Ohrfeigen halfen bei der Erziehung

Ehemalige Schüler der katholischen Altschermbecker Volksschule feierten ihre 50-jährige Entlassung

39 Jungen und Mädchen der katholischen Volksschule in Altschermbeck wurden in den Jahren 1965 und 1966 von Lehrer Bruno Loewenau entlassen. 24 dieser Entlassschüler, die von Johannes Schlebusch, Bernhard Hörning, Georg Prost, Theo Breil und Hermann Keller eingeladen wurden, kamen in die Gaststätte Overkämping zu einer fröhlichen Wiedersehensfeier, die mit einem Sektempfang eröffnet wurde.

„Och, da bin ich ja“, freute sich Ingrid Tasse, als sie sich auf einem Foto aus den 1960er-Jahren wiederentdeckte. Mehrere Ehemalige hatten Fotos aus der gemeinsamen Schulzeit mitgebracht. Anhand dieser Fotos wurden in geselliger Runde Erinnerungen wach gerufen an die gemeinsame Schulzeit im Altschermbecker „Starenkasten“, an die Einschulung durch Lehrer Josef Gotzhein, an die Holzbänke mit integrierten Tintenfässern im Klassenraum, dessen Ofen noch von den Schülern gestocht werden musste, an die Lehrerin Änneken Baumeister, die eine Spezialistin für Handarbeiten war, und an die Entlassfeier, die im Hotel „Zur Linde“ stattfand. Unvergessen blieb auch jener Klassenkamerad, der im fünften Schuljahr noch am Daumen lutschte.

Die Schulzeit der Schüler bestand vor einem halben Jahrhundert nicht nur aus Lob. Tadel gehörte zur Tagesordnung und Mängel in der Fähigkeit, halbwegs konzentriert dem Unterrichtsablauf zu folgen, wurden bisweilen sogar mit Schlägen auf die Finger oder mit einer Ohrfeige geahndet. Einer der Lehrer hat sich wegen seiner übertriebenen Handhabung körperlicher Strafen als „Stacho“ in die Erinnerung der Ehemaligen eingeprägt.

Ausflüge zum Hermanns-Denkmal und zur Adlerwarte nach Billerbeck bedeuteten ganz besondere Höhepunkte im schulischen Alltag, zumal normalerweise der Dämmerwald und die Uefter Mark als Ziele für Wandertage gewählt wurden. Auf die Wanderungen zum Elternhaus der Lehrerin Martha Rammrath in der Lippeaue freuten sich die Kinder immer ganz besonders, weil es dort sogar Sinalco zu trinken gab. Ab und zu gingen die Kinder mit Lehrer Gotzhein zum Pilzesammeln. Einige Schüler konnten sich daran erinnern, dass die Hausaufgaben entfielen, wenn sich die Kinder am Kartoffellesen beteiligten.

„Wir waren die einzige Klasse, die nicht in Exerzitien fuhren und auch nicht zum Schwimmen gingen“, bedauerte Rudi Schumann aus dem Jahrgang 1966 in der Rückschau. 50 Jahre vorher waren er und seine Mitschüler heilfroh, dass sie statt in Exerzitien mit dem damals noch jungen Pastor Anton Benning nach Hoxfeld fuhren und dort im Gartenhaus mit reichlich Spökskes übernachten durften.

In der oberen Etage des heutigen Gerätehauses des Löschzuges Altschermbeck (im Hintergrund) beendeten die Entlassschüler der Jahrgänge 1965 und 1966 ihre Schulzeit in der damaligen Altschermbecker Volksschule. Foto: Helmut Scheffler
In der oberen Etage des heutigen Gerätehauses des Löschzuges Altschermbeck (im Hintergrund) beendeten die Entlassschüler der Jahrgänge 1965 und 1966 ihre Schulzeit in der damaligen Altschermbecker Volksschule. Foto: Helmut Scheffler

Von wegen Sexualkunde! „Wir erfuhren höchstens, dass es zweierlei Geschlechter gab“, erinnert Johannes Schlebusch an Zeiten, in denen man ohne Eltern, Lehrer und Fernsehen den Geheimnissen unterschiedlicher Geschlechter auf die Spur kommen musste und es irgendwie auch schaffte.

Im Rahmen der jetzigen Wiedersehensfeier gingen die Ehemaligen noch einmal zu ihrer ehemaligen Schule, bevor sie sich an der benachbarten Gesamtschule vom Schulleiter Norbert Hohmann im Rahmen des Vortrags „Gesamtschule Schermbeck – eine Schule für alle Kinder“ über eine Schulform informieren ließen, die es in der eigenen Schulzeit ebenso wenig gab wie die Hauptschule Altschermbeck als eine Nachfolgerin der Volksschule. Zur Begrüßung läutete Hohmann mit jener Glocke, die im Schulkeller gefunden wurde und vor 50 Jahren in der Volksschule benutzt wurde.

Das Klassentreffen endete mit einem gemeinsamen Abendessen bei Overkämping. H.Sch.

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.