Zur Erinnerung an Luthers musikalisches Wirken

Ein Konzert zum Reformations-Julibäum fand in der Schermbecker Ludgeruskirche statt

Schermbeck Was vor einem Menschenalter in Schermbeck völlig unmöglich gewesen wäre, das wurde anlässlich des 500-jährigen Reformations-Jubiläums Wirklichkeit. Das Konzert „Kontinuität und Neubeginn – Martin Luther und die Kirchenmusik“ fand wegen einer Restaurierung nicht in der evangelischen Georgskirche statt, sondern im Gotteshaus der Katholischen Kirchengemeinde St. Ludgerus.

Vom Ambo der Ludgeruskirche aus begrüßte Pastor Klaus Honermann die etwa 150 Christen beider Konfessionen, von denen viele aus Gemeinden des Evangelischen Kirchenkreises Wesel nach Schermbeck gekommen waren, weil das Konzert im Veranstaltungskatalog „500 Jahre Reformation, Veranstaltungen zum .Jubiläum im Kirchenkreis Wesel“ ausgewiesen war.

Für das Konzert konnte der Organisator Wolfgang Bornebusch, ehemaliger Pfarrer der Georgsgemeinde, das Vokalensemble der Studierenden der Bischöflichen Kirchenmusikschule Essen ebenso gewinnen konnte wie die Sopranistin Jennie Cassidy aus England und erstklassige Instrumentalisten, zu denen Adam Woolf (Posaune, Utrecht), Lambert Colson (Cornett, Brüssel), Dennis Götte (Laute, Hannover), Matthias Keidel (Saxofon, Mülheim), Rupert Schnitzler (Orgel, Mülheim) und Jörg Stephan Vogel (Orgelpositiv, Essen) gehörten.

„Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Fröhlichen traurig, die Verzagten herzhaft zu machen, denn die Musik“, so beschrieb Martin Luther ihre Kraft. Für Luther bedeutete die Musik eine Bereicherung seines Lebens. Schon als Schüler verdiente er seinen Unterhalt als Singknabe in Eisenach. Er war begeisterter Lautenspieler und spielte in einem Hausmusikkreis mit. Während seines Studiums in den Jahren 1501 bis 1505 war Musik ein Teilbereich seines Faches.

Brillante Instrumentalisten und Sänger gestalteten am Sonntag in der Ludgeruskirche das Konzert „Kontinuität und Neubeginn – Martin Luther und die Kirchenmusik“. Foto: Helmut Scheffler

Wie sehr Luthers Lieder die Verbreitung des reformatorischen Gedankengutes förderten, stellte Wolfgang Bornebusch in seinem einführenden Referat heraus. „Luther nahm sich die Freiheit, die Worte des Psalms in seine Gegenwart zu übersetzen und auszulegen“, stellte Bornebusch fest. Das habe in besonderer Weise für seine Vertonung des Psalms 46 gegolten, aus dem bei Luther die protestantische Hymne „Eine feste Burg ist unser Gott“ geworden sei.

„Luther machte aber nicht nur aus Psalmen Lieder“, berichtete Bornebusch, „in manchen seiner Lieder erzählt er biblische Geschichten nach.“ Die zehn Gebote habe er ebenso umgedichtet, ausgelegt und vertont wie das Glaubensbekenntnis..

„In vielen Fällen nahm Luther traditionelles, in der Regel lateinisches Liedgut, den gregorianischen Choral, und übertrug den Text in ein allgemeinverständliches Deutsch“, berichtete Bornebusch. Jeder Gottesdienstbesucher sollte verstehen, was er da sang. Die vorgegebenen Melodien habe Luther so verändert, dass sie den Rhythmus und Duktus der deutschen Sprache aufgenommen hätten.

Luther, so Bornebusch, habe Lieder aufgegriffen, die dem einfachen, häufig leseunkundigen Volk vertraut gewesen seien, Lieder, die man auf der Straße, auf den Märkten und in den Kneipen gesunden habe. Solchen Liedern habe er geistliche Texte unterlegt und so aus weltlichen Liedern geistliche geschaffen.

Bornebuschs Ausführungen erleichterten das Verständnis für die ausgewählten Musikstücke. Chor und Instrumentalisten begannen ihr 26-teiliges Konzert mit Orlando di Lassos Motette „Domine, exaudi orationem meam“ als ein Beispiel klassischer vokaler Polyphonie, bevor sie sich dem Psalm 117 widmeten und äußerst einfühlsam das Psalmlied „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ erklingen ließen.

Der vorreformatorische gregorianische Choral bot Luther Anregungen für Verdeutschungen und Heinrich Schütz für Vertonungen. Gleich sieben Beispiele für die mit geistlichen Texten hinterlegten weltlichen Lieder erklangen am Sonntag in der Ludgeruskirche.

Mit dem Kirchenlied „Eine feste Burg ist unser Gott“, dessen Text Luther an den Psalm 46 angelehnt hatte und dessen Melodie er auch geschaffen haben soll, und mit dem Bekenntnislied „Nun freut Euch lieben Christen g´mein“ endete das 75-minütige Konzert, dessen brillante Ausführung seitens der Sänger und Instrumentalisten am Ende mit stehendem Applaus quittiert wurde. H.Sch.

 

 

 

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Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.