Stellungnahme der Bürgerinitiative zu: Zwei Grundschulen

Grundschulen: „Bürger sollten angesichts leerer Kassen mitentscheiden dürfen“

Stellungnahme der Bürgerinitiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“

Mit ihrer Empfehlung an die Ratsmitglieder, das Bürgerbegehren der Bürgerinitiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ zurückzuweisen, will die Gemeindeverwaltung offenbar weiterhin konsequent verhindern, dass die Schermbecker Bürger über die wichtige Frage der Grundschulstandorte mitentscheiden dürfen.

Stellungnahme der Bürgerinitiative
BU Plakette: Erst vor wenigen Jahren hat die Gemeinde Fördergelder in erste Sanierungen der Grundschulen gesteckt. Die Bürgerinitiative möchte, dass weiterhin – wie auch in Dorsten – Fördergelder die schrittweise Sanierung der Grundschulen vorantreiben, statt diese abzureißen. Foto: Privat

Vor allem vor dem Hintergrund der hohen Verschuldung und der leeren Kassen in Schermbeck ist das unverständlich. Der Haushaltsentwurf für 2020 weist ein Defizit in Höhe von 2,2 Mio. Euro auf.

Mit diesem Ergebnis ist der für spätestens 2023 nach dem Haushaltsicherungskonzept zwingend erforderliche Haushaltsausgleich nicht realisierbar – das ist die bittere Wahrheit. Einziger Ausweg: Die Bürger stärker zur Kasse zu bitten. Genau diesen Weg scheint die Schermbecker Verwaltung beschreiten zu wollen. Bereits jetzt plant die Verwaltung, die Grundsteuer im Jahr 2023 zu erhöhen, um für den notwendigen Haushaltsausgleich nicht sparen zu müssen.

Zur Erinnerung: Die Grundsteuer ist von Mietern und Eigentümern und damit von allen Schermbecker Bürgern zu bezahlen. Laufen die Finanzen in Schermbecker weiter aus dem Ruder, sind die nächsten Erhöhungen der Grundsteuer nur eine Frage der Zeit. Damit wird Schermbeck bestimmt nicht familien- und seniorenfreundlicher. Denn Wohnen wird mit steigender Grundsteuer immer teurer in Schermbeck.  

Bürger zahlen kostspielige „Neubaulösung“

Wenn man in dieser Situation plant, teilweise gerade einmal zehn Jahre alte und noch vor wenigen Jahren mit Fördergeldern sanierte Grundschulgebäude ohne Not und erkennbaren Grund abzureißen, erscheint diese Wertvernichtung bereits widersinnig. Strebt man dann aber im Zuge einer Zusammenlegung der beiden Grundschulen noch eine wie auch immer geartete „Neubaulösung“ an, sollte man nach Ansicht der Bürgerinitiative spätestens dann den Schermbeckern die Möglichkeit geben, darüber mitzuentscheiden. Die Bürger bezahlen diese kostspieligen Planungen schließlich am Ende. Und ob der Bau einer großen Grundschule letztlich 15, 20 oder gar 30 Mio. Euro verschlingt, ist keinesfalls klar. Die Baukosten steigen – Beispiele für Projekte der öffentlichen Hand, die am Ende günstiger als veranschlagt waren, sucht man jedenfalls vergebens.

Fragestellung ist unmissverständlich

In der Fragestellung ist das Bürgerbegehren unmissverständlich formuliert: „Sind Sie für den Erhalt des Hauptstandortes (Weseler Straße) und des Teilstandortes (Schienebergstege) der örtlichen Gemeinschaftsgrundschule in der derzeitigen Form unter Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses aus der Sitzung vom 09.10.2019?“

Die Gemeinde kritisiert die Formulierung „derzeitige Form“ als missverständlich. Hier kann es aber nach normalem Menschenverstand kein Missverständnis geben. „Derzeitige Form“ heißt: So wie jetzt vorhanden und genutzt. Genutzt von Schülerinnen und Schülern, die mit ihren Schulen zufrieden sind und diese toll finden – so wie auch die meisten ihrer Eltern, die ebenfalls die Abrisswut des Bürgermeisters nicht verstehen können.

Eltern entscheiden sich in der Regel bewusst für einen Standort – bei der ehemaligen Maximilian-Kolbe-Schule etwa wegen der zentralen Lage und der sicheren Zuwegung aus allen Richtungen Schermbecks. „Derzeitige Form“ heißt, dass Unterzeichner sich für den Erhalt der beiden vorhandenen Standorte in der seit vielen Jahren bewährten Beschaffenheit aussprechen.

Schulplaner raten von Investitionen in neue Flächen ab

Die Bürgerinitiative stützt sich hier insbesondere auf die Aussagen des Schulentwicklungsplans der Gemeinde Schermbeck, verfasst von den Schulplanungsexperten von biregio: „Wenn über den bisherigen Stand des Ganztags sowie über heutige moderne pädagogische Arbeitsformen in den Grundschulen der Gemeinde Schermbeck hinaus markante Anpassungsschritte notwendig werden, können für diese in der Regel Räume aus dem Bestand akquiriert werden, was teuren Zubauten und dem Invest in neue Flächen vorzuziehen wäre. Das bedeutet, dass auch bei einer deutlichen Zunahme nach OGS-Plätzen in den beiden Grundschulen, diese den Bedarf aus dem Bestand bereitstellen können, insbesondere im Hinblick auf die in den letzten Jahren gesunkene Schüler- und Klassenzahl. Zudem wurde seit Fertigstellung des letzten Schulentwicklungsplans an der Maximilian-Kolbe-Schule ein weiterer Ganztagsraum eingerichtet.“

Leider hat man die Schulexperten von biregio in der Grundschuldebatte nicht mehr Gehör geschenkt und stattdessen bei einem Architekten, der von der Schulplanung nach eigenen Aussagen nichts versteht, ein teures Gutachten bestellt: die unglückliche und wegen offenkundiger Unzulänglichkeiten mehrfach überarbeitete, aber immer noch mangelhafte „Machbarkeitsstudie“.

Der Ausschluss der erfahrenen Schulentwickler aus der Diskussion ist nicht verwunderlich: Die Experten hätten die beiden Grundschulen wohl erneut für gut genug befunden, den heutigen und zukünftigen Anforderungen im Schulalltag zu genügen. Keine andere Gemeinde in Deutschland würde vermutlich überhaupt auf den Gedanken kommen, derart gut erhaltene und werthaltige Gebäude dem Erdboden gleich machen zu wollen.

Kostenschätzung nicht notwendig

Auf das in der „Machbarkeitsstudie“ völlig willkürlich hergeleitete, nicht valide Zahlenwerk basiert seitdem in Kostenfragen die Argumentation der Verwaltung – und ebenso die an die Bürgerinitiative übermittelte Kostenschätzung. Die Kostenschätzung der Verwaltung ist aus Sicht der Bürgerinitiative überflüssig und fehlerhaft, weil sie sich gar nicht auf die Fragestellung bezieht. Der Erhalt der Grundschulen in der „derzeitigen Form“ löst keine Mehrkosten aus, sondern spart erhebliche Kosten gegenüber dem am 9. Oktober 2019 gefassten Ratsbeschluss, den das Bürgerbegehren aufzuheben gedenkt.

Eine detaillierte Aufführung von Kosten ist bei Bürgerbegehren nicht notwendig, wenn die geforderte Realisierung kein Geld kostet, preiswerter als die beschlossene Lösung ausfällt oder gar der komplette Verzicht einer Maßnahme gefordert ist. Im Fall des Bürgerbegehrens ist mit dem Erhalt der Grundschulen in der „derzeitigen Form“ der Verzicht auf eine Zusammenlegung und einen damit verbundenen, wie auch immer im Detail gestalteten Neubau gemeint.

Ersparnis: Schätzungsweise 15 bis 30 Mio. Euro. Notwendig wäre dagegen eine detaillierte Kostenschätzung beispielsweise bei Bürgerbegehren, die von einer Gemeinde etwa den Bau eines neuen Hallenbads oder einer Bücherei verlangen. Natürlich haben die Initiatoren eines solchen Bürgerbegehrens dann die möglichen Mehrbelastungen für den Haushalt der Kommune darzulegen, um Unterzeichner ausreichend zu informieren.

Bei dem Bürgerbegehren der Initiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ ist jedoch klar erkennbar: Hier ist der Verzicht einer kostspieligen Maßnahme gewünscht, es fallen bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid keine Mehrkosten gegenüber der bereits beschlossenen Maßnahme an, sondern es werden vielmehr hohe Kosten verhindert.  

Kostenschätzung der Gemeinde am Thema vorbei

Die Verwaltung hat neben exorbitanten Sanierungskosten jährliche Betriebskosten und Kosten für die Miete von Containern in ihrer Kostenschätzung angegeben. Das geht völlig an der Fragestellung und am beabsichtigten Ziel des Bürgerbegehrens vorbei. Beim Erhalt in der „derzeitigen Form“ steigen weder die Betriebskosten noch sieht die Bürgerinitiative die Notwendigkeit, Schüler für eineinhalb Jahre in Container zu verlagern, um umfassende Umbauten an den Gebäuden vorzunehmen. Selbst der Gutachter der „Machbarkeitsstudie“ bescheinigt – in Übereinstimmung mit den Schulexperten von biregio – einen guten Zustand der Gebäude.

Sanierungen und Maßnahmen zur Digitalisierung der Gebäude lassen sich – wie in den vergangenen Sommerferien in Dorsten an zahlreichen Schulen geschehen – während der unterrichtsfreien Ferien umsetzen. Hierfür sind keine Container für Monate oder gar Jahre notwendig. Schrittweise Sanierungen, wie sie in Dorsten erfolgt sind, sind im Übrigen auch mit Fördergeldern möglich, sodass auch hier keine zusätzlichen Kosten für den Haushalt und damit für die Schermbecker Bürger entstehen.

Zwei Grundschulen in Schermbeck
Erst vor wenigen Jahren hat die Gemeinde Fördergelder in erste Sanierungen der Grundschulen gesteckt. Die Bürgerinitiative möchte, dass weiterhin – wie auch in Dorsten – Fördergelder die schrittweise Sanierung der Grundschulen vorantreiben, statt diese abzureißen. Foto: Privat

Bürgermeister spricht selbst von „Neubaulösung“

Ferner argumentiert die Verwaltung, „tragende Elemente der Begründung“ seien unrichtig und bezieht sich dabei auf den Beschluss vom 9. Oktober 2019. Es sei kein Neubau beschlossen worden, sondern der Prüfauftrag, inwiefern Teile der vorhandenen Gemeinschaftsgrundschule bei einer Zusammenlegung verwendet werden könnten. Ändert die spitzfindige Wortklauberei hier irgendetwas am Sachverhalt, wenn geprüft wird, wie ein Neubau aussehen könnte? Bürgermeister Mike Rexforth erläuterte bei Facebook bereits selbst, was unter dieser von ihm so bezeichneten „Neubaulösung“ zu verstehen ist: „… bis auf einen möglichen Erhalt des Pavillon soll alles neu kommen, inclusive Neubau einer Zweifachsporthalle, OGS, Mensa, Schulhof, Aussengelände, Parkraum“.

Auf Nachfrage, ob der Erhalt der Fassade nicht auch beschlossen worden sei, erwiderte Rexforth: „Stimmt, aber mit einem Prüfauftrag in wie weit das äußere Erscheinungsbild der GGS sich in der Neubaulösung wiederfinden könnte!“

Der Bürgermeister spricht also selbst öffentlich von einer „Neubaulösung“, die beschlossen worden sei, kritisiert aber die Begründung der Fragestellung in dem Bürgerbegehren, die von einer Zusammenlegung und einem angestrebten Neubau der Gemeinschaftsgrundschule Schermbeck spricht. Nichts an der Formulierung ist unrichtig. Es geht, wie Bürgermeister Rexforth selbst erläutert hat, im Beschluss um eine „Neubaulösung“. Dass kleine Teilelemente der heutigen GGS theoretisch – nach Prüfung – erhalten bleiben könnten, ändert nichts an dem insgesamt richtungsweisenden Beschluss, bei Schulen zusammenzulegen und eine neue große Grundschule am Standort der GGS realisieren zu wollen.

Rat kann „Ratsbürgerentscheid“ einleiten

Die Bürgerinitiative bleibt dabei: Bei einer so richtungsweisenden und kostspieligen Entscheidung wie der Zusammenlegung der beiden Grundschulen zu einer großen Grundschule sollten alle Schermbecker Bürger mit einem Bürgerentscheid mitentscheiden dürfen. Deshalb kann der Rat der Gemeinde Schermbeck auch beschließen, selbst einen „Ratsbürgerentscheid“ in der Sache durchzuführen. Damit kann er anstreben, sich den vollen Rückhalt der Bürger zu sichern, statt die Meinung großer Teile der Bürgerschaft weiter zu ignorieren. Eine Entscheidung, die alle Bürger Schermbecks einbezieht, würde anschließend mit Sicherheit auch die breite Akzeptanz der Bürger finden und einen Konsens schaffen – und das wäre wichtig für das aktuelle und zukünftige politische Klima in Schermbeck.

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