Gestern fand der erste Spatenstich für die „Neue Wildnis Dämmerwald“ statt
Kalten November-Dauerregen steuerte Petrus gestern Nachmittag zur kleinen Feierstunde im Weselerwald bei.
In diesem westlichen Teil des 1500 Hektar großen Staatsforstes Dämmerwald fand der erste Spatenstich für den Naturerlebnispfad „Neue Wildnis Dämmerwald“ statt.
Bürgermeister Mike Rexforth und Andreas Wiebe, der Leiter des Landesbetriebes Wald und Holz NRW, stellten die bisherige Planungsphase vor, bei deren Realisierung, so Rexforth, es gar nicht so leicht gewesen sei, die Kuh vom Eis zu bringen.
Bereits seit 2009 wurden im landeseigenen Wald in Nordrhein-Westfalen rund 100 ausgewählte Waldbestände als Wildentwicklungsgebiete ausgewiesen, in denen keine Holznutzung mehr stattfindet.
Wildnisgebiet
Diese Waldflächen sollen sich künftig ohne menschliche Eingriffe zu Urwäldern von morgen entwickeln. Auch im Dämmerwald wurde ein 128 Hektar großes Gebiet ausgewiesen, das der natürlichen Entwicklung überlassen wird. Der Dämmerwald ist einer der letzten größeren, unzerschnittenen Waldbestände in der Region. Alte, höhlenreiche Eichen- und Buchenwälder sind charakteristisch für dieses Waldgebiet. Durch das Wildnisgebiet soll den Arten mehr Lebensraum zur Verfügung gestellt werden.
Das begonnene Projekt, das in der Zusammenarbeit von Gemeinde Schermbeck und „Wald und Holz NRW“ entwickelt wird, ist ein Teil des Gesamtprojektes „WALDband“ der Regionale 2016 im Förderzeitraum 2014 bis 2020.
Regionalforstamtes Niederrhein
Der gemeindliche Haupt- und Finanzausschuss hatte am 5. April 2016 beschlossen, sich an dem Projekt zu beteiligen. Das fiel umso leichter, nachdem Otto Pöll als Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein zugesichert hatte, dass „Wald und Holz NRW“ den zehnprozentigen finanziellen Eigenanteil übernehmen werde, den die Gemeinde Schermbeck eigentlich hätte aufbringen müssen. Den Hauptteil der Gesamtkosten in Höhe von 380 000 Euro trägt mit 60 Prozent das europäische LEADER-Programm.
Sechs Wildnisfenster
Vorgesehen ist ein Wildentwicklungsgebiet, das auf einem 2,6 Kilometer langen Wildnisweg durchquert werden kann. Ausgangspunkt ist der Wanderparkplatz Teufelsstein im Schermbecker Ortsteil Weselerwald. Auf dem Wildnisweg sollen sechs Wildnisfenster und eine Wildnisstation angelegt werden. Dabei wird Wert auf die Darstellung der Entwicklungsphasen, der Wildnisstrukturen und der Tierspuren gelegt. Als Kommunikationsinstrumente werden eine Internetseite, eine Wildnis-App und ein Wildnis-Flyer sowie Projektmaterial für Schulklassen und ein pädagogischer Leitfaden für Führungen entwickelt.
Wildnisstation
In der ersten Bauphase wird der vorhandene Wanderweg so instand gesetzt, dass er möglichst barrierearm durch die „Neue Wildnis“ führt. Inzwischen wurde eine in die Jahre gekommene Grillhütte zurückgebaut. Dort wird künftig eine „Wildnisstation“ entstehen, an der die Wildnisentwicklung und biologische Vielfalt greifbar gemacht werden. Die neue Infostelle schafft Verknüpfungen zur Wildnisentwicklung und dient auch als Treff- und Austauschpunkt für Gruppen und Führungen.
Führungen anbieten können
Für die Gemeinde Schermbeck hat das Projekt noch eine besondere Bedeutung. „Gemeinsam mit den Projektbeteiligten und den touristischen Partnern in Schermbeck und der Region werden wir das neue Angebot in die Öffentlichkeit tragen und es multiplizieren“, kündigte Bürgermeister Rexforth gestern an und fügte hinzu, „Schulen und Bildungsstätten werden zu Besuchen animiert. Unsere Naturparkführer werden nach Fertigstellung Führungen anbieten können.“ Förster Hans-Toni Jaeger werde eingebunden.
Die Gemeinde werde sich bemühen Pauschalprogramme anzubieten, in welche die „Neue Wildnis“ eingebunden werden könne.
„Dabei denke ich“, so Rexforth, „zum Beispiel an das Otto-Pankok-Museum, das Café Lühlerheide oder an das Dorf Marienthal in unserer Nachbarschaft.“ Die „Neue Wildnis“ werde ein weiterer Erlebnisbaustein der Region werden.
Für die Möglichkeit der Realisierung eines solch attraktiven Projektes dankte Rexforth dem Leiter des Regionalforstamtes Niederrhein, Otto Pöll, ebenso wie dessen Kollegin Caroline Schlechter, die das Fachgebiet Hoheit leitet, dem gemeindlichen Wirtschaftsförderer Friedhelm Koch und dem Planungsbüro „cognitio“ aus dem nordhessischen Niedenstein.
Die Bauausführung haben Mitarbeiter der Dorstener Firma „Eckhard Vornbrock Garten- und Landschaftsbau GmbH“ übernommen. Die Kooperationspartner zeigten sich gestern zuversichtlich, dass die bereits vor drei Wochen begonnenen Arbeiten zügig voranschreiten und der Erlebnisweg im Frühsommer 2018 eröffnet werden kann. H. Scheffler