Entschädigung nach Wolfsriss auch für Pferdehalter?

Gibt es Unterstützung der Landesregierung für Haltern von Pferden im Falle eines Tierrisses durch den Wolf?

Für Schäfer sowie Nutztierhalter ist gesorgt. Sie bekommen neben der Förderung von Präventionsmaßnahmen darüber hinaus auch die Billigkeitsleistung (Freiwillig erbrachte Leistungen ohne Rechtspflicht) bei Tierverlusten durch einen Wolfsangriff.

Bündnis90/DieGrünen im Landtag NRW stellte bereits im Juli die Frage an Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, wie es denn bei Pferden mit Entschädigung aussehe.

Fakt sei laut Heinen-Esser, dass mittlerweile das Land NRW Förderungen leiste, um die Belastungen für die Tierhalter so gering wie möglich zu halten. Damit möchte die Landesregierung, so Heinen-Esser, die Menschen auf die möglicherweise dauerhafte Rückkehr der Wölfe vorbereiten und die Akzeptanz in der Bevölkerung weiter stärken.

Pferde gelten zivilrechtlich als Luxustiere

Bei Pferden sehe es laut Karlheinz Busen (FDP) anders aus als bei Nutztieren, da diese zivilrechtlich als sogenannte Luxustiere gelten. Dies bedeute, wenn ein Pferd einen Schaden verursacht, hafte der Halter des Pferdes verschuldensunabhängig. Das sei in diesem Fall anders als bei Nutztieren, wo der Halter die Möglichkeit habe, so Busen, nachzuweisen, dass ihn kein Verschulden trifft (z.B. wenn Präventionsmaßnahmen nach den Empfehlungen des Ministeriums umgesetzt wurden). 

Karlheinz Busen FDd MdB Borken
Karlheinz Busen MdB FDP. Foto: Presse

Karlheinz Busen MdB: „Wir brauchen Rechtssicherheit für Wolfsgeschädigten. Für Entschädigungen und Präventionsmaßnahmen brauchen wir Rechtsansprüche und bei der Haltung von Pferden eine Haftungserleichterung. Alle bisherigen Maßnahmen, einschließlich des Gesetzentwurfs von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, sind nichts als heiße Luft und bringen den Wolfsgeschädigten null Erleichterungen. Deshalb habe ich einen Gegenvorschlag entwickelt, der den Abschuss von Wölfen rechtssicher ermöglicht, Entschädigungsansprüche schafft und eine Beweislastumkehr beim Nachweis von Wolfsschäden einführt. Insbesondere müssen die Länder die Möglichkeit bekommen, wolfsfreie Gebiete zu definieren, zum Beispiel zum Deichschutz.“

Wer haftet bei Unfällen nach Flucht von Pferden?

Potentiell betroffen sind neben der landwirtschaftlichen Weidetierhaltung auch hiesige Pferdehaltungsbetriebe. Hier gelten allerdings laut Heinen-Essen, besondere Kompensationsmaßnahmen aufzulegen, da beispielsweise die für Schafe vorgesehenen Präventionsmaßnahmen auf Pferde aufgrund bestehender Richtlinien nicht vollständig übertragbar seien.

Besondere Herausforderungen ergeben sich bei der Ermittlung der Entschädigungssumme im Falle eines Pferderisses, hinsichtlich einer angemessenen Wertermittlung.

Heinen-Esser
Foto: Land NRW / R. Sondermann

Dies begründet die Ministerin damit, dass während der Wert anderer Nutztiere oftmals gelistet und vergleichend festzustellen sei, es bei der Wertfeststellung von Pferden viele unterschiedliche Kriterien zu berücksichtigen gebe.
Neben Turniertieren wären hier auch Pferde betroffen, deren Rassen vom Aussterben zum Teil bedroht sind. Eine Berechnung von Verlusten nach dem Prinzip einer Realwertentschädigung sei bei Pferden somit schwieriger zu gestalten. In der Förderrichtlinie Wolf des Landes NRW seien laut Heinen-Esser aber grundsätzlich Ausgleichsverluste nicht nur für Weidetiere, sondern auch für Pferde vorgesehen.

Die Fragen von Bündnis90/Die Grünen beantwortete Ministerin Heinen-Esser wie folgt:

1. Inwieweit sind hier Ausgleichsverluste von Tierrissen in der Pferdehaltung bzw. Pferdezucht geregelt?

Das Land Nordrhein-Westfalen verfolgt mit den Förderrichtlinien Wolf das Ziel, durch den Wolf verursachte Schäden zu verhindern oder zu verringern und damit die Akzeptanz der Wiederbesiedlung Nordrhein-Westfalens durch den Wolf zu erhöhen.

Zu diesem Zweck gewährt das Land Nordrhein-Westfalen neben den Zuwendungen zur Förderung von Herdenschutzmaßnahmen auch Entschädigungen.

Die Entschädigung diene der Minderung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen durch den Ausgleich von Schäden an Nutz-und Haustieren und sei die Grundlage für die Gewährung einer Entschädigung für den Fall, dass ein Wolf Risse an Pferden verursachen sollte.

2. Nach welchen Kriterien erfolgt in NRW eine Ausgleichszahlung im Falle eines Pferderisses?

Die Gewährung einer Entschädigung im Falle eines Pferderisses setzt zwingend voraus, dass bei einer amtlichen Feststellung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) der Wolf eindeutig als Verursacher festgestellt wurde oder mit hoher Wahrscheinlichkeit als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann der Förderrichtlinien).

Pferde sind im Falle eines Angriffs durch einen Wolf sehr wehrhaft und daher erheblich weniger gefährdet. Anders als bei den vom Wolf hauptsächlich betroffenen Tierhaltungen mit Schafen, Ziegen und Gehegewild wird deshalb bei der Haltung von Pferden kein besonderer Herdenschutz („Grundschutz“) vorgegeben.

Daher wird beim Riss eines Pferdes die Billigkeitsleistung landesweit auch ohne einen „Grundschutz“ gewährt, also auch innerhalb eines ausgewiesenen Wolfsgebietes.

3. Entlang welcher Parameter erfolgt die Wertermittlung eines gerissenen Pferdes?

Die hauptsächlichen wertbestimmenden Merkmale der Tiere sind je nach Tierart und Nutzungsrichtung: Rasse, Alter, Gewicht, Geschlecht, Leistung und Trächtigkeit. Bei der Wertermittlung von Pferden werden die beschriebenen Kriterien analog angewandt.

4. Durch wen bzw. welche Stelle/Behörde wird in Nordrhein-Westfalen der Wert eines gerissenen Pferdes ermittelt?

Die amtliche Wertermittlung erfolgt aktuell durch die Kreiszüchterzentrale Wesel beim Kreis Wesel. Sofern im Einzelfall erforderlich, wird die Kreiszüchterzentrale Wesel zu ihrer Unterstützung gegebenenfalls externen Sachverstand zur Begutachtung hinzuziehen.

 5. Einige Zucht-oder Turnierpferde, haben zuweilen einen sehr hohen Wert. Wie wird in Nordrhein-Westfalen bei Pferderissen eine Realwertentschädigung für die Halterin bzw. den Halter sichergestellt?

Die Landesregierung geht davon aus, dass bei Zucht-oder Turnierpferden mit einem sehr hohen Wert seitens der Halterin und des Halters besondere Vorkehrungen zum Schutz (u.a. vor Diebstahl) getroffen werden und insofern ein Riss eines Pferdes durch einen Wolf sehr unwahrscheinlich ist. Sollte es dennoch zu einem Pferderiss kommen, wird eine amtliche Wertermittlung anhand der wertbestimmenden Merkmale erfolgen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von externen Gutachterinnen und Gutachtern. Diese haben letztlich auch die Frage des Realwertes zu beantworten.

Noch viele Fragen offen

Laut LANUV habe die Bewilligungsbehörde bereits im Sommer schon erklärt, dass zur Förderung von Herdenschutzmaßnahmen seitens der Antragsteller ein hoher Beratungsbedarf bestehe.

Petra Bosse