Schermbecker Gesamtschüler erwiesen sich an zwei Abenden als brillante Schauspieler
Tosender Applaus am Ende einer dreistündigen Theateraufführung in der Aula der Gesamtschule und die Versicherung „ihr seid über euch hinausgewachsen“ von Lehrerin Anna Zurhusen waren verdiente Belohnungen für den Projektkurs Theater der Q 2.
16 Schauspieler trugen ebenso zur beeindruckenden Aufführung von Dale Wassermans Theaterstück „Einer flog über das Kuckucksnest“ bei wie das begleitende Organisationsteam, das sich um die Kostüme und Masken, um den Bühnenbau und die Requisiten, um Licht und Technik, um Werbung und das Catering in der Pause in der Mensa kümmerte und dabei von weiteren Mitgliedern der Jahrgangsstufe unterstützt wurde.
Eine unterhaltsame Kafka-Revue und eine moderne Inszenierung von Goethes „Faust“ waren die Alternativen, welche die beiden Lehrerinnen Safiye Aydin und Anna Zurhusen dem Projektkurs Theater bereits vor den Sommerferien zur Auswahl angeboten hatten. Der Kurs entschied sich für das Psycho-Drama „Einer flog über das Kuckucksnest“, das Ken Kesey als gleichnamigen Roman im Jahre 1962 erstmals vorstellte und das dreizehn Jahre später von MiloŠ so brillant verfilmt wurde, dass der Film mit fünf Oscars ausgezeichnet wurde. Das spannungsgeladene Verhältnis zwischen der Sehnsucht von Menschen nach individueller Freiheit und dem Eingebundensein in kaum überwindbare bestehende Ordnungsstrukturen reizte die Abiturienten in spe.
Mit den wöchentlichen Proben wurde nach den Sommerferien begonnen. In der Endphase verdichteten sich die Proben und am Tag vor der Premiere stand sogar noch eine 15-stündige Marathon-Probe an. „Wir waren alle sehr aufgeregt“, kennzeichnete Tom Schwerthöffer am Freitagabend in der Rückschau das Gefühl der Gruppe. „Durch das Theaterspielen sind wir alle zusammengewachsen“, beschrieb Johanna Berning die positive gruppendynamische Entwicklung während der Proben.
Die gesamte Handlung spielte sich in einer psychiatrischen Station ab. In diesem „Kuckucksnest“ sorgt die unnahbare, machtbesessene und sadistische Oberschwester Ratched (Mara Waschilewski) mit unerbittlichem Regiment für Ordnung unter den Patienten. In diese Welt einer gedrillten Ordnung kommt Unruhe, als eines Tages der rebellische Randle McMurphy (Tom Schwerthöffer, 1. Akt; Til Drescher, 2. Akt) eingeliefert wird. Eigentlich hätte Murphy, der unehrenhaft aus der Armee entlassen wurde, wegen Sex mit einer Minderjährigen, wegen Gewalttätigkeiten und wegen permanenten illegalen Wettspiels eine längere Gefängnisstrafe absitzen müssen. Doch es gelingt ihm durch Simulation einer Krankheit, dem Arbeitsdienst im Gefängnis zu entgehen und stattdessen in die Psychiatrie überwiesen zu werden.
Auf der Station lernt Murphy Patienten kennen, deren Alltag darin besteht, regelmäßig ein Quantum Tabletten abzuholen und einzunehmen oder durch Elektroschocks ruhig gestellt zu werden. Er begegnet in den täglichen Gruppentherapiestunden dem Patienten Harding (Leonie Tammen), der stets glaubt, seine Frau würde ihn sexuell betrügen, dem rauchsüchtigen Charly Cheswick (Janis Ihnen), dem stotternden Billy Bibbit (Alicia Theis), dem introvertierten Scanlon (Till Goeke), dem fortwährend grinsenden Martini (Torben Weeffers) und dem angeblich taubstummen Häuptling Bromden (Ali Cem Topalak).
McMurphy verweigert strikt die Anpassung an die starre Ordnung der Anstalt und beginnt mit der Organisation von Geldspielen und Wetten. Dabei erntet er die Sympathien des Technikers Turtle (Claudius Mertes), der Schwester Flinn (Elena Marienbohm) und der beiden Pflegerinnen Warren (Nadja Gnodtke) und Williams (Elisabeth Böckenhoff), die aber allesamt letztendlich überzeugt sind, dass McMurphy die Stationsordnung nicht auflösen kann.
McMurphy treibt seinen Protest auf die Spitze, als er den Bus der Anstalt in Beschlag nimmt, mit den Patienten ans Meer fährt und ihnen dort die Möglichkeit eröffnet Boot zu fahren, während er selbst mit seiner alten Bekannten Candy Starr (Alena Stephan) Sex genießt.
Dr. Spivey (Johanna Berning) und Schwester Ratched stufen McMurphy als gefährlich ein und als er am Tag vor seiner geplanten Flucht auf der Station ein Trinkgelage mit angeknüpfter Sexparty organisiert, wird McMurphy einer Lobotomie unterzogen. Dabei sollen bei ihm mit langen Nadeln und einer scharfen Klinge im Rahmen einer Gehirnoperation psychische Erkrankungen beseitigt werden.
Die Operation misslingt und als Häuptling Bromden, mit dem sich Murphy angefreundet hatte, erkennt, dass jener einen schweren Gehirnschaden erlitten hat, erstickt er ihn mit einem Kissen und flieht aus der Anstalt.
Es waren die Übertreibungen und die auf Lacheffekte zielenden Dialoge und Handlungen, welche dem zum Weinen geeigneten Irrsinn der Bühnenhandlung die Schärfe nahm und das Publikum wiederholt zum Lachen ermunterte. H.Scheffler