Beim Sickerwasser muss noch nachgebessert werden

Schermbecker Politiker übten massive Kritik am Vorgehen des Kreises Wesel

Im Mittelpunkt der Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses stand am Dienstag in der Dreifach-Turnhalle die Vorstellung jenes Gutachtens, das die NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser von der Ingenieurgesellschaft ICP Braunschweig GmbH zur Verfüllung des Mühlenbergs im Gahlener Heisterkamp erstellen ließ.

Im Beisein von Vertretern des Umweltministeriums, der Bezirksregierung und des Kreises Wesel stellte der Diplom-Geologe Dr. Michael Kerth die Arbeitsweise und die Ergebnisse des Gutachtens vor.

Dr. Michael Kerth stellte den Mitgliedern des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses sein Gutachten zum Gahlener Mühlenberg vor. Foto: Helmut Scheffler

408 Seiten umfassende Gutachten

Das 408 Seiten umfassende Gutachten wurde bereits am 24. November im Planungsausschuss des Kreis Wesel vorgestellt (wir berichteten). Die jetzige Vorstellung in Schermbeck durch die Bearbeiter machte akzentuierter deutlich, dass es im Umfeld des Mühlenberges einen großen Nachbesserungsbedarf im Bereich der technischen Einrichtungen zur Sickerwassererfassung und -ableitung gibt.

Es lägen Indizien vor, so Kerth, „dass bereits derzeit oder in überschaubarer Zukunft Sickerwasser aus der Tongrube in die offenen Randgräben außerhalb der Tongrube und in die grundwassergefüllten Feinsandlagen sowie eine Mergelbank innerhalb des Tons gelangen kann.“

Den Mitgliedern des Planungs- Umwelt- und Mobilitätsausschusses stellte Dr. Michael Kerth (vorne l.) in der Dreifach-Turnhalle sein Gutachten zum Gahlener Mühlenberg vor. Foto: Helmut Scheffler

Weitere Datenerhebung

Da die Datenlage keine abschließende Gefährdungsabschätzung ermöglicht, schlug Kerth eine weitere Datenerhebung vor, und zwar zur Überprüfung eines Sickerwasserübertritts in die Randgräben, zur Überprüfung der Oberflächenabdichtung und zur Überprüfung der Randabdichtung. Das Gutachten zeigt ein Reihe von Maßnahmenszenarien auf, wozu außer der Prüfung, Nachbesserung und Neuerrichtung der Oberflächen- und Randabdichtung auch eine Dichtwandumschließung der Verfüllung und eine horizontale Ringdränage gehören.

Als Überwachungsmaßnahmen schlug der Gutachter die Überprüfung des in den Randgräben ablaufenden Wassers sowie des Teichwassers an geeigneten Kontrollpunkten ebenso vor wie die weitere Errichtung neuer Messstellen. Wichtig sei es, die Überwachungsmaßnahmen regelmäßig durchzuführen und die Messergebnisse kontinuierlich durchzuführen.

Andere hochgiftige Materialien

Im zweiten Teil der Sitzung hatten die Ausschussmitglieder Gelegenheit, das Gutachten zu bewerten und den Vertretern der Behörden Fragen zu stellen oder Anregungen zu geben. Dr. Stefan Steinkühler (Grüne) bemängelte, dass vier durchgeführte Bohrungen viel zu wenig seien, zumal bekannt war, dass außer den Ölpellets noch andere hochgiftige Materialien in der ehemaligen Abgrabung der Firma Nottenkämper abgelagert wurden. Seinen grundsätzlichen Dank an die Ministerin ergänzte Steinkühler um die Feststellung, dass das Gutachten „letztlich nicht die Einlösung ihres Versprechens“ liefere.

Fehlende Abnahmeprotokolle

Manuel Schmidt (Die PARTEI) bemängelte fehlende Abnahmeprotokolle des Kreises Wesel für einzelne Bauabschnitte und die fehlenden Möglichkeiten der Schermbecker Politiker, an Entscheidungsprozessen beteiligt zu werden. Schmidt forderte die Herstellung besserer Deponiebedingungen „oder noch besser einen Abtransport samt Aufbereitung. Eine kostenoptimierte Flickschusterei darf keine Option sein.“ Bund und Land müssten alle Maßnahmen ergreifen, „die dieser mafiosen Struktur Rechnung tragen und die Verantwortlichen vollumfänglich gerne auch mit dem Privatvermögen zur Verantwortung ziehen.“

Florian Schanz (SPD) sorgte sich um Auswirkungen von kontaminiertem Wasser auf die Flora und die Fauna. „Es darf einfach nichts in die Umwelt gelangen“, erwiderte Gutachter Kerth.

Unstimmigkeiten

Ulrike Trick (Grüne) erinnerte an Unstimmigkeiten in der Frage des Umgangs mit dem Sickerwasser in den Jahren nach 1999, als die Aufsicht über die Deponie von der Bezirksregierung an den Kreis Wesel überging. Dem Gutachter sind im Rahmen seiner Arbeit keine entsprechenden Belege begegnet. Kein Verständnis zeigte Trick, dass sogar noch im Jahre 2017 eine erneute Erhöhung der Ablagerung im Gespräch stand. Alle Vertreter der anwesenden Behörden verwiesen darauf, dass es dafür in ihren Häusern nur Widerstand gegeben habe.

Klaus Roth (BfB) wollte vom Gutachter wissen, wer für die Kontrollen der Deponie eigentlich hätte verantwortlich sein müssen. „Es war nicht unsere Aufgabe, Verantwortungen zu überprüfen; wir sind Naturwissenschaftler und keine Kontrolleure“, stellte Kerth fest.

Beim Kreis geht alles drunter und drüber

Als Vorstandsmitglied des Kreises Wesel musste Helmut Czichy nicht nur von Klaus Roth als Kritik entgegennehmen: „Ich vermisse beim Kreis Wesel, dass er Fehler zugibt.“ „Beim Kreis geht alles drunter und drüber und es wird Zeit, dass Sie Fehler zugeben“, stellte auch Steinkühler fest und erhielt von den Besuchern auf der Tribüne Beifall.

Auf die Frage Egon Stuhldreiers an Czichy, wem er eigentlich noch vertraue, verwies Czichy ausweichend, aber vielsagend auf seine Frau, bevor er ergänzte: „Ich bin nicht glücklich, was da gelaufen ist.“ Dass es eine große Skepsis gegenüber der Aufsichtsbehörde gebe, sei verständlich.

Helmut Czichy. Foto: Helmut Scheffler

Als Leiter des Referates für Bodenschutz, Altlasten und Deponie im Ministerium für Umwelt stellte Professor Dr. Jens Utermann fest: „Verfüllungen dürfen grundsätzlich nur mit unbelastetem Material gefüllt werden.“

Seinen ausdrücklichen Dank an das Gahlener BürgerForum für den ausgeübten Druck verband Utermann mit der Versicherung: „Wir werden den weiteren Prozess intensiv begleiten, um gefährliche Ablagerungen zu verhindern.“ Utermann verwies auf einen inzwischen beim Kreis Wesel eingegangenen Erlass seines Hauses, der das weitere Vorgehen beschreibe.

Professor Dr. Jens Utermann, Foto: Helmut Scheffler

Intensivierung der Kontrollen

Auf eine Intensivierung der Kontrollen verwies auch Matthias Börger, der Hauptdezernent im Dezernat 52 (Abfallwirtschaft) bei der Bezirksregierung Düsseldorf. In Zukunft werde dem Kreis Wesel ein Gutachter zur Seite stehen, um den Kreis zu entlasten. „Hoffentlich wird ein Gutachter bestimmt, der nicht wieder abhängig ist vom Kreis Wesel“, wünschte Ulrike Trick und diesmal war der Beifall der Besucher auf der Tribüne noch größer.

Matthias Börger. Foto: Helmut Scheffler

„Das wird uns sicherlich noch öfter beschäftigen“, stellte der Ausschussvorsitzende Rainer Gardemann am Ende der über dreistündigen Beschäftigung mit dem Gahlener Mühlenberg fest. Helmut Scheffler

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.