16 WWOOFER schützten Schafe in Deutschlands erstem Wolfsgebiet
Um fast 10 Prozent stieg die Bevölkerung des Schermbecker Ortsteils Dämmerwald an diesem Wochenende an.
16 männliche und weibliche Personen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren suchten in der Einsamkeit eines ländlich geprägten Landstriches mit nur 197 Bewohnern eine Auszeit aus dem Alltag, die ihnen das Netzwerk „World-Wide Opportunities on Organic Farms“ (WWOOF) ermöglichte.
WWOOF ist ein weltweites Netzwerk aus freiwilligen Helfern und ökologisch bewirtschafteten Höfen. „Das Netzwerk wird von der Idee getragen, Menschen zusammenzubringen, die einen naturverbundenen Lebensstil auf dem Land führen oder aktiv kennen lernen wollen“, beschrieb Frank Mindermann das Netzwerk. Er ist der Projektmanager von „WWOOF Deutschland“, der die Gäste am Wochenende auf dem Gelände des Landferienhofes „Appelbongert“ begrüßte und selbst bei den anstehenden Arbeiten kräftig zupackte. Gleichzeitig fand auf dem Hof das Wintertreffen der WWOOFER statt.
Appelbongert
Seit 2014 ist der „Appelbongert“ Mitglied im „WWOOF“. 54 WWOOFER haben sich seither für einen Aufenthalt auf dem Dämmerwalder Hof am Rande des Staatsforstes Dämmerwald inmitten des Naturparks Hohe Mark angemeldet. Die Teilnehmer waren aus ganz Deutschland, aus mehreren europäischen Ländern und sogar aus China und Thailand angereist.
Diesmal boten die Hof-Besitzerin Jutta Becker-Ufermann und ihr Mann Joachim Becker zwei Projekte an, für deren Unterstützung sich Interessenten aus ganz Deutschland und sogar aus Frankreich bewarben.
Eine etwa ein Hektar große Fläche, die von 15 Skudden, einer alten Landschafrasse, als Weidefläche genutzt wird, wurde umzäunt. Damit wurde die Voraussetzung erfüllt, um im Falle eines Schafsrisses durch einen Wolf eine finanzielle Entschädigung zu bekommen. Die vom Drevenacker Waldbauern Alfred Terstegen bearbeiteten Eichenpfähle wurden als Zaunpfähle verwendet, an dem der Zaun befestigt wurde. Um zu verhindern, dass sich ein Wolf unter dem Zaun hindurch einen Zugang zum Gelände verschafft, wurde der Zaun 30 Zentimeter tief im Erdreich versenkt. Am oberen Zaunende sorgt eine dreifache stromführende Litze für eine zusätzliche Möglichkeit, den Wolf vom Grundstück fernzuhalten.
Bei dem zweiten angebotenen Projekt ging es darum, ein Dutzend Obstbäume im Bereich der bestehenden Streuobstwiese anzupflanzen und vor Verbissschäden durch die Schafe zu schützen. Über die praktische Arbeit hinaus lernten die Teilnehmer einen landwirtschaftlich geprägten Lebensraum kennen, dem sie in ihrem alltäglichen Lebensumfeld nicht so intensiv begegnen.
Die Teilnehmer hatten recht unterschiedliche Beweggründe, sich als WWOOFER für die Dämmerwalder Projekte zu bewerben. „Ich interessiere mich für die biologische Anbauweise“, begründete der Rostocker Sozialarbeiter seine Bewerbung. Die Französin, die das ganze Jahr über für die Organisation von Kulturveranstaltungen zuständig ist, freute sich, ein paar Tage in der freien Natur arbeiten und dabei noch andern Menschen helfen zu können. Dem jungen Franzosen, der in einer Hotel-Rezeption tätig ist, ging es auch darum, die deutsche Sprache besser kennen zu lernen. Der Physiotherapeut aus Niedersachsen versucht durch die ganz andere Betätigung wieder gesund zu werden. Dass die ehemalige Kinderärztin aus dem Saarland zur Dämmerwalder Schafsbeschützerin wurde, hat sie ihren Kindern zu verdanken, die ihr das WWOOFEN zum Geburtstag schenkten.
Kräutervortrag
Nach einer angemessenen Erholungspause im Anschluss an das Tagewerk standen eine Abendwanderung über das Hofumfeld und ein geselliges Beisammensein auf dem Programm. Am Samstag lud Jutta Becker-Ufermann die Gäste zu einem Kräutervortrag ein. Als staatlich zertifizierte Kräuterpädagogin konnte sie den staunenden Gästen vermitteln, dass man Gundermann, Brennnessel und Spitzwegerich nicht aus den Gartenbeeten entfernen sollte, weil sie ebenso wie eine Vielzahl anderer so genannter „Un-Kräuter“ in der Küche Verwendung finden können. Der Lernort Appelbongert wurde 2012 als offizielles Projekt der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet.
„Ich kann jedem die Mitgliedschaft im WWOOF nur empfehlen“, rät Jutta Becker-Ufermann Interessenten, sich auf der Website www.wwoof.net anzumelden und anschließend geeignete Projekte auszusuchen. H.Scheffler