Wie sehr das Thema Wolf polarisiert, zeigte sich erneut am Mittwochabend bei der zweiten Info-Veranstaltung vom LANUV in Hünxe.
15.11.2018
Hünxe. Rund 400 Besucher folgten der Einladung in die Aula der Gesamtschule. Der Podiumsdiskussion stellten sich Dr. Matthias Kaiser (LANUV), Britta Kraus von der Bezirksregierung Münster, Hubert Kaiser, MLNUV sowie LANUV Präsident Thomas Delschen
„Wir möchten versuchen, die Ängste der Bürger ernst zunehmen. Darüber hinaus verfolgen wir keine politischen Ziele, sondern wir haben die Aufgabe, Fakten zusammenzustellen“, sagte einleitend Dr. Thomas Delschen. Gleichzeitig betonte er, dass bei einer gewollten Wolfsansiedlung die Gesellschaft dafür Sorge tragen muss, dass die dadurch entstehenden Lasten auch verteilt werden.
Viele Fragen
Viele Menschen vor Ort sind teilweise seit einigen Wochen in große Sorgen und stellen sich die Frage, ob der Niederrhein mit Ausweitung Richtung Dämmerwald und Richtung Dorsten sich überhaupt als ausgewiesenes Wolfsrevier eignet. Die Stimmung war aufgeheizt, sowohl bei den Landwirten als auch bei den Nutztierhaltern. Viele Fragen standen am Abend an.
Sich gut auf diese Situation eingestellt hatten sich die Vertreter von LANUV. Im Gegensatz zu der ersten Informationsveranstaltung konnten viele Fragen beantwortet werden. Einige Fragen von betroffenen Nutztierhaltern blieben aber auch an diesem Abend offen.
Förderung und Präventionsmaßnahmen
Fakt ist, der Wolf fühlt sich in seinem Gebiet von 985 Quadratkilometer mit rund 40 Prozent Waldanteil im Naturparkhohe Mark West, Dämmerwald bis hin zur Herrlichkeit Lembeck wohl. Das führt dazu, dass besonders die Förderung für Präventionsmaßnahmen die Fragen waren, die den Nutztierhaltern derzeit unter den Nägeln brennt.
15.000 Euro Fördermittel in drei Jahren
Aktuell gibt es 80 Prozent an Fördermittel. Das entspricht in drei Jahren 15.000 Euro. Darin enthalten sind die Kosten für die Optimierungen und Neuanschaffungen von Schutzzäunen nebst Zubehör. Arbeitsleistungen sind nicht mit eingerechnet. Jetzt zeichnen sich Neuerungen ab. „Der Bund hat zum Ausdruck gebracht, diesen Betrag auf 100 Prozent zu erhöhen (30 000 Euro). „Auch das sei noch nicht viel. Wir werden deswegen jetzt prüfen, die Kosten, ohne Förderobergrenze festzusetzen. Das muss aber bei der EU angemeldet werden. Sobald diese Richtlinien durchkommen, haben wir mehr Möglichkeiten“, so Kaiser.
Nachgedacht werden soll auch zukünftig darüber, eine Pufferzone, um das ausgewiesene Wolfsgebiet zu legen. „Dazu sollen die Kriterien zeitnah erarbeitet werden, um früher handeln zu können, damit Wölfe erst gar nicht lernen, ins Gehege einzudringen“, so Hubert Kaiser, Leiter vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MLNUV). Sprich, Spezialisten sollen alles zum Thema Wolf, so Kaiser, frühzeitig und zeitnah erarbeiten, bevor „das Kind in den Brunnen gefallen ist“. Ebenfalls soll darüber nachgedacht werden, dass der Katalog der Tierarten, die gefördert werden, erweitert wird.
Hitzige Diskussions
Teilweise hitzig ging es bei der anschließenden Diskussionsrunde zu. Im Vorfeld bat Thomas Delschen um einen freundlichen Umgangston. „Das Thema lädt zu Emotionen ein, eine gute Sitte aber unter Demokraten ist es, sich zu streiten und sich mit unterschiedlichen Sichtweisen auszutauschen“.
Die erste Frage einer Besucherin, ob sich hier ein großes Wolfsrudel ansiedeln könnte, wurde von Ingrid Hucht-Ciorga (LANUV) beantwortet: „Ein Rudel beansprucht in der Regel etwa 200 Quadratkilometer Fläche. Deshalb ist sehr unwahrscheinlich, dass es hier zu einer verstärkten Ansiedlung kommt“.
Während im Hintergrund die Wolfsbefürworter Sätze wie „typisch Deutsch. Die wollen sich alles bezahlen lassen“, oder, „in anderen Ländern ist das alles nicht so kompliziert“ zu hören waren, haben einige Besucher, Nutztierhalter und Landwirte ganz andere Sorgen.
Sie haben nicht nur Angst um ihre Tiere, sondern sorgen sich auch vor einer Begegnung mit dem Wolf. „Wie sicher ist es, dass der Wolf mich nicht angreift, wenn ich ihm begegnet“, lautete eine Frage aus dem Publikum.
24 Stunden neben Hauptberuf
Ein Landwirt aus dem Weseler Wald berichtete von enorm hohen Kosten für Schutzzäune und erheblichen eigenen Arbeitseinsatz. „Ich sehe nicht ein, dass ich 24 Stunden, neben meiner Arbeit noch damit beschäftigt sein muss, meine Weide vor dem Wolf zu sichern. Es kann nicht sein, dass ich meine Tiere und meine Familie hinter den Wolf stelle“.
Eine weitere Schäferin drückte ihr Bedauern darüber aus, dass sie heute ihre Kinder nicht mehr zum Schafhüten auf die Wiese schicken kann.
Der Wolf bleibt ein Wildtier
Eine Hobbyschäferin aus Raesfeld erzählte mit Tränen in den Augen, dass sie jedes ihrer 50 von der Hand aufgezogenen Tiere liebe. „Jeden Tag habe ich Angst, dass ich eines oder mehrere Tiere angefressene oder tot auf der Wiese liegen sehe“.
„Der Wolf bleibt ein Wildtier. Würden sie ihre Kinder dort spielen lassen, wo vor kurzen zehn Damwild gerissen wurde?“, laute eine weitere Frage einer besorgten Mutter.
Wolfsbefürworter unterstrichen wiederum, dass das Thema vom bösen Wolf völlig hoch geputscht werde. „Rotkäppchen gibt es nicht“.
Der Wolf kommt einfach, wir haben ihn nicht eingeladen
Zitat: Thomas Delschen
Jürgen Höchst aus Gahlen wollte wissen, ob durch ein Monitoring nicht schneller entschieden werden kann, ob ein Wolf auffällig sei oder nicht und: „Ist es überhaupt sinnvoll, Wölfe in ein dicht besiedeltes Land wie den Kreis Wesel zu lassen?“.
Dafür bekam er lautstarken Applaus. Die Antwort darauf von Delschen lautete: „Der Wolf kommt einfach. Wir haben ihn nicht eingeladen“.
Viele Fragen sind an diesem Abend erneut offengeblieben. Ob bei Wolfsbefürworter oder Gegner. Grund für Thomas Delschen, erneut weitere Termine hinsichtlich Wolf in Schermbeck festzusetzen. Wichtig sei aber auch, so Delschen, dass Beobachtungen und besondere Ereignisse dem LANUV mitgeteilt werden.
Petra Bosse