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Wolfsübergriffe im Schermbeck: Auswirkungen auf die Schafzucht

Veröffentlicht am

Schafzüchter Erich Specht in Not. Foto: Petra Bosse

Zahlen und Fakten: Wölfe im Wolfsgebiet Schermbeck und die Auswirkungen auf die Schafhaltung. Erneuter Wolfsriss in Schermbeck am Freitag, 30. August.

Seit 2018 wurden im Wolfsgebiet Schermbeck 167 Schafsrisse durch Wölfe registriert.

Allein im Zeitraum vom 19. Juli bis 30. August 2024 kam es zu 16 Rissen, bei denen 37 Schafe getötet wurden. Fünf dieser Übergriffe ereigneten sich hinter den empfohlenen Herdenschutzzäunen. Der neue Riss ist der 3. Riss in Folge, 26. 7., 19.8. und 30.8.204.

Schaf-in-Schermbeck-gerissen
Der neuste Schafriss ereignete sich heute am Freitag in Schermbeck. Damit erhöht sich die Zahl der Wolfsrisse auf 16. Foto: Bürgerforum Gahlen Wolf.

Zunehmenden Übergriffe von Wölfen auf Schafherden

Im nordrhein-westfälischen Wolfsgebiet Schermbeck haben die in den letzten Jahren vermehrt aufgetretenen Übergriffe von Wölfen auf Schafherden zu erheblichen Spannungen zwischen Schäfern, Naturschutzverbänden und Politik geführt.

Betroffene Schafhalter aus dem Kreis Wesel, Christiane Rittmann, Erich Specht, Mike Dünow und Stefan Koch, hatten am Donnerstag zu einem Pressegespräch auf den Hof Specht in Gartrop-Bühl eingeladen (wir berichteten). Landespolitiker von SPD, CDU und FDP kamen auf den Hof, um über die Frage „Hat die Schafhaltung am Niederrhein noch eine Zukunft“ zu diskutieren.

Diskussion über Schafhaltung am Niederrhein mit Politikern von CDU, SPD und FDP bei Specht
Foto: Petra Bosse

Schafzucht Specht

Die Schafhaltung im Wolfsgebiet Schermbeck, Nordrhein-Westfalen, ist sowohl ökologisch wertvoll als auch wirtschaftlich bedeutsam. Die Schäferei Specht z.B. hält 130 Suffolk-Schafe und hat über 3,8 Kilometer Zäune errichtet, die mit rund 60.000 Euro gefördert wurden. Trotz dieser Bemühungen treten immer wieder Risse auf, was den Druck auf die Politik erhöht, wirksamere Maßnahmen zu ergreifen.

Schafe gerissen in den Lippeauen Gartrop-Bühl bei Specht
Schafzucht Specht bewirtschaftet 130 Schafe und hat über 3,8 Kilometer Zäune errichtet. Foto: Petra Bosse

Die Problematik der Entnahmeanträge

Bereits 2021 stellte der Schafhalter Opriel einen Entnahmeantrag für den Wolf GW954f, nachdem dieser mehrfach Schutzzäune überwunden und Schäden an Schafherden verursacht hatte. Der Antrag wurde jedoch sowohl vom Kreis Wesel als auch vom Verwaltungsgericht Düsseldorf abgelehnt. Man ging davon aus, dass alternative Schutzmaßnahmen ausreichend seien und Herdenschutzhunde eine mögliche Lösung bieten könnten.

Zweifel an der Wirksamkeit

Im Dezember 2023 wurde erneut ein Entnahmeantrag gestellt, diesmal von Umweltminister Oliver Krischer. Dieser Antrag wurde im Februar 2024 vom Oberverwaltungsgericht Münster abgelehnt, da Zweifel an der Wirksamkeit der empfohlenen Schutzmaßnahmen aufkamen. Es wurde festgestellt, dass der Wolf mehrfach die empfohlene Zaunhöhe von 120 cm überwunden hatte, was Fragen zur Wirksamkeit des „wolfsabweisenden Herdenschutzes“ aufwarf.

Gut gesicherte Schafe auf dem Hof Specht
Foto: Petra Bosse

Überarbeitung der Wolfsverordnung und Monitoring

Die Diskussion um den Schutz von Schafherden hat dazu geführt, dass die Wolfsverordnung in Nordrhein-Westfalen überarbeitet werden soll. Minister Krischer hat für Juli 2023 eine praxisnähere Regelung versprochen, um den Bedürfnissen der Schäfer besser gerecht zu werden. Ein zentrales Element dieser Novellierung ist das Monitoring der Wolfspopulation, das im Wolfsgebiet Schermbeck bisher nur unzureichend durchgeführt wurde. Fragen nach der genauen Anzahl der Wölfe und Rudel sowie nach einem möglichen Reproduktionsnachweis im Jahr 2024 sind bisher unbeantwortet.

Fragen und Kritik an Naturschutzverbänden und Politik

Schafhalter und ihre Verbände äußern zunehmend Kritik an Naturschutzorganisationen wie BUND und NABU. Insbesondere die Entscheidung des BUND, gegen den Abschuss von Wölfen zu klagen, wird von den Schäfern als Affront empfunden. Sie sehen in der Tötung ihrer Schafe durch Wölfe keinen Erfolg, sondern eine Bedrohung ihrer Existenz.

Wolfssicherer-Zaun-mit-Untergrabungsschutz
Auch dieser neue Zaun mit Untergrabungsschutz wurde problemlos vom Wolf bei einem jüngsten Riss übersprungen. Foto: Petra Bosse/Archiv

Zudem wird kritisiert, dass Fördermittel für den Bau von „wolfssicheren Zäunen“ nicht abgerufen werden. Dies stellt die Motivation der Schäfer in Frage, in solche Schutzmaßnahmen zu investieren, insbesondere wenn die Zäune den Wolf nicht effektiv abhalten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Folgen von Wolfsübergriffen allein vom Nutztierhalter getragen werden müssen.

Bedeutung der Schafzucht für die Region

Die Schafhaltung hat in der Region nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine ökologische Bedeutung. Schafe tragen zur Pflege von Naturschutzgebieten, Biotopen und Deichen bei. Mit dem Rückgang der Schafbestände durch Wolfsübergriffe und Krankheiten wie BTV3 kann jedoch auch die Qualität des Hochwasserschutzes leiden, da Maschinen diese Aufgabe nicht in gleicher Weise übernehmen können.

Um die Herausforderungen der Schafhaltung in Wolfsgebieten langfristig zu lösen, bedarf es einer klaren Strategie der Politik, die sowohl den Schutz der Wölfe als auch den Erhalt der Schafhaltung in Einklang bringt. Die Diskussion um die Überarbeitung des Wolfsmanagementplans und die mögliche Besenderung von Problemwölfen wie GW954f zeigt, dass ein wissenschaftlich fundierter Ansatz notwendig ist, um tragfähige Lösungen zu entwickeln.

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