Gahlen ist Schermbecks Geheimtipp

Das 2200 Einwohner zählende Lippedorf Gahlen ist ein ganz besonders Schmuckstück der 1975 gebildeten Großgemeinde Schermbeck am Ostrand des Kreises Wesel. Durch die Medien ins öffentliche Blickfeld gerückt, hat Gahlen immer mehr Besucher anziehen können. Sie kommen gleich aus drei Richtungen, liegt der Niederrhein doch ebenso nah vor der Haustür des „Dreiländerecks“ Gahlen wie das Münsterland und das dicht besiedelte Ruhrgebiet.

Das heutige Gahlen ist der Rest eines über 80-jährigen Schrumpfungsprozesses. Im Juli 1929 ging der Ortsteil Hardt der ehemals selbstständigen Gemeinde Gahlen durch Eingemeindung in die Stadt Dorsten verloren. 1975 musste der Ortsteil Östrich an Dorsten abgetreten werden. Zu diesem Zeitpunkt endete die Zugehörigkeit Gahlens zum Amt Gahlen zu Hünxe und zum Landkreis Dinslaken. Für das Amt Gahlen, dessen Geburtsstunde am Ende der napoleonischen Ära im frühen 19. Jahrhundert schlug, stellte Gahlen im ersten halben Jahrhundert mit dem Haus-Gahlen den Amtssitz.

Nur wenige Orte vereinen in einer Süd-Nord-Ausdehnung von maximal 5 km und in einer mittleren West-Ost-Entfernung von 3,5 km bei einer Fläche von 14,5 km2 so unterschiedliche Landschaftseinheiten. Waldreiche Partien gibt es neben landwirtschaftlich genutzten Flächen und Landschaftsschutzgebieten Filetstück für den Naturschutz ist das Gahlener Torfvenn im Ortsteil Besten, das wegen der rapiden Verarmung der Artenvielfalt in einem „der interessantesten Heidemoore des Niederrheins“ (Botaniker Hans Höppner, 1913) am 28. November 1991 im Rahmen des Feuchtwiesenschutzprogramms einstweilig sichergestellt wurde.

Gahlen ist ein landschaftlich abwechslungsreiches Dorf, das zum Magneten für Besucher geworden ist. 1948 wurde die Jugendfreizeitstätte des Kirchenkreises Gelsenkirchen/Wattenscheid im Aap eröffnet. Das Lippedorf ist zum Capingplatz-Zentrum geworden; nirgendwo im Kreis Wesel gibt es eine größere Campingplatz-Dichte als in Gahlen. Wichtige regionale Fahrradrouten kreuzen das Lippedorf.

Gahlen im Anflug von Osten. Luftbild Scheffler
Gahlen im Anflug von Osten. Luftbild Scheffler

Wer das malerische Ensemble im Ortskern jemals gesehen hat, wird – mit Freunden und Verwandten – begeistert zurückkommen. Hier am Mühlenteich und dem noch funktionierenden Mühlrad wird nicht nur das Auge verwöhnt; hier konzentrieren sich auch die Spuren einer über 1000-jährigen Geschichte. Ältestes Bauwerk ist dort die evangelische Dorfkirche, deren ältester Teil aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammt. In der Nähe zeugt das Mühlrad von der ehemals bedeutsamen Nutzung der Wasserkraft fürs Mahlen des Getreides, wobei es im Gahlener Bruch noch eine zweite Mühle gab, von der heute nur noch geringe Reste erhalten sind. Die Bänke am nahen Mühlenteich sind an warmen Tagen ein beliebter Rastplatz. Ein im Oktober 1988 in Betrieb genommener steinerner Brunnen weist darauf hin, dass in Gahlen noch in den 1950er-Jahren artesische Quellen dank eines hohen Grundwasserdruckes sprudelten. Zwei Gedenksteine erinnern an bedeutende Gahlener Persönlichkeiten, an den General Crause und den gebürtigen Gahlener Julius Schult, den Mitbegründer des Deutschen Jugendherbergswerkes. Schmuckstück ist das Pastorat mit seiner über 200-jährigen Linde. Das Pastorat war schon in der Biedermeierzeit ein geistiger Ausstrahlungsort, wo der spätere Bischof Roß ebenso häufig zu Gast war wie der Parabeldichter Friedrich Adolf Krummacher und der Oberkonsistorialrat Johann Julius Hecker, der auf pädagogischem Gebiet ein bedeutsamer Neuerer war. H.Scheffler

Vorheriger ArtikelFleißige Betreuerin im Dammer Jugendhaus
Nächster ArtikelDas Spielmobil kommt weiterhin nach Schermbeck
Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.