Giftköder – Suchhunde im Einsatz

Hunde werden zur Spürnase ausgebildet

Gahlen/Schermbeck. Giftköder – sie sind immer wieder Thema und die Angst aller Hundehalter. Nur allzu schnell vom Hund gefunden und gefressen. Wer einen solchen Giftköder auslegt, bekommt eine Strafanzeige gestellt und verstößt gegen das Tierschutzgesetz. Dennoch werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Hunde erkranken und im schlimmsten Fall sterben.

Um das zu verhindern, bietet Hundetrainerin Nicole Momma eine spezielle Ausbildung für Giftköder-Suchhunde im Einzeltraining an. Einzeltraining deshalb, weil die Hunde hier einfach mehr lernen und die Erfolgsquote, zu bestehen, höher liegt. Halterin Carmen Höchst aus Gahlen wurde zufällig über eine Hundemesse auf das spezielle Training in Essen aufmerksam. Schnell war sie begeistert. Ehe sie sich versah, befand sie sich mit ihrer Schäferhündin Maila, die aus einer Tötungsstation in Ungarn kommt, schon mitten im Training.

Fressbare Komponenten finden und anzeigen

Nur wenig später absolvierte ihre Schäferhündin Maila die Prüfung zum Giftköder-Suchhund mit Erfolg. Diese zu bestehen ist nicht ganz einfach. Die Prüfungsregeln sind sehr streng, da es ernsthaft gefährlich werden kann, wenn ein Hund nicht jeden Köder aufspürt. So brauchte auch Maila einen zweiten Anlauf.

Stolz auf den Fund: Maila
Foto: André Elschenbroich

Doch Schäferhündin Maila, die aus einer ungarischen Tötungsstation gerettet wurde, hatte selbst viel Freude am Training und übt nach wie vor mit ihrer Halterin Carmen Höchst. Das Training besteht daraus, „fressbare Komponenten“ zu finden, anzuzeigen – und sie nicht zu fressen. Erst dann gibt es ein Leckerchen – auf das Maila gern wartet. Auch wenn sie selbst nicht den Hintergrund versteht. Maila sieht nur die Motivation, etwas Leckeres im Anschluss zu bekommen. Mittlerweile ist sie auch für die ehrenamtliche Gruppe Giftköder-Suchhunde bei Facebook aktiv. Seit 2019 ist sie ehrenamtlich im Kreis Borken im Einsatz, wo in der jüngsten Zeit mehrere Giftköder an verschiedenen Stellen gemeldet wurden. So hatte die Tierarztpraxis in Weseke von einem Fall berichtet.

Giftköder gefressen: Tierarzt muss sofort konsultiert werden

Hier war Mitarbeiterin Sabine Rudde mit ihrem 12-jährigen Ben im Bereich der „Sandkuhle Tecklenborg“ (Heidener Landweg) unterwegs, als dieser einen unbekannten Gegenstand fraß. „Nur zehn Minuten später zeigte er die ersten Anzeichen. Er hat gezittert, gebrochen und gespeichelt“, erinnert sich die Heidenerin. Schnell erkannte sie die gefährlichen Anzeichen und fuhr mit ihm zur Tierärztin.

Nicole Momma, Carmen Höchst und Hündin Joy.
Foto: André Elschenbroich

Ben bekam sogleich eine Infusion. „Es war sehr erschreckend“, erinnert sich die 49-Jährige. Zunächst funktionierte sie nur. Als sie sich später wirklich bewusst wurde, dass ihr Hund hätte sterben können, empfand Sabine Rudde eine starke Anspannung. Zumal ihr so etwas nicht zum ersten Mal wiederfahren ist. Auch Kalle, ihr zweiter Hund, hatte vor etwa einem Jahr einen Giftköder verschluckt.

Da war Kalle gerade erst neun Monate alt. Auch er konnte gerettet werden. Dennoch war es für sie umso schlimmer, dass sie es noch einmal durchleben musste. „Ich muss jetzt höllisch aufpassen“, sagt sie. „Ich werde zumindest Kalle einen Giftköder-Maulkorb antrainieren“, sagt sie. Ihr 12-jähriger Ben werde das wohl nicht mehr lernen. Nach zwei Tagen durfte sie ihn wieder mit nach Hause nehmen. Er bekam Medikamente und wurde daheim liebevoll wieder aufgepäppelt, sodass es ihm jetzt wieder gut geht. Sie hatte erst durch den Einsatz von Carmen Höchst und Maila von der Gruppe erfahren und ist den ehrenamtlichen Helfern sehr dankbar.

Ehrenamtliche Gruppe bei Facebook

Das Duo mit Carmen und Maila, Mensch und Hund, begab sich auf Spurensuche im Bereich des Heidener Landwegs. Auch sie fand eine weitere „vergammelte Leberwurst“, vermutlich mit Rattengift, da sich darin orange-rote Stückchen befanden, die genau danach aussahen. Sabine Rudde selbst wusste bis dahin nichts von der ehrenamtlichen Gruppe, die im Internet bei Facebook unter Giftköder-Suchhunde zu finden ist.

Auf Nachfrage bei der Polizei ergab das Testergebnis, dass es sich in diesem Fall um einen mittlerweile untersuchten und bestätigten Giftköder handelte. In ähnlichen Fällen im Kreis Borken gibt es laut Polizei bislang nur Mutmaßungen. Es wurde Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.

Was wichtig ist, wenn ein Giftköder gefunden wird?

Wenn jemand einen Giftköder entdeckt, kann dieser bei der Gruppe „Giftköder-Suchhunde“ gemeldet werden. Wichtig sind bei jeder Meldung genaue Angaben: Wo genau wurde der Köder gefunden? (Am besten mit einer Markierung bei Google-Maps). Wer hat den Giftköder gefunden – hier bitte auch immer den Namen und die Kontaktdaten angeben, unter denen der Finder sofort erreichbar ist. „Es kommt oft vor, dass wir dann rausfahren – und kein Ansprechpartner mehr vor Ort oder dass er überhaupt erreichbar ist“, wissen Carmen Höchst und Nicole Momma nur allzu gut.

Gretchen bei der Arbeit.
Foto: André Elschenbroich

Info: Die Ausbildung zum Giftköder-Suchhund geht auf Erfinder Dennis Panthen zurück, der das Training 2015 ins Leben gerufen hatte, nachdem der Hund eines Freundes durch einen Giftköder verstarb. Das Training dauert rund drei bis sechs Monate. Schon früh war auch Hundetrainerin Nicole Momma von der Idee begeistert. Sie absolvierte das Training. Dachte: Ach, das schaffe ich mit Leichtigkeit. Aber auch sie merkte schnell: Ganz so einfach ist es doch nicht. Trotzdem schafften ihre Schnuffelnasen Joy (12) und Gretchen (8) die Prüfung in erstem Anlauf.

Mittlerweile gibt auch sie ihr Wissen weiter. Das Ziel des Trainings ist es, dass es für alle Halter mit Hund möglich wird, Giftköder aus dem Verkehr zu ziehen, bevor sie anderen Hunden schaden. Weitere Infos unter www.pro-dog-trainer.de

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André Elschenbroich
Moin, ich bin André Elschenbroich. Vielen bekannt unter dem Namen Elsch. Der Eine oder Andere verbindet mich noch mit der WAZ, bei der ich 1988 als freiberuflicher Fotojournalist anfing und bis zur Schließung 2013 blieb. Darüber hinaus war ich in ganz Dorsten und der Region gleichzeitig auch für den Stadtspiegel unterwegs. Nachdem die WAZ dicht machte, habe ich es in anderen Städten versucht, doch es war nicht mehr dasselbe. In über 25 Jahren sind mir Dorsten, Schermbeck und Raesfeld mit ihren Menschen ans Herz gewachsen. Als gebürtiger Dorstener Junge merkte ich schnell: Ich möchte nirgendwo anders hin. Hier ist meine Heimat – und so freut es mich, dass ich jetzt als festangestellter Reporter die Heimatmedien mit multimedialen Inhalten aus unserer Heimat bereichern kann.