Ein gutes Projekt am falschen Ort

Etwa 90 Schermbecker Bürger informierten sich über ein geplantes Tierkrematorium

Schermbeck. Ein Tierkrematorium ist grundsätzlich eine begrüßenswerte Form, um Abschied zu nehmen von einem geliebten Tier, aber ein solches Krematorium muss nicht unbedingt in einem Gewerbegebiet unweit von Wohngebieten angesiedelt werden.

Das war der Tenor eines zweistündigen Informationsabends, zu dem die Weseler Firma „Cremare Tierkrematorien GmbH“ die Bevölkerung am Mittwoch eingeladen hatte, um ihr geplantes Krematorium im Winkel zwischen Kapellenweg und Hufenkampweg vorzustellen.

Viel Lob gab es von der Gahlener Moderatorin Hella Sinnhuber am Schluss der Versammlung für die aktive Gesprächsbeteiligung und den respektvollen Umgang miteinander.

Das Schermbecker Architekturbüro Brilo stellte am Mittwochabend im Saal der Gaststätte Ramirez einen Entwurf für das geplante Tierkrematorium vor. Das Foto zeigt den Blick von Süden auf den Baukörper im Winkel zwischen Kapellenweg (l.) und Hufenkampweg (r.). RN-Foto Scheffler

Zu Beginn des Info-Abends stellte Geschäftsführer Eric Bulteux den Start der 1996 durch einen Tierarzt gegründeten Firma vor, die inzwischen über vier Krematorien in Wesel, Hanstedt, Triefenstein und Koblenz verfügt.

Bis 2017 war in Deutschland nur die Kremierung von Kleintieren erlaubt. Equiden (Pferde, Ponys und Esel) wurden über die Firma „La compagnie des vétérinaires“ im französischen Faulquemont kremiert. Seit der Genehmigung einer Einäscherung von Equiden in Deutschland im Februar 2017 ist in Deutschland nur ein Pferdekrematorium entstanden.

Da die bestehenden Kleintierkrematorien nicht in der Lage sind, an ihren Standorten Ausbauten für den Betrieb eines Pferdekrematoriums vorzunehmen, bemüht sich Cremare um die Genehmigung für den Bau im Gewerbegebiet Schermbeck.

Bauingenieur Michael Hintzen (stehend) beantwortete während des Informationsabends im Ramirez Fragen zum geplanten Betriebsstandort der Firma Cremare GmbH im Schermbecker Gewerbegebiet am Hufenkampweg. Foto: Helmut Scheffler

Diplom-Ingenieur Michael Hintzen übernahm die Aufgabe, den Unterschied zwischen einem Tierkrematorium als einer Art Bestattungsunternehmen und einer Tierkörperbeseitigung zur industriellen Verarbeitung von Tieren deutlich zu machen.

Die Tierärztin Anja Pallinger, die sieben Jahre lang in Raesfeld praktizierte, und der Standortentwickler Martin Tepaß erläuterten die Arbeitsweise eines Krematoriums.

Ein Videofilm zeigte am Beispiel von Kirchberg alle Stationen der würdevollen Kremierung eines Pferdes. Ein Fahrzeug, mit dem verstorbene Pferde zum Krematorium gebracht werden, hatte „Cremare“ am Mittwoch mitgebracht. Es konnte auf dem Gelände des Ramirez näher in Augenschein genommen werden.

Johannes Brilo vom Schermbecker Architekturbüro Brilo stellte einen ersten baulichen Entwurf der Gebäude vor, die errichtet werden sollen, falls es zu einer entsprechenden Genehmigung durch die politischen Gremien in Schermbeck und durch den Kreis Wesel kommt.

Brilo erläuterte auch das weitere Vorgehen im Verlauf des Planungs- und Genehmigungsprozesses, in dessen Verlauf den Bürgern und den Trägern öffentlicher Belange noch die Gelegenheit gegeben wird, formal Einwendungen und Bedenken zu äußern.

Der Info-Abend war eine Form der frühzeitigen Bürgerbeteiligung ohne rechtliche Konsequenzen. Es war das Bemühen der Firma Cremare, Antworten auf Fragen zu geben, die aus der Bürgerschaft heraus gestellt wurden. Diese Fragen kreisten um zwei Komplexe, um den Standort und um die Betriebssicherheit der Kremierungsanlagen mit der Sorge um die korrekte Einhaltung von Emissionsgrenzwerten.

Zum Standort gab es seitens der Zuhörer, die nahezu alle laut einer Nachfrage der Moderatorin im Umfeld des geplanten Tierkrematoriums wohnen, erhebliche Bedenken.

Dabei wurde auf eine zu geringe Entfernung von Wohngebieten verwiesen und auf unerwünschte Emissionen. Im Gegenzug machten die Cremare-Mitarbeiter deutlich, dass die Abstände nicht zu gering seien. Außerdem gaben sie Statements von Nachbarn ihres Weseler Krematoriums zur Kenntnis, wonach es bislang „keinerlei Geruchsbelästigungen“ gegeben habe.

Die Firma räumte aber ein, dass es im Falle von Betriebsstörungen wie in jeder andern technischen Anlage zu Folgewirkungen kommen könne.

Von Seuchen befallene Tiere dürfen nicht eingeäschert werden. Der Behauptung, in Hanstedt hätten Emissionsprobleme eine Genehmigung eines Pferdekrematoriums verhindert, widersprach die Firma Cremare. Es seien ausschließlich baurechtliche Gründe gewesen, zum Beispiel die Überschreitung von erlaubten Bauhöhen beim Bau eines zehn Meter hohen Kamins.

In den bestehenden Tierkrematorien und in dem geplanten Schermbecker Tierkrematorium dürfen Haustiere wie Hunde, Katzen, Nager, Ziervögel, Kaninchen und Reptilien kremiert werden, allerdings nur soche, die nicht an den Folgen einer Seuche gestorben sind.

Zu den Tieren, die nicht kremiert werden dürfen, gehören Wild- Zoo- oder Nutztiere. Es dürfen auch keine Pferde, Esel und Ponys kremiert werden, die als Nutztiere gehalten werden. „Die zuständigen Veterinärämter kontrollieren das äußerst streng. Alle andern Tierarten sowie an Seuchen erkrankte Tiere sind in Deutschland einer Tierkörperbeseitigungsanlage zuzuführen, zu denen kein Tierkrematorium zählt“, teilt die Firma Cremare mit.

Nach dem Gespräch mit den Bürgern und den vorangegangenen Sondierungsgesprächen mit der Gemeindeverwaltung und der Kreisverwaltung haben Interessenten am Samstag zwischen 10 und 13 Uhr Gelegenheit, das Krematorium der Firma Cremare in Wesel, An der Lackfabrik 8, zu besichtigen: Dort können auch noch Antworten auf Fragen erbeten werden.

Ein weiteres Gespräch der Firma Cremare mit Vertretern der Schermbecker Verwaltung und mit den Politikern ist für September geplant.

Danach werden die Beratungen im zuständigen Ausschuss weitergehen. Dabei geht es um die zentrale Frage, ob die Gemeinde bereit ist, in dem vorerst mit einer Veränderungssperre versehenen Baugebiet am Hufenkampweg ein Tierkrematorium zuzulassen.

Sollte ein positiver Beschluss erfolgen, beginnt das übliche Verfahren einer Bauleitplanung, das eine mehrfache Beteiligung der Bürgerschaft ermöglicht. H.Sch.

Vorheriger ArtikelObstwiesenfest am NaturForum Bislicher Insel
Nächster ArtikelHallenbad-Aktion der CDU sorgte für Freizeitspaß
Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.