Gefährlicher Abfall lagert noch immer in Gahlen

Die vier Schermbecker Ratsfraktionen bewerten den Ölpellets-Skandal

Die Staatsanwaltschaft Bochum informierte den Kreis Wesel am 4. Februar 2015 über die Einlagerung von Ölpellets in der Ablagerung „Mühlenberg“ der Firma Nottenkämper. Drei Jahre sind inzwischen vorüber. In zwei getrennten Strafprozessen wird seit drei Jahren am Landgericht in Bochum versucht, den Schuldigen für die illegale Deponierung zu ermitteln.

Während dieser Zeit hat sich der Kreis Wesel ebenso bedeckt gehalten wie die Bezirksregierung in Münster. Wer den Prozess gegen den Abfallmakler H. verfolgt hat, wundert sich nicht mehr über die Zurückhaltung der beiden Behörden, denn in zunehmenden Maße werden vor Gericht Beweise vorgelegt, dass die Behörden ihrer Kontrollaufgabe nicht im erforderlichen Maße gerecht wurden.

Im Schermbecker Rathaus herrscht in puncto illegale Ablagerung zumindest nach außen hin absolute Funkstille. Lediglich fast alle Gahlener Ratsmitglieder haken im Gahlener BürgerForum unermüdlich nach, um zu verhindern, dass der extrem gefährliche Abfall im Gahlener Heisterkamp liegen bleibt, wie es der Kreis Wesel schon vor einiger Zeit festgestellt hat. Nach drei Jahren haben wir deshalb jetzt die Schermbecker Ratsfraktionen um eine Stellungnahme zu dem Problem gebeten. Alle vier Ratsfraktionen haben geantwortet.

Klaus Schetter (CDU-Fraktionsvorsitzender): „Die CDU Schermbeck ist seit dem Bekanntwerden der illegalen Entsorgung von ca. 30.000 Tonnen Ölpellets auf der Deponie Mühlenberg Gahlen/Gartrop äußerst empört über die scheinbar kriminellen Machenschaften, die zu diesem Umweltskandal geführt haben. Wir vertrauen auf die Fähigkeiten unseres Rechtsstaates und gehen davon aus, dass der Verursacher, egal ob Einzelperson, Unternehmen oder Konzern ermittelt und zweifelsfrei geklärt werden kann, wer verantwortlich ist. Gleichzeitig muss dargestellt werden, wie eine Gefährdung der Bevölkerung aktuell und zukünftig ausgeschlossen werden kann. Wir werden zunächst die Gerichtsverhandlungen abwarten und die dann erforderlichen Maßnahmen aktiv begleiten.“

Petra Felisiak (stellvertretende Vorsitzende der SPD): „Das Gerichtsverfahren betreffend der illegalen Ablagerung von Ölpellets ist zur Zeit noch ein fortdauernder Prozess. Wir gehen davon aus, dass im Rahmen des Prozesses umfassend und ordnungsgemäß ermittelt wird. Am Ende werden der oder die Verantwortlichen verurteilt und zur Rechenschaft gezogen werden. Dies gilt es zunächst abzuwarten. Einzelheiten des laufenden Verfahrens sind uns nur aus der Presse bekannt und wir werden als Partei oder Fraktion darin weder eingreifen können noch wollen. Die zuständigen Behörden haben bereits entschieden, dass die Ablagerungen an Ort und Stelle verbleiben sollen. Weder dem Rat der Gemeinde Schermbeck noch der Verwaltung steht in dieser Angelegenheit eine rechtliche Handhabe zur Verfügung.“

Klaus Roth (BfB-Fraktionsvorsitzender): „Aus Sicht von Fraktion und Vorstand der BfB könnte man bezüglich der Verantwortlichen im Zusammenhang mit der Deponierung der Ölpellets am Mühlenberg ein altes deutsches Sprichwort zitieren: ´Der Fisch stinkt immer am Kopf zuerst!`“ Für diese Zuordnungen und Verantwortungen stehen zur freien Auswahl, der Erzeuger und Verursacher, der Deponiebetreiber, die Bezirksregierung und der Kreis Wesel. Wir fragen uns nach wie vor, inwieweit der Kreis Wesel, hier insbesondere der Fachbereich Umwelt, seine besondere Aufsichtspflicht entsprechend den ihm übertragenen Obliegenheiten in der Sache angemessen erfüllt hat. Offenbar hätten die Ölpellets auffallen können. Erst als das Kind in den Brunnen gefallen war, hat der Kreis 2015 ein neues Qualitätsmanagement eingeführt. Im Sinne der Schermbecker Bürgerschaft und hier insbesondere der Gahlener Bürgerinnen und Bürger sollte unabhängig von möglichen Kosten die Gesundheit aller oberste Priorität haben. Danach wäre es nur konsequent, diese gefährlichen Ölpellets aus dem Mühlenberg zu entfernen. Allerdings schätzt der Leiter des Fachbereichs Umwelt, Herr Michael Fastring, die möglichen Kosten für eine Beseitigung auf bis zu 500 Millionen Euro. Ob ein unabhängiges deutsches Gericht, das sich seit ein paar Jahren bereits mit der Aufarbeitung der Vorgänge befasst, zu einem solchen nachhaltigen Urteilsspruch kommen wird, wagen wir – mit Verlaub gesagt – zu bezweifeln. Jedoch möchten wir auch betonen, dass wir in der Unabhängigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit so viel Vertrauen haben, dass nach Beendigung des Verfahrens ein gerechtes Urteil gesprochen wird.“

Ulrike Trick (Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen): „Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass sowohl der Kreis als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde als auch die Firma Nottenkämper in der Verantwortung sind. Diese beiden stehen am Ende der Kette. Angefangen hat das „Übel“ bei der BP und die BezReg Münster hat hier ihre Aufsichtsfunktion in keiner Weise wahrgenommen bzw. fahrlässig Genehmigungen erteilt. Letztlich ist auch der Ermittlungseifer der Staatsanwaltschaft enttäuschend. Da es unser Ziel ist, die Entfernung von allem illegal eingelagertem Material zu erreichen, werden wir hier nicht locker lassen. Konkret werden wir auf unserer nächsten Fraktionssitzung weitere Maßnahmen beraten, als da wären: Strafanzeigen gegen einige am Verfahren beteiligte wie z.B. die BP.“

H.Scheffler

Vorheriger ArtikelHünxe – Reifenstecher in Schermbeck unterwegs
Nächster ArtikelKeine Angst vor einer Stabheuschrecke
Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.