Topograf Klaus Wasmuth bringt Licht ins Dunkel
Kreisrundes Gebilde in der Mühlenbachaue ist seit mindestens 1929 bekannt
Schermbeck Klaus Wasmuth musste schmunzeln, als er am Mittwoch die Presseberichte über eine vermutete „Motte“ in dem Neubaugebiet „Am Mühlenbach“ las (wir berichteten). Das hätte man mit Leichtigkeit viel früher feststellen können, ist der 69-jährige Schermbecker Diplom-Ingenieur für Vermessung überzeugt. Bei unserem Besuch in der Johann-von-der-Recke-Straße legte der langjährige Topograf der Kreisverwaltung Borken gleich mehrere Beweise auf den Tisch, ohne dazu einen Fuß ins Rathaus gesetzt zu haben.
„Wichtiger Bestandteil der Arbeit eines Topografen und Kartografen ist die Auswertung von Luftbildern“, berichtet Wasmuth, der sich schon lange vor seiner Pensionierung im Jahre 2004 per Luftbildinterpretation auf die Suche nach Spuren der Geschichte Schermbecks machte und dabei an mehreren Stellen fündig wurde. „Die erforderlichen Materialien sind inzwischen im Internet frei zugänglich“, freut sich Wasmuth über deutliche Erleichterungen.
Auf eine kreisrunde Fläche in Damm hat Klaus Wasmuth bereits vor 15 Jahren hingewiesen. In Sachen „Motte im neuen Baugebiet am Mühlenbach“ ruft er ein digitalisiertes Luftbild aus dem Jahre 1929 auf den Bildschirm, das vom damaligen Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (heute RVR) erstellt wurde. „Die konzentrischen Kreise liegen exakt an jener Stelle, die auch das farbige Luftbild aus dem Jahre 2010 zeigt“, stellt Wasmuth fest.
Wasmuth empfiehlt der Gemeinde, auf die dort sicherlich vorhandene preußische Urvermessung aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu schauen. Sehr aussagekräftig sei auch die amtliche Basiskarte (Deutsche Grundkarte).

Das Luftbild aus dem Jahre 1929 zeigt außerdem noch eine Linie, die man auf dem farbigen Luftbild von 2010 nicht erkennen kann, weil sich inzwischen in diesem Bereich das Regenrückhaltebecken befindet. Auf dem Foto zeigt Klaus Wasmuth mit einem Stift auf die kreisrunde „Motte ?“ In Verlängerung des Stiftes führt eine geschlängelte Linie nach Nord-Nordosten. Das sieht nach einen ehemaligen Gewässerlauf aus. In der Nähe der „Motte“ gabelt sich der vermutliche Gewässerlauf in zwei Teile und umfängt dabei die Motte, bevor beide Äste der schattierten Linie weiterführen zu dem jetzigen begradigten Bach. Ob der Bach wirklich dazu genutzt wurde, die „Motte“ wie eine heutige Wasserburg mit einem Wassergraben zu umgeben, bedarf weiterer Auswertungen von Archivalien.
„Um denkbare Gewässerverlagerungen nachweisen zu können, müsste man die Liegenschaftskarte mit der Urvermessung aus dem frühen 19. Jahrhundert vergleichen“, empfiehlt Wasmuth der Verwaltung, der ein solches Verfahren schon wiederholt praktiziert hat. Wasmuth ist angesichts der fast geradlinig verlaufenden Führung des heutigen Bachlaufes davon überzeugt, dass es sich um eine nachträgliche Bachbegradigung handelt, was man leicht anhand des Kartenmaterials im Kommunalarchiv nachweisen könne.
„Im Bebauungsplanverfahren hätte die Verwaltung die archäologische Situation feststellen können und müssen“, ist Wasmuth überzeugt und verweist auf ähnliche Analysen im Rahmen der Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange (u.a. Kampfmittelräumdienst). Das hätte, so Wasmuth, dem Bauträger, der „Schermbecker Boden GmbH“ die jetzt im Raum stehende Bauverzögerung und öffentliche Kritik ersparen können. H.Scheffler

