Das Ansehen der Landwirtschaft hat sich merklich verschlechtert

Die Schermbecker SPD startete am Donnerstag ihre Dialog-Reihe zum Thema „Landwirtschaft“

Schermbeck Mit der „Landwirtschaft heute und deren Umweltauswirkungen“ befasste sich die erste Abendveranstaltung des SPD-Ortsvereins Schermbeck zum Themenkomplex „Landwirtschaft heute – Landwirtschaft morgen“.
Etwa 30 Zuhörer, zu denen auch etwa zehn Landwirte gehörten, erlebten in der Gaststätte Nappenfeld`s drei informative Vorträge mit. Moderator war der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Fastring, der in seiner Einleitung einen kurzen statistischen Überblick über die landwirtschaftliche Nutzfläche im 110 Quadratkilometer großen Gemeindegebiet gab und dabei einen deutlichen Rückgang der Nutzfläche bekanntgab.

Rainer Kremer, Stephanie Krüßmann, Michael Fastring und Henning Wagner (v.l.) trugen mit ihrer Moderation oder mit Fachbeiträgen zur Gestaltung des ersten Abends der Schermbecker SPD zum Thema Landwirtschaft bei. Foto: Helmut Scheffler

Die Beschreibung der Situation der Landwirtschaft übernahm Rainer Kremer als Sprecher der Interessengemeinschaft Schermbecker Landwirte. Kremer begann mit zwei Fragen: „Warum laufen SPD und CDU den Grünen hinterher und reden ihnen nach dem Munde? Warum hat man nicht das Rückgrat, jenen Menschen Glauben zu schenken, die besonders gute Lebensmittel auf den Tisch bringen?“ Seit über 70 Jahren produziere die Landwirtschaft beste Lebensmittel, die so gut seien, „dass der Körper gar nicht mehr merke, dass er sie zu sich nimmt.“

Rainer Kremer

Kremer bedauerte, dass das Feeling der Landwirtschaft in den letzten zwei Jahren so schlecht geworden sei, wie es noch nie war. Das Handeln einzelner schwarzer Schafe könne nicht dem gesamten Berufsstand angelastet werden. Als Erschwernisse der Landwirtschaft nannte Kremer das „verlorene Augenmaß“ jener Behörden, die Auflagen für die Landwirtschaft festlegen, den rasanten Flächenverbrauch in der Landwirtschaft und den Preisverfall der Produkte. „Wir produzieren Lebensmittel zu Preisen wie im Jahre 1984“, lautete ein weiteres Merkmal. Gegen Ende der Versammlung ergänzte der Betriebshelfer Daniel Tenfelde die Beschreibung der Landwirtschaft. Die Stimmung sei schlecht und die psychischen Krankheiten der Betriebsinhaber hätten deutlich zugenommen.

Henning Wagner

Wie eine gut funktionierende Kooperation zwischen der Wasserwirtschaft und der Landwirtschaft aussehen kann, machte Henning Wagner als Prokurist der Stadtwerke Wesel in seinem Referat deutlich. Im Bereich der Wasserschutzzone Flüren-Diersfordt-Blumenkamp erhalten die Landwirte etwa 120 000 Euro als Ausgleich für eine Wirtschaftsweise, die eine Erhöhung des Nitratgehaltes im Grundwasser verhindert. In der Rückschau auf die 1993 begonnene Kooperation stellte Wagner fest, dass sich der Nitratgehalt von 50 mg auf unter 30 mg pro Liter gesenkt habe. Wagner hielt es für wünschenswert, solche Kooperationen auch außerhalb von Wasserschutzgebieten zu schließen.

Der Vertreter der Landwirtschaftskammer, welcher über die Auswirkungen der geänderten Düngeverordnung referieren sollte, hatte wegen Krankheit abgesagt.

Stephanie Wagner

Die Diplom-Landschaftsökologin Stephanie Krüßmann, eine aktive Landwirtin, die eine Zeitlang beim Kreis Wesel beschäftigt war und jetzt Mitarbeiterin des LANUV ist, befasste sich mit dem Insektensterben. Von den 7802 Insektenarten, die in der Roten Liste verzeichnet sind, haben 42,5 Prozent eine negative Bestandsentwicklung und 29,4 Prozent seien gefährdet oder vom Aussterben bedroht. „Das Insektensterben wird vor allem vom Menschen verursacht“, stellte Krüßmann fest. Als wahrscheinliche Hauptursachen nannte sie Neonicotinoide und Landnutzungsänderungen. Über die volkswirtschaftlichen Schäden, die der Ausfall von Insekten als Bestäuber und Futter für die Vögel verursache, werde zu wenig gesprochen, obwohl der Schaden sehr hoch sei.

In der anschließenden Frage- und Diskussionsrunde gab es kontroverse Auffassungen zum Umgang mit der Gülle und mit Pestiziden. Spätestens bei der Besprechung der niederländischen Gülletransporte zu stillgelegten deutschen Bauernhöfen stimmte Rainer Kremer den Kritikern zu: „Das kann nicht der Weg sein.“

Auf die Frage an die SPD-Vertreter, was die Politiker für ihr künftiges Handeln aus den Vorträgen mitnehmen können, antwortete Fastring: „Lösungen müssen von der Politik angeboten werden. Gesetze müssen so geändert werden, dass alle Beteiligten gut damit leben können.“ Nach der Verankerung der landwirtschaftlichen Probleme im SPD-Parteiprogramm befragt, verwies Fastring darauf, dass es dort kaum Aussagen zur Landwirtschaft gebe.

Die Dialog-Reihe zum Thema Landwirtschaft wird am 7. Juni um 19 Uhr bei Nappenfeld`s fortgesetzt. An diesem Abend werden Landwirte zu Wort kommen, die entweder eine klassische Landwirtschaft betreiben oder aber biologisch zertifiziert sind. H.Scheffler

 

 

 

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.