Bundesregierung antwortet dem Abgeordneten Hubertus Zdebel

Bundestags-Ausschuss befasste sich am Mittwoch mit dem Ölpellets-Skandal Schermbeck

Während die Diskussion um die illegale Ablagerung von Ölpellets in der zur Deponie umgewandelten Ablagerung der Firma Nottenkämper im Gahlener Heisterkamp für den Schermbecker Gemeinderat nach wie vor ein Tabu-Thema ist, hat der Deutsche Bundestag am Mittwoch im Rahmen der zehnten Sitzung des Bundestagsausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit einen „Bericht der Bundesregierung zu den Vorgängen bei BP und der Ruhr Öl GmbH in Gelsenkirchen bezüglich der Entsorgung gefährlicher Abfälle (Petrolkoks) und den daraus zu ziehenden Konsequenzen“ vorgelegt.Giftmüll Ölpellets Skandal Schermbeck Hünxe

Mit dem Bericht beantwortete das zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ein Anfrage der Bundestagsfraktion Die LINKE vom 7. Mai.

Als Bundestagsabgeordneter der Linken hatte der 63-jährige gebürtige Eltener zudem die Bundesregierung gebeten, vorab einen schriftlichen Bericht zu übermitteln. Zdebel, der bis 2007 der Partei Bündnis 90/Die Grünen angehörte und seit 2008 zu den Linken gehört, die er seit 2013 im Bundestag vertritt, wollte von der Bundesregierung wissen, „wie sie die skandalösen Vorgänge bewertet und was sie unternimmt, damit derartige, die Umwelt zerstörende Praktiken in Zukunft wirksam verhindert werden.“
Den im Ausschuss vorgelegte Bericht der Bundesregierung erhielt Zdebel tatsächlich einen Tag vor der Sitzung. Auf fünf Seiten werden überwiegend die hinlänglich bekannten Vorgänge geschildert, die das Bundesminsterium weitgehend mit dem Land NRW abgestimmt hat.

Antwort der Regierung:
Bericht der Bundesregierung zu TOP 11 der 10. Sitzung des Bundestags-Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Bericht der Bundesregierung zu den Vorgängen bei BP und der Ruhr Öl GmbH in Gelsenkirchen bezüglich der Entsorgung gefährlicher Abfälle (Petrolkoks) und den daraus zu ziehenden Konsequenzen.

Die Überwachung der Entsorgung von Abfällen liegt ausschließlich in der Vollzugs-kompetenz der Länder.
Insoweit liegen dem Bundesumweltministerium keine eigenen Erkenntnisse über die in Rede stehende Entsorgung von Ölpellets in Nordrhein-Westfalen vor. Der vorge-legte Bericht beruht ausschließlich auf Informationen des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

I. Sachverhalt/Kontext
Am Landgericht Bochum ist derzeit ein Verfahren zur illegalen Entsorgung von Ölpel-lets anhängig. Laut der Staatsanwaltschaft Bochum sollen im Zeitraum April 2010 bis Anfang September 2013 ca. 30.000 t eines Gemisches aus Ölpellets mit anderen Ab-fällen in eine Tongrube in Schermbeck/Hünxe verbracht worden sein. Laut den Anga-ben der Staatsanwaltschaft arbeiteten Abfallmakler und Entsorgungsfirmen gemein-sam mit dem Ziel der illegalen Entsorgung von Abfallgemischen zusammen.

Bei der Schwerölvergasung in einer Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven fallen pro Tag bis zu 100 t Ölpellets an. Diese bestehen aus Ruß und einem Rückstand aus der Rohöldestillation. Spezifikationsgerecht hergestellte Ölpellets wurden in Abstimmung mit der zuständigen Bezirksregierung – Nebenprodukte/Nichtabfall vermarktet.

Nach Angaben der in Rede stehenden Raffinerie können die Ölpellets als Brennstoffbeimi-schung eingesetzt werden, da sie einen hohen Brennwert aufweisen. Nach Angaben der zuständigen Bezirksregierung wurden die anfallenden Ölpellets nahezu vollstän-dig verbrannt.

Nicht im Kraftwerk mitverbrannte Ölpellets wurden an eine Behandlungsanlage in Moers geliefert, die für die Behandlung und Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen genehmigt ist. In dieser Anlage erfolgte die Vermischung der Ölpellets mit Aktivkohle und/oder Industrieruß. Nach Angaben des Landes NRW erreichte ein Teil des Gemi-sches das Ende der Abfalleigenschaft und wurde vermarktet. Der Teil, der nicht ver-marktet werden konnte, wurde der Abfallart 19 12 12 (sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 12 11 fallen) zugeordnet.

Die Anlage in Moers lieferte u.a. ein Gemisch aus Ölpellets und kohlenstoffhaltigen Abfällen an eine weitere Behand-lungsanlage für mineralische Abfälle in Bochum. In dieser Anlage werden im Wesent-lichen Schlacken, Bauschutt und Straßenaufbruch aufbereitet. Das Material dieser An-lage soll nach einer weiteren Behandlung unter der Abfallart 19 12 09 (Mineralien, z. B. Sand, Steine) in die Tongrube bei Schermbeck/Hünxe verbracht worden sein.

Die Tongrube in Schwermbeck/Hünxe wurde nach der Austonung mit mineralischen Abfällen verfüllt.

Nach Angaben des Landes NRW sind zur Verfüllung der Tongrube ausschließlich nicht-gefährliche, mineralische Abfälle, z. B. Flugaschen, Schlacken und Bauschlacken genehmigt. Aus diesen Angaben geht ebenfalls hervor, dass die Anlage in Bochum im Zeitraum von 2010 bis 2013 ca. 700.000 t Material an die Ton-grube geliefert hat. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass diese Lieferungen ca. 30.000 t Ölpellets enthielten.

Sofort nach Bestätigung des Verdachts der illegalen Verfüllung durch die Analyse von Proben hat die für die Tongrube zuständige untere Umweltbehörde den Betreiber aufgefordert, eine Abschätzung zu Gefährdungen rele-vanter Schutzgüter zu erstellen sowie die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Sicker-wassererfassung und Oberflächenabdichtung zu prüfen.
Nach Angaben des Landes NRW wurde 2016 von den dafür zuständigen Umweltbe-hörden geprüft, ob die Ölpellets ausgekoffert werden müssen.

Nach Schätzungen der zuständigen Umweltbehörde betragen die Kosten für die Auskofferung etwa 540 Mio. €. und werden daher als unverhältnismäßig eingeschätzt. Zur Gefahrenabwehr sind nach den Angaben des von den zuständigen Behörden beauftragten Gutachters und der dazu erstellten Stellungnahme des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbrau-cherschutz NRW (LANUV NRW) ein regelmäßiges Abpumpen des Sickerwassers auf Grundlage eines Sickerwasser- und Grundwassermonitorings sowie ein schneller Abschluss der Oberflächenabdichtung zur Gefahrenabwehr ausreichend. Die Verfüllung der Tongrube ist nach Auskunft des Landes NRW inzwischen beendet und seit An-fang 2018 soll die Oberflächenabdeckung vollständig aufgebracht werden.
II. Fachliche Bewertung
Sowohl die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung als auch die gemeinwohlver-trägliche Beseitigung von Abfällen ist die originäre Pflicht des Abfallerzeugers oder –besitzers (§ 7 Absatz 3 und § 15 Kreislaufwirtschaftsgesetz). Die Überwachung der Entsorgung fällt ausschließlich in die Vollzugskompetenz der Länder.

a) Einstufung von Ölpellets als Nebenprodukt
Nach Einschätzung des Landes NRW sind die Voraussetzungen für die spezifikations-gerechten Ölpellets nach § 4 Kreislaufwirtschaftsgesetz Abs. 1 Nr. 2 bis 4 erfüllt. Laut § 4 Abs. 1 Nr. muss grundsätzlich sichergestellt sein, dass die Gesamtmenge der Ölpellets weiterverwendet wird.

Das Land NRW verweist auf die Entscheidung des EUGH C-114/01 „AvestaPolarit“, dass, wenn nur ein Teil des anfallenden Materials weiterverwendet werden kann, auch nur die entsprechende Teilmenge als Nebenprodukt weiterverwendet werden kann. Dieser Anteil ist eindeutig zu kennzeichnen und von den nicht verwertbaren Gegenständen separat zu halten.

Es muss allerdings sichergestellt sein, dass die Entsorgung der verbleibenden Abfälle ausreichend überwacht und dokumentiert wird.
Nach Ansicht des Landes NRW können die in der Schwerölvergasung anfallenden Öl-pellets, die zur Verbrennung an das Kraftwerk Scholven geliefert werden, als Nebenprodukt der Raffinerie in Gelsenkirchen anerkannt werden, sofern die zuständige Be-zirksregierung die Eignung der Qualitätssicherungssystems und die Wirksamkeit der abfallrechtlichen Überwachung für Ölpellets, die nicht im Kraftwerk Scholven einge-setzt werden, als gefährlicher Abfall bestätigt.

So wurden nach Angaben der zuständigen Bezirksregierung 2015 ca. 77 % der Ölpellets im Kraftwerk Scholven eingesetzt und 23 % wurden unter der Abfallart 07 01 08* als gefährlicher Abfall entsorgt.

b) Einsatz von Ölpellets im Kraftwerk Scholven
Das Kraftwerk Scholven erfüllt nach Angaben des Landes NRW die Anforderungen der Verordnung zur Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen (17. BImSchV) für Mitverbrennungsanlagen. Als spezifikationsgerecht können Ölpellets gelten, die die von der Genehmigungsbehörde festgelegten Eingangsparameter und bei der Verbrennung die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV einhalten. Darüber hinaus dür-fen die Ölpellets nicht miteinander verkleben (verklumpen).

Die Genehmigung des Kraftwerks Scholven zum Einsatz der Ölpellets wurde Ende 2016 geändert. Dadurch ist nach Angaben des Landes NRW die künftige Entsorgung der gesamten anfallenden Menge an Ölpellets im Kraftwerk Scholven möglich, sofern die genehmigten Spezifikationen – insbesondere bezüglich der Eingangsparameter – eingehalten werden. Die Begrenzung des Einsatzes der Ölpellets auf 5 % des Kohle-massestroms (12,5 Tonnen/Stunde) ist dafür ausreichend und übersteigt die Menge, in der die Pellets anfallen.

Im Genehmigungsbescheid wurden folgende Regelungen bezüglich der Entsorgung von Ölpellets getroffen:
Vor Annahme der Ölpellets muss eine Eingangsanalyse (Tagesprobe) vorliegen. Sowohl der Vanadium- als auch der Nickelgehalt wurde beschränkt. Überschreitungen dieser Eingangsparameter sind der zuständigen Behörde zu melden, die Annahme zu stoppen und die Ursache zu analysieren.

Die Einhaltung der festgelegten Eingangsparameter wird durch Proben sowohl in der Raffinerie (Tagesmischprobe) als auch im Kraftwerk (Wochenmischprobe) sicherge-stellt. Nach Angaben des Landes NRW war im Versuchsbetrieb eine Erhöhung der luftseitigen Emissionen nicht feststellbar. Auch bei erhöhter Einsatzmenge zeigten sich nur die üblichen Schwankungen, die durch die Inhaltsstoffe der Kohle bedingt sind.
Nach Mitteilung der zuständigen Behörde werden die Nickel- und Vanadiumbelastun-gen teilweise in der Grobasche und überwiegend in der Flugasche abgeschieden. Diese Aschen sind monatlich von einer zugelassenen Messstelle auf ihre Nickel- und Vanadiumgehalte untersuchen zu lassen.

Bei Überschreitung der in den gültigen all-gemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen festgelegten Grenzwerte für Nickel und Vanadium ist die zuständige Behörde zu informieren. In diesem Fall sind diese Aschen als Abfall zu entsorgen und dürfen nicht als Nebenprodukt abgegeben werden. Um die Vermarktbarkeit der Aschen weiterhin zu gewährleisten, sind gestaffelte Einsatz-mengen vorgesehen. Je höher die Ölpellets belastet sind, desto stärker muss die Ein-satzmenge vermindert werden.

c) Einstufung der Ölpellets als gefährlicher Abfall
Als Abfallerzeuger hat die Raffinerie Gelsenkirchen die Pflicht, nicht spezifikationsge-rechte Ölpellets nach der Abfallverzeichnis-Verordnung zu bezeichnen und einzustu-fen. Nach der Abfallverzeichnis-Verordnung erfolgt dies herkunftsbezogen.

Nach An-gaben des Landes NRW ordnete der in Rede stehende Abfallerzeuger die nicht spezifikationsgerechten Ölpellets als nicht-gefährlicher Abfall der Abfallart 06 13 03 (In-dustrieruß) zu. Da es sich hierbei um eine eindeutige Abfallart handelt, ist keine wei-tere Untersuchung des Abfalls notwendig.
Aus mehreren Untersuchungen der Ölpellets des LANUV NRW geht dagegen hervor, dass diese insbesondere aufgrund des hohen Gehaltes an Mineralölkohlenwasserstoffen sowie der Gehalte an Nickel und Vanadium als gefährlicher Abfall einzustufen sind.
Nach Angaben des Landes NRW bestätigte die zuständige Bezirksregierung Anfang 2015, dass Ölpellets, die nicht im Kraftwerk Scholven verbrannt werden, unter der Abfallart 07 01 08* (andere Reaktions- und Destillationsrückstände) als gefährlicher Abfall entsorgt werden sollen.

Nach Angaben der zuständigen Bezirksregierung werden die Ölpellets unter der oben genannten Abfallart als gefährlicher Abfall in dafür zugelassenen Anlagen verbrannt.

d) Verfüllung der Tongrube in Hünxe Schermbeck
Der Betreiber der Tongrube in Hünxe Schermbeck ist in der Tongewinnung, Verfüllung mit mineralischen Abfällen und in der Rekultivierung tätig. Nachdem die Austonung abgeschlossen war, sollte die Grube nach den Angaben des Landes NRW mit mineralischen, nicht-gefährlichen Abfällen (z. B. Flugaschen, Schlacken und Bauschutt) verfüllt werden. Aufgrund des Organikgehaltes und des Schwermetallgehaltes ist die Verfüllung der Tongrube mit dem Gemisch aus mineralischen Abfällen und den Ölpellets und der daraus zu befürchtenden Gefährdung des Grundwassers weder eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung noch eine gemeinwohlverträgliche Beseitigung.

III. Fazit
Aus abfallrechtlicher Sicht besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Die Regelun-gen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der Abfallverzeichnis-Verordnung bieten im Zusammenspiel mit den Regelungen des Bundesimmissionsschutzrechtes einen aus-reichenden Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt.
Die Überwachung der Entsorgung von Abfällen liegt ausschließlich in der Vollzugs-kompetenz der Länder.
Ob bei der Verfüllung der Tongrube in Hünxe-Schermbeck illegal gehandelt wurde, ist Gegenstand des laufenden Verfahrens am Landgericht Bochum.

Stellungnahme des Abgeordneten Hubertus Zdebel (Linke):
Bericht der Bundesregierung zu den Vorfällen bei bp und deren Ruhr Oel GmbH in Gelsenkirchen bezüglich der Entsorgung gefährlicher Abfälle (Petrolkoks) und den daraus zu ziehenden Konsequenzen – Antrag der Fraktion DIE LINKE. vom 7.5.2018
Von Hubertus Zdebel

Hubertus ZdebelAm Landgericht Bochum ist derzeit ein Strafverfahren anhängig, das die illegale Entsorgung gefährlicher Abfälle zum Gegenstand hat. Dabei ergibt sich das folgende Bild:

Seit Jahrzehnten fallen bei der Ruhr Oel GmbH in Gelsenkirchen, die zum bp-Konzern gehört, rußartige Abfälle an, die mit Hilfe von Öl zu Pellets oder Klumpen gebunden werden.

Die jährliche Menge beträgt etwa 30.000 Tonnen.
Der Energiekonzern Veba war nicht nur Vorbesitzer des Werks der Ruhr Oel GmbH, sondern auch Eigentümer des benachbarten Kohlekraftwerks in Gelsenkirchen-Scholven. Dort wurden seit den 1970er Jahren die Ölpellets verbrannt.

E.ON als Nachfolger der Veba drosselte ab 2009 den Betrieb des Kohlekraftwerks und hatte keine Verwendung mehr für die Ölpellets. Zudem soll ein interner Vermerk bei bp existieren, gemäß dem die Ölpellets so viel Vanadium und Nickel enthalten, dass die Kriterien für eine Verbrennung im E.ON-Kraftwerk nicht mehr vorlagen. In der Folge türmten sich die Pellets auf den Werkshalden.

Eine Entsorgung in Sondermüllverbrennungsanlagen wurde auf 600 Euro pro Tonne und 20 Millionen Euro im Jahr geschätzt. Der Leiter einer Task-Force bei bp soll daraufhin einen Bericht mit dem Titel „Reduzierung Pelletskosten“ verfasst haben.

In der Folgezeit wurde der gefährliche Abfall anders eingestuft. Während er vorher in einem Sicherheitsdatenblatt als umweltweltgefährdend und mit der Einstufung „kann Krebs erzeugen“ eingestuft war, wurde er seit 2011 als harmlos eingestuft und als „Petrolkoks“ bezeichnet. Zudem erhielt er einen falschen Abfallschlüssel.

bp behauptet nun, Opfer eines beauftragten Müllmaklers geworden zu sein. Dies wird von ihm bestritten. Zudem behauptet bp, dass die Rußpellets nach der europäischen Chemikalienverordnung nicht als gefährlicher Stoff eingestuft seien.

Dem steht ein Gutachten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) entgegen, gemäß dem der Petrolkoks ein gefährlicher Abfall sei und entsprechend entsorgt werden müsse.
Etwa 30.000 Tonnen der Ölpellets wurden dabei zwischen April 2010 und September 2013 illegal auf der hierfür ungeeigneten Deponie Mühlenberg in Hünxe-Gartrop entsorgt und drohen nun, das Grundwasser zu kontaminieren.

Die erforderliche Kontrolle der Einstufung des Petrolkoks erfolgte seitens der Bezirksregierung Münster offenbar höchst unzureichend. Über Nickel- und Vanadiumgehalte habe man in Besprechungen nicht geredet, vollständige Sicherheitsdatenblätter hätten der Behörde nicht vorgelegen. Es ist von einem geringen Erkenntnis- und Kontrollinteresse der Bezirksregierung Münster auszugehen.

Auffällig ist es auch, dass die Staatsanwaltschaft lediglich Anklage gegen einen Unternehmer, der nachgeordneter Teil der Lieferkette zu Entsorgungs – oder Verwertungsanlagen war, erhoben hat, jedoch nicht gegen Verantwortliche der Ruhr Oel GmbH. Es steht der Vorwurf im Raum, dass die Staatsanwaltschaft die Erzeuger der Abfälle schonen wolle und nur einen „kleinen Fisch“ zur Rechenschaft ziehen wolle.

Deshalb hat DIE LINKE. einen Bericht der Bundesregierung zu den Vorfällen bei bp und deren Ruhr Oel GmbH in Gelsenkirchen bezüglich der Entsorgung gefährlicher Abfälle (Petrolkoks) und den daraus zu ziehenden Konsequenzen auf die Tagesordnung gesetzt. Dabei soll es auch um die Frage gehen, welche Änderungen des Bundesrechts erforderlich sind, um derartige Vorgänge zukünftig zu verhindern.

Zudem wurde die Bundesregierung gebeten, vorab einen schriftlichen Bericht abzugeben.
Bericht der Bundesregierung
Aus diesem Bericht, der ausschließlich auf Angaben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen beruht, ergeben sich die weiteren folgenden Erkenntnisse:

– Die Ruhr Oel GmbH hat die Ölpellets als nicht gefährlichen Abfall mit dem Abfallschlüssel 06 13 03 (Industrieruß) eingestuft. Erst 2015 kam die Bezirksregierung Münster nach einem LANUV-Gutachten zu der Auffassung, dass der korrekte Abfallschlüssel 07 01 08* (andere Reaktions- und Destillationsrückstände) und damit ein gefährlicher Abfall gewesen wäre.

– Anscheinend hat die Bezirksregierung Münster dies jahrelang toleriert. Nicht im Kraftwerk Scholven verbrannte Ölpellets wurden über eine Kette von Abfallmaklern und Entsorgern nach Vermischung zumindest zum Teil in der Tongrube bei Schermbeck/Hünxe entsorgt.
– Die Ruhr Oel GmbH hat den Ölpellets den falschen Abfallschlüssel zugewiesen und die Abfälle an Abfallmakler und Entsorgungsfirmen weitergegeben. Dafür muss sie anscheinend keine straf- oder zivilrechtliche Verantwortung übernehmen.

– Die Entsorgung der Ölpellets kann aufgrund einer veränderten Genehmigungs- und Verfahrensweise ab 2016 wieder vollständig im Kraftwerk Scholven erfolgen.
– Eine Auskofferung der Deponie Schermbeck/Hünxe würde ca. 540 Millionen € kosten. Dies wurde seitens des LANUV NRW als unverhältnismäßig angesehen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Versuch gemacht wurde, die Ruhr Oel GmbH zur vollständigen oder teilweisen Finanzierung der Kosten heranzuziehen.
Bewertung-Fragen:
Der Vorgang um die bp und ihre Ruhr Oel GmbH zeigt das Versagen der staatlichen Stellen im immissionsschutz- und abfallrechtlichen Vollzug sowie bei der Verfolgung von Umweltkriminalität. Es zeigt aber auch, dass das System der Selbsteinstufung von Abfällen nicht mehr sachgerecht ist.
Es stellen sich folgende Fragen an die Bundesregierung:
1. Mit welchen gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften auf Bundesebene will die Bundesregierung Falschdeklarationen von Abfällen (Angabe falscher Abfallschlüssel) wie im vorliegenden Fall zukünftig verhindern. Ist insbesondere das System der Selbsteinstufung der Abfälle durch einen Abfallerzeuger noch geeignet, eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung als auch die gemeinwohlverträgliche Beseitigung von Abfällen sicherzustellen?
2. Mit welchen gesetzlichen Bestimmungen will die Bundesregierung sicherstellen, dass Abfallerzeuger bereits zu Beginn der Erzeugungskette im Falle der Falschdeklaration von Abfällen in vollem Umfang haften und somit das Verursacherprinzip durchsetzen?
3. Wird die Bundesregierung Bestimmungen wie die Auflösung von Unternehmen als Teil eines Unternehmensstrafrechts rechtlich verankern, um zu verhindern, dass es zu einer Wiederholung des Verhaltens von Abfallerzeugern zu Beginn der Erzeugungskettewie im vorliegenden Fall kommt?

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.