Die Budapester Klezmerband Z´mirim gastierte in der Aula der Schermbecker Gesamtschule.
Schermbeck Klezmer-Musik gibt es nicht alle Tage auf der Bühne der Schermbecker Gesamtschule zu hören, obwohl sich diese Schule seit ihrer Gründung vor nahezu 27 Jahren zu einem äußerst musikfreudigen Kulturträger innerhalb des Kleinstädtchens entwickelt hat.
Umso mehr freuten sich die Besucher, dass sich die Klezmerband „Z´mirim“ von der Budapester Partnerschule Lauder Javne Iskola bereit erklärte, einen Tag nach ihrem Auftritt bei einer Düsseldorfer Ausstellungseröffnung erneut jene Bühne in der Schlossstraße zu betreten, auf der sie im Rahmen der Aufführung der Kinderoper „Brundibár“ vor drei Jahren schon einmal sehr viel Beifall erhielt.
Im Mittelpunkt der Aufführung stand diesmal das Multimediaprojekt „Evoked Memories“, eine mit Musik, Gedichten und Filmsequenzen in Szene gesetzte Erinnerung an die Verfolgung der ungarischen Juden. Auf der Leinwand wurde die Begegnung einer Jüdin mit der Ungarin Lilli gezeigt, die in jenen Tagen Juden in ihrem Haus versteckte, als die Deutschen in Budapest einmarschierten und mit der Deportation von Juden in Konzentrationslager begannen.
Die einzelnen Interviewphasen wurden durch eher traurig anmutende Klezmerklänge umrahmt, die sich deutlich von jener stimmungsvollen Melodieführung unterschieden, welche man gewöhnlich bei der Untermalung jüdischer Feste zu hören bekommt. Die bisweilen schwermütig wirkenden Melodien passten so recht zur Trauer beim Anblick der Juden, die zu Tausenden auf dem Weg von Budapest in Richtung Österreich getrieben wurden. Nur die allerwenigsten hatten die Gelegenheit, sich der Aufsicht der Nazis entziehen und so dem Tode im Konzentrationslager entgehen zu können.
Neben den filmisch dokumentierten Augenzeugenberichten und der Klezmermusik wurden von drei Gesamtschülern Gedichte vorgetragen. Til Drescher steuerte Paul Celans „Todesfuge“ bei mit der innewohnenden Feststellung „der Tod ist ein Meister aus Deutschland“. Dorothea Benitez-Sanchez thematisierte mit Martin Niemöllers Gedicht „Als sie die Juden holten” die fehlende Zivilcourage der Menschen angesichts des immer brutaler werdenden Vorgehens gegen die Juden. Primo Levis jüdisches Gebet trug Anna-Maria Galiĉ vor.
Den Bezug zur Gegenwart stellten in einem anschließenden Gespräch Schulleiter Norbert Hohmann und Bürgermeister Mike Rexforth her. Vor der Kulisse eines Bühnenbildes stehend, das über Gleise gehende Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Mitteleuropa zeigte, erinnerte Hohmann daran, dass Proteste gegen das Unrecht an Menschen aktueller denn je seien. „Ich finde es toll, wie Sie sich als Bürgermeister für Flüchtlinge engagieren“, lobte Hohmann den Bürgermeister, der seit Monaten in diesem Bereich auf vielen Ebenen unterwegs sei. Rexforth erinnerte an die Hilfe, die den Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zuteil wurde, obwohl sie den Krieg mit Millionen Toten verursacht hatten. „Wir sind ein reiches Land“ ergänzte Rexforth, „und aus unserer Geschichte heraus müssen wir den Flüchtlingen helfen.“ Seinen Dank an die vielen Helfer verband Rexforth mit der Bitte: „Werden Sie nicht müde! Bleiben sie dabei!“
Den bis dahin besinnlichen Part schoben die sieben Klezmer-Musikanten in der Schlussphase beiseite. Sie bewiesen im letzten Teil, dass Klezmer-Musik von Hause aus keine traurige Musik ist. Geradezu ausgelassen kam die Serie fetziger Klezmer-Rhythmen daher, die vom Puklikum mit tosendem Beifall quittiert wurden, sodass die Musiker sich noch mit mehreren Zugaben bedankten.
Mit ihren Schermbecker Gastfamilien und einigen Lehrern der Gesamtschule trafen sich die Musiker am Abend noch zu einer After-Show-Party im Hotel „Zur Linde“. H. Scheffler