Die Angst vor dem Abhängen einer Zukunftstechnologie kursiert

Bestener Bürger setzen sich für einen zukunftsfähigen digitalen Ausbau ein

Was den Glasfaserausbau innerhalb der Gemeinde Schermbeck anbelangt, so gibt es einerseits hohe Erwartungen, andererseits ernüchternde Fakten, die besonders in den Außenbereichen für Besorgnis sorgen und die dort wohnenden Bürger veranlassen, sich verstärkt für einen besseren Glasfaserausbau einzusetzen.

Anlass für den vorliegenden Bericht war ein Gespräch mit einigen Bestener Bürgern, die in einem Bereich wohnen, der zwar zu Schermbeck gehört, aber noch die Telekommunikationsvorwahl des Ortes Dorsten (02362) hat. Die in Kupfer liegende Verbindung von Dorsten nach Besten hat eine so große Entfernung zur Anschlussstelle, dass am Ende für DSL nur Verbindungsgeschwindigkeiten von 384 Kbit/sec oder weniger zustande kommen. Als Beispiel für die Langsamkeit nennt Hans-Gerhard Endraß den Download von Windows 10: „Das dauert mehr als einen Tag und kann wegen der routinemäßígen Zwangstrennung nie abgeschlossen werden.“

Der Diskussionsanstoß kommt zwar aus Besten, wo etliche der abgebildeten Häuser keine Förderung für einen schnellen Internetanschluss erhalten, aber das Problem trifft auf alle Schermbecker Ortsteile zu. Luftbild: Helmut Scheffler

Viele Bestener Anwohner haben seit längerer Zeit versucht, neue Telekommmunikationsanbieter (TK) zu finden. „Teilweise ging der Wechsel derart schief, dass der Teilnehmer wochenlang nicht mehr per Festnetz erreichbar war und letztendlich zum Ursprunganbieter zurückwechseln musste“, berichtet Ludger Jansen von den entstandenen Problemen.

Eine Rettung schien in Sicht, als vor Weihnachten den drei Kommunen Schermbeck, Hünxe und Hamminkeln 27,621 Mio. Euro für den Breitbandausbau in den Außenbereichen bewilligt wurden. An der entsprechenden Informationsveranstaltung am Voshövel haben zwar mehr als 200 Personen aus den drei Kommunen teilgenommen, aber bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist das ein geringer Anteil. Entsprechend hoch ist das Informationsdefizit in den betroffenen Außenbezirken. Dort kursiert die Auffassung, dass schon bald jeder Haushalt gemäß Förderzusage eine Breitbandanbindung für mehr als 100 MBit/s nutzen kann.

Diese Auffassung ist zwar für 536 Adressen im Gemeindegebiet richtig, aber längst nicht für alle. Förderfähig sind nämlich nur jene Haushalte, die nachweislich nicht innerhalb der nächsten drei Jahre mit mindestens 30 MBit/s versorgt werden können. Für diese Haushalte gilt, dass sie im Zuge des interkommunalen Breitbandausbaus mindestens 100 MBit/s im Download und Upload erhalten und damit für die zeitgemäßen Kommunikationsgeschwindigkeiten gerüstet sind.

Welche Haushalte dazu gehören, teilte die Gemeinde Schermbeck unserer Zeitung auf Anfrage mit. Der bei der Gemeinde Schermbeck für den Breitbandausbau zuständige Sachbearbeiter Michael Leisten verwies auf die Homepage der Gemeinde Schermbeck. Über www.schermbeck.de/de/inhalt/aussenbereiche gelangt man im unteren Drittel der Seite zum Angebot „Link zur Abfrage“. Beim Anklicken erreicht man die alphabetische Auflistung der Straßen im Schermbecker Gemeindegebiet. Gibt man dort die eigene Hausnummer ein, erhält man die Mitteilung „ist nicht förderfähig“ oder „ist förderfähig“. Unser Test mit mehreren Adressen ergab, dass bescheinigt wurde „ist nicht förderfähig“, obwohl die Häuser bislang mit weniger als 1 MBit/s versorgt werden. Da haben die bisherigen Telekommunikationsanbieter jede Menge zu tun, um innerhalb von 3 Jahren 30 MBit/s gewährleisten zu können.

Genau da setzt die Bestener Bürgergruppe an und hofft, dass sich möglichst viele betroffene Bürger aus den anderen Ortsteilen solidarisch erklären. Die Bestener gehen von einer abzulehnenden Strategie der bisherigen Anbieter aus. Durch die Zusicherung von 30 Mbit/s bleiben die Haushalte von der geförderten Breitbandversorgung ausgeschlossen und somit weiterhin Kunden der bisherigen Anbieter. Stellt man nach drei Jahren fest, dass die Unternehmen die 30 Mbit/s nicht leisten können, dann würde zwar die Förderfähigkeit einsetzen, aber da der Ausbau in den förderfähigen Bereichen dann längst abgeschlossen ist, geht man davon aus, dass wegen einer fehlenden Wirtschaftlichkeit kein Unternehmen noch einmal anrücken wird, um die Lücken mit Breitband zu versorgen.

Drei Jahre lang ins Ungewisse hinein warten, das wollen die betroffenen Bestener nicht, zumal ihnen selbst die eventuell erreichbaren 30 Mbit/s völlig unzeitgemäß sind. „Zukunftskonzepte wie Homeoffice, HealthCare via fibre, Geriatrie on Demand sind in diesem Dorf unmöglich“, stellt Hans-Gerhard Endraß fest. Deshalb unterbreiten sie der Gemeinde mehrere Lösungsmöglichkeiten. Als effektivste Lösungsmöglichkeit schlagen sie vor: „Das TK reduziert die Ausbau- und Anbindungskosten für Vectoring-Technologie von gestern durch Anmietung eines LWL-Kabels von der verlegenden Glasfaserfirma mit notwendiger Bandbreite. Die Anbindung der Kunden erfolgt somit im eigenen Bereich mit der Anschlusstechnik FTTH (Fibre to the house).“

Einen direkten Einfluss hat die Gemeinde Schermbeck nicht, aber Bürgermeister Mike Rexforth hat im Gespräch mit unserer Zeitung versichert, dass die Gemeinde intensive Gespräche mit den Unternehmen führen wird, welche den Auftrag für den Breitbandausbau im Außenbereich erhalten. Gemeinsam werde man nach Lösungen suchen. „Wir haben zwar keine Handhabe“, so Rexforth, „aber man sollte uns im Hintergrund vertrauensvoll arbeiten lassen.“

Die Bestener Gesprächsteilnehmer habe sogar schon ein paar Arbeitsaufträge für die Gemeinde. Es müsse geprüft werden: „Wie viele Teilnehmer (TN) sind betroffen? Wie viele TN sind am schnellen Internet mit mindestens 100 MBit/s verbindlich interessiert? Wie teuer wäre ein konventioneller Ausbau mit der adäquaten Versorgung? Wie teuer wäre eine Gastanbindung mit 30 MBit/s je TN? Wie teuer wäre eine Gastanbindung mit mindestens 100 MBit/s je TN? Kann ein solcher Ausbau gefördert werden?“ H.Scheffler

 

 

 

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.