Haushaltsrede der FDP- Gemeinderatsfraktion

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,  sehr geehrte Damen und Herren,

 die Gemeinderatsfraktion der FDP Schermbeck nimmt zu dem Haushaltsentwurf, zu den eingebrachten Anträgen und Einwendungen anläßlich der Beschlußfassung über den Haushalt 2014 wie folgt Stellung:

 In der Dezember-Ratssitzung eines jeden Jahres stellt uns der Kämmerer mit Einbringung des Haushaltsentwurfes die dramatische Lage der Schermbecker Finanzen dar. Dies ist in aller Regel gepaart mit dem Hinweis oder sogar der Warnung an die Politik, sich mit Ausgaben im kommenden Jahr zurückzuhalten; gewarnt wird in diesem Zusammenhang auch vor „unkalkulierbaren Haushaltsrisiken“, die auf uns zukommen und im Jahre 2014 sogar mit dem Hinweis, daß Steuererhöhungen im Jahre 2015 unausweichlich seien.

 All diese Warnungen verpuffen aber mutmaßlich ungehört mit Beginn eines jeden Jahres, spätestens dann, wenn der Schall der Sylvesterböller verhalt ist. Dann werden wieder Ausgaben getätigt, die man sich doch – wenn man den Worten des Kämmerers Beachtung schenken würde – gar nicht leisten kann. Dann werden wieder Projekte finanziert, die weder notwendig sind, noch deren Zielführung sich erschließt: Spielplatzkonzept, Machbarkeitsstudie, Lippequerung, Klimaschutz-Manager – achja: für all diese Projekte gibt es ja jeweils anteilige Fördermittel aus unterschiedlichen „Töpfen“. Dabei wird immer wieder vergessen, daß es sich auch bei diesen Geldern letztendlich um Mittel handelt, die sämtliche Beschäftigte erst erwirtschaften müssen.

 Auch im übrigen werden sämtliche finanzielle Wünsche von Dritten (Vereine, Schulen etc.) befriedigt, ohne Rücksicht zu nehmen auf den Haushalt und unter Mißachtung der mahnenden Worte des Kämmerers.

 Es wird sogar Wünschen in rechtlich bedenklichem Maße nachgekommen: Die Wünsche bestimmter Gruppen werden erfüllt, auch wenn sich keine zwingende Notwendigkeit oder gar eine rechtliche Verpflichtung dahinter verbirgt. Dies nennt man im großen Stil „Klientelpolitik“ und ist bedauerlicherweise auch in der Gemeinde Schermbeck aufzufinden. Sämtliche freiwillige Leistungen müßten einer konsequenten Kosten-Nutzen-Betrachtung unterworfen werden und die Gewährung von neuen freiwilligen Leistungen muß besonders kritisch überprüft werden. An jenen Stellen, an denen die Parteien oder Vereine oder auch die Verwaltung und Institutionen oder auch die Verwaltung freiwillige Ausgaben leisten wollen, soll der jeweilige Antragsteller immer (!) einen Gegenfinanzierungsvorschlag machen. Er muß sagen, an welcher Stelle für eine Ausgabe auf der anderen Seite eingespart werden soll.

 Gebühren und Nutzungsentgelte werden quasi „nach Gutsherrenart“ und vollkommen willkürlich erhoben: Einige Nutzer (z. B. Trödelmarktbetreiber) zahlen für die Benutzung des Parkplatzes am Rathaus, andere hingegen müssen dies nicht. Dies ist nicht nur augenscheinlich ungerecht, sondern auch rechtlich angreifbar. Es entsteht hier das beklemmende Gefühl, daß bestimmte Veranstalter aus sachfremden Erwägungen heraus bevorteilt werden. Diese Veranstalter werden sogar noch von den Schermbeckern Steuerzahlern subventioniert, da die Arbeitskraft der gemeindlichen Bauhofmitarbeiter in nicht unerheblichem Maße vollkommen unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Verwaltung und Mehrheitsfraktion sind offensichtlich nicht bereit, hierfür eine Gerechtigkeit und für Rechtssicherheit zu sorgen. Über die Gründe hierfür darf trefflich spekuliert werden!

 Die FDP-Ratsfraktion mahnt immer wieder das Sparen als Mittel zur Etatsanierung an – Steuererhöhungen können gerade nicht das Mittel sein, um einen Haushalt langfristig zu konsolidieren. Wirtschaftswissenschaftler und Steuerfachleute wissen, daß nicht durch höhere, sondern niedrigere Steuersätze höhere Einnahmen generiert werden. Aus diesem Grunde haben wir die Absenkung des Gewerbesteuerhebesatzes angeregt. Bei den Erörterungen wurden die positiven Effekte einer Verringerung des Gewerbesteuerhebesatzes vollkommen ausgeblendet: Sie führt zur Steigerung der Wirtschaftskraft der Unternehmen und Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe. Hier wird deutlich, daß weder die Verwaltung, noch die Mehrheitsfraktion bereit ist, in wirtschaftsorientierten Kategorien zu denken, sondern den Haushalt auf der Grundlage aufstellt: „Wir wollen mehr und zwar jetzt!“. Langfristiges wirtschaftsorientiertes Denken sieht anders aus. Es fällt natürlich schwer, eine derart wirtschaftsorientierte Denkweise bei den Verwaltungsmitarbeitern zu implementieren, in deren Zuständigkeitsbereich die Aufstellung des Haushaltes fällt. Hier werden die Nachwirkungen des früheren kameralistischen Haushaltes wohl noch einige Zeit deutlich spürbar sein.

 Zahlreiche konstruktive Vorschläge der FDP-Gemeinderatsfraktion in den Haushaltsberatungen sind abgelehnt worden. Es sind nach wie vor keine Bemühungen feststellbar, daß ohnehin bestehende strukturelle Haushaltsdefizit (mit den Gefahren für die späteren Generationen, insbesondere durch die hohen Pensionsbelastungen etc.) zu beseitigen. Der vorgelegte Entwurf ist insoweit vollkommen unambitioniert. Unter Berücksichtigung des mangelnden Konsolidierungswillens wird die FDP-Ratsfraktion dem Haushalt in der vorgelegten Form mit den bereits beschlossenen Veränderungen nicht zustimmen. Mit dem Aufgreifen der mahnenden Worte des Kämmerers ist zugleich unsere Hoffnung verbunden, daß in der Zukunft nicht weiter unnötige Ausgaben (Konzepte, Projekte etc.) getätigt werden und die Bürger sodann über Steuererhöhungen zur Kasse gebeten werden!

 Ausdrücklich bedanken möchten wir uns bei den Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung für Ihr Engagement.

 Mit freundlichen, liberalen Grüßen

 gez.: Thomas M. Heiske (Foto)

(Fraktionsvorsitzender)

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.