbenen RZB-Chef und einem der beiden Chefs der Firma Nottenkämper, der die RZB mehrfach besucht habe.

Die Aufzeichnung eines Handy-Gespräches zwischen L. und Nottenkämper, die vom Staatsanwalt verlesen wurde, belegt, dass L. den Chef der Firma Nottenkämper über die Ablagerung bedenklicher Stoffe informierte.

Der Verteidiger des Angeklagten R. fragte L. gezielt: „Haben Sie vor geraumer Zeit gegenüber der Staatsanwaltschaft Angaben gemacht zur Firma Nottenkämper?“ „Ja“, antworte L.

Auf entsprechende Nachfragen hin fügte L. hinzu, dass die Kontrolleure der zuständigen Behörden sich bei Nottenkämper stets vorher angemeldet hätten. L. berichtet der Staatsanwaltschaft von „illegalen Sickerwässern“, die man „eigentlich zu einer Kläranlage“ hätte bringen müssen, die aber „in den Wald gebracht“ worden seien. Er habe der Staatsanwaltschaft die Stelle auf einer Karte gezeigt.

„Es wurden viele Abfälle angenommen, die nicht beprobt wurden“, ergänzte L. gestern seine Beschreibung der Annahmepraxis der Firma Nottenkämper. Zugleich bemängelte er – unter Nennung des Mitarbeiters F. – die mangelhaften Kontrollen des Kreises Wesel.

L. erneuerte heute die „Machenschaften“ der Firma Nottenkämper, ohne diese näher zu kennzeichnen. Der Vorsitzende Richter stellte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen in den Raum. „Unser bisheriges Beweisergebnis hat ergeben, dass wir glauben, dass Herr L. Lügt“.

L. teilte mit, dass es von seinem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft eine schriftliche Aufzeichnung gibt.

Am Donnerstag (26.) wird der Prozess gegen R. fortgesetzt. Zwei Zeugen sollen befragt werden. Dabei geht es auch um Behauptungen, die der Abfallmakler H. bezüglich der RZB in der Vergangenheit getroffen hat. Ob der Chef der Firma Nottenkämper im Rahmen des Prozesses als Zeuge geladen werden soll, blieb heute offen. H.Scheffler

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.