Liebe Leser, am Ende der 37. Kalenderwoche, am 13. September, finden – parallel zu den Kommunalwahlen – die Bürgermeisterwahlen statt. Das sind noch 2 Wochen.
Wir haben den vier Bürgermeisterkandidaten Timo Gätzschmann (Die PARTEI), Mike Rexforth (CDU), Klaus Roth (Bürger für Bürger = BfB) und Dr. Stefan Steinkühler (Bündnis 90/Die Grünen) angeboten, sich zu einzelnen Fragen zu äußern, die die Gemeinde Schermbeck betreffen.
Unsere Vorgaben waren:
1) Innerhalb von fünf Tagen auf zwei Fragen zu antworten. Die Antworten werden jeweils am Freitag bis 22 Uhr online gestellt. Sollte eine Antwort fehlen, so lag sie bis zum vorgegebenen Zeitpunkt (20 Uhr) nicht vor.
2) Es sollte nach Möglichkeit nicht mit Fehlern von Vorgängern gehadert werden, weil die Entwicklung Schermbecks in der Zukunft liegt.
3) Für diejenigen Leser, die Angriffe auf den politischen Gegner vermissen sollten, sei gesagt, dass die Redaktion daran Schuld ist. Wir haben nahe gelegt, davon Abstand zu nehmen, damit – ohne Ablenkung – die Sache absolut im Mittelpunkt steht.
4) Wir kürzen nicht ein einziges Wort.
Vier Kandidaten bewerben sich für das Amt des Bürgermeisters. Bei der ersten Frage haben wir die Antworten nach dem Alphabet der Nachnamen geordnet. Bei jeder folgenden Frage rutscht der Erstplatzierte ans Ende.
Frage 7:
Klimaschutz ist eines der bestimmenden Themen unserer Zeit und eine Daueraufgabe. Die Gemeinde Schermbeck hat die Stelle eines Klimaschutzmanagers eingerichtet.
Die Einrichtung dieser Stelle wird von einigen Ratsfraktionen kritisch gesehen und wurde nicht unterstützt. Nun stehen die Wiederbesetzung und die dauerhafte Einrichtung der Stelle auf der Agenda, nachdem sich der bisherige Klimaschutzmanager aus privaten Gründen beruflich umorientiert. Fördergelder wird es nicht mehr geben.
Sind Sie für oder gegen eine dauerhafte Einrichtung dieser Stelle in Schermbeck? Begründen Sie bitte Ihre Entscheidung.
Bürgermeisterkandidat Klaus Roth (Bürger für Bürger = BfB)
Ich bin gegen die dauerhafte Einrichtung dieser Stelle. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 06.12.2016 wurde erstmals über die Anstellung eines Klimamanagers beraten. Damals haben alle Fraktionen mit Ausnahme des Bürgermeisters gegen eine Anstellung gestimmt.
Unter anderen wurde angeführt, dass die wahrzunehmenden Aufgaben durch die vorhandenen Verwaltungsmitarbeiter erledigt werden sollten. Befremdlich habe ich die Aussage des Bürgermeisters in der Sitzung empfunden, dass an die Verwaltung gerichteter Schriftverkehr von Behörden zum Klimaschutz wegen ungenügender Personalaussstattung in den Papierkorb landet.
Dies hat mich an die Trotzreaktionen kleiner Kinder erinnert. Weil eine Förderung von 90 % winkte, erfüllte in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 22.03.2017 bzw. der anschließenden Ratssitzung am 06.04.2017 die Groko dem Bürgermeister den Wunsch, einen Klimaschutzmanager einzustellen. Im Kreis Wesel gibt es die verschiedensten Organisationen und kompetenten Firmen, die die Bürger in Fragen des Klimaschutzes beraten. Dazu ist die Anstellung eines Klimaschutzmanagers nicht erforderlich. Darüber hinaus verweise ich zusätzlich auf meine Beantwortung zu Frage 8.
Bürgermeisterkandidat Dr. Stefan Steinkühler (Bündnis 90/Die Grünen)
Natürlich muss Klimaschutz Bestandteil von Verwaltungshandeln sein. Das ist er aber auch schon (seit 2012 haben wir ein integriertes Klimaschutzkonzept, welches Anfang des Jahres noch einmal überarbeitet worden ist) und es kann sicher an der einen oder anderen Stelle auch noch verbessert werden. Aber eine Extra-Stelle – und am besten noch Vollzeit – in unserer Gemeinde zu schaffen, die die bisherigen Tätigkeiten des Klimaschutzmanagers weiterführt: Das lehne ich ab!
Wieso? Klimaschutz hat im Wesentlichen zwei Säulen: 1. Energieeinsparung bzw. Einsatz regenerativer Energien und 2. Einsparung von CO2 durch veränderte Mobilität. Beides ist schon lange in der Gemeinde verankert, z.B. durch die Energiegenossenschaft, den Windpark Lühlerheim, die Preisverleihung für Erdwärmenutzung, die Energieberatung durch Verbraucherberatung (aktuell noch einmal verlängert). Der Kreis und der RVR haben Mobilitätskonzepte erstellt und sorgen für die Ausweitung des Radwegenetzes. Die Frage eines verbesserten ÖPNVs lässt sich nur in Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen lösen.
Als wir die Kooperation mit der Verbraucherzentrale eingegangen sind und ich deren umfassendes Beratungsangebot zum baulichen Wärmeschutz, zur Heizungs- und Regelungstechnik, zur Solarenergie, zum Stromsparen, zu Wärmepumpen, zu Förderprogrammen und weiteren Themen gelesen hatte, fragte ich in der Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses den Klimamanager, was er denn dann noch machen würde? Seine Antwort: Nicht operativ beraten, er würde schließlich managen!
Daraufhin habe ich nach einem Tätigkeitsbericht gefragt und letztlich wurde er nach mehrmaligen Erinnerungen dann auch Ende Juni diesen Jahres zur Verfügung gestellt. Weder die darin aufgeführte Veranstaltung von Umweltfilmtagen noch die Kontakte und Kooperationen mit Organisationen kann man als wirklich jahresfüllendes Arbeitsprogramm ansehen. Alle angegebenen Aktivitäten sind punktuell, es fehlt die kontinuierliche tägliche Aufgabe. Bei den politischen Diskussionen im Rat und den Ausschüssen zum beantragten Maßnahmenkatalog der GRÜNEN, Verhinderung von Schotterbeeten und Glyphosateinsatz, sowie Anlagen von Blühstreifen und Pflanzung von insektenfreundlichen Bäumen, fehlte er.
Man könnte natürlich darüber nachdenken und die bisherigen klimaschutzrelevanten Aufgaben im alltäglichen Verwaltungshandeln aus den einzelnen Fachbereichen herausnehmen und (wieder) eine Stabsstelle gründen und die Tätigkeiten dort bündeln. Ich glaube aber, dass dies zu einer Verkomplizierung der Ablauforganisation und einer Verlangsamung von Entscheidungen führen würde.
Bürgermeisterkandidat Timo Gätzschmann (Die PARTEI)
Ich glaube, dass wir keinen reinen Klimaschutzmanager brauchen. Vielmehr wäre eine/ein Klima- und Umweltmanager/in das richtigee Mittel. Wir dürfen nicht nur über Klimaschutzmaßnahmen reden, sondern müssen uns auch aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels mit der zunehmenden Veränderung unserer Umwelt befassen. Das reicht von Fassadenbegrünung über alternative Energien bis zu notwendigen Anpassungen in der Landwirtschaft z. B. in Bezug auf Fruchtwechsel und Artenschutz. Auf die Gemeinde wird in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle bei der Planung der Gemeindeentwicklung zukommen.
Leider wird immer wieder mit gefährlichem Halbwissen aus der Hüfte geschossen, daher macht ein ortsansässiges Expertenwissen als Grundlage einer zukunftsorientierten Planung durchaus Sinn. Dazu gehört auch, dass wir mehr Grundlagenwissen bei den Rats- und Ausschussmitgliedern schaffen. Dies könnte ebenfalls in den Aufgabenbereich gehören und es fördert außerdem das Miteinander von Rat und Verwaltung.
Ich bin deshalb für die dauerhafte Einrichtung einer/eines Umwelt- und Klimamanagers/in, verbunden mit der Erarbeitung bzw. Anpassung und Umsetzung eines entsprechenden Konzeptes.
Bürgermeisterkandidat Mike Rexforth (CDU)
Der Klimaschutz ist eine Daueraufgabe, die auch vor der Gemeinde Schermbeck nicht haltmacht. Unser Ziel muss es sein, im Rahmen unserer kommunalen Möglichkeiten, sich aktiv daran zu beteiligen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Erreichung der Klimaschutzziele zu unterstützen.
Das geschieht nicht von selbst. Die Gemeinde Schermbeck hat daher ein eigenes Klimaschutzkonzept erstellt, das ständig überprüft und aktualisiert werden muss. Am 22. März 2017 haben CDU und SPD die Einstellung eines Klimaschutzmanagers, bei 90 Prozent Förderung der Personalkosten, beschlossen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die BfB und das fraktionslose Ratsmitglied T. Heiske haben die Einstellung abgelehnt.
- Seit der Einstellung haben wir viele Projekte umgesetzt. Hierzu zählen u.a.
- Öffentlichkeitsarbeit & Umweltbildung (z.B. Umweltfilmwoche für Schulen, 2020 nahmen 200 Schülerinnen und Schüler teil)
- Organisation und Koordination von Fachinformationsvorträgen (z.B. Infoabende zum Thema Heizungstausch und Solarenergie)
- Einrichtung eines neutralen, kostenlosen Energieberatungsangebotes im Rathaus (Kooperation mit der Verbraucherzentrale)
- Aufbau des elektrischen Carsharing „ScherMyCar“ (in Zusammenarbeit mit der Energiegenossenschaft, Volksbank und innogy)
- Förderung der Nahmobilität (z.B. Planung einer Mobilstation am Rathaus)
- Monitoring der Klimaschutzmaßnahmen und CO2-Bilanzierung
- Organisation und Durchführung des Fahrradwettbewerbes STADTRADELN (2019: 500 Teilnehmende sind rund 58.000 km gefahren)
- Projekte zum Thema Artenvielfalt (z.B. Blühwiesenanlage)
- Veranstaltungen und Aktionstage (z.B. E-Mobilitätstag auf dem Rathausparkplatz)
- Informationskampagnen zum Stromsparen im Haushalt (z.B. „Kühlschrank-Wettbewerb“)
- Kooperationsprojekte mit dem Klimabündnis der Kommunen im Kreis Wesel (z.B. Klimasparbuch)
- Vertretung der Gemeinde Schermbeck in den Nahmobilitätsarbeitskreisen des Regionalverbands Ruhr (RVR) und des Kreises Wesel
Auch in das Thema der baulichen Entwicklung des Ortes ist der Klimaschutzmanager involviert. Aktuell wird unter seiner Federführung an einer Klimaschutzrichtlinie für Schermbecker Neubaugebiete gearbeitet. Dabei werden energetische, aber auch ökologische Themen, wie beispielsweise die Ausrichtung der Dächer für die optimale Nutzung von Solarenergie oder die Vermeidung von Schottergärten mit Blick auf zunehmende Extremwetterereignisse thematisiert.
Die Gesamtförderung der Maßnahme läuft aus und die Politik hat zu entscheiden, ob die Stelle eines Klimaschutzmanagers dauerhaft als Pflichtaufgabe verstanden und finanziert werden soll. Im Wahlkampf werden ja oft vollmundige Versprechen abgegeben.
Das Thema Klimaschutz ist ein ganz beliebtes Thema in der heutigen Zeit. Ich war der Erste und lange Zeit der Einzige, der sich für die Einrichtung der Stelle eingesetzt hat, und ich werde der Letzte sein, der den Kampf aufgibt. Daher meine klare Aussage! JA, ich bleibe meiner Linie treu. Die Einrichtung einer solchen Stelle ist alternativlos!