Drei Familien – drei Schicksale

Ethnische Säuberung im Irak. Tausende Christen fliehen vor den ISIS-Kämpfern. Der Terror der IS in Syrien vertreibt immer mehr Menschen aus ihrer Heimat.

Bis zu 150 000 Syrer flüchteten aus dem Norden des Landes in die Türkei, um der ISIS-Offensive zu entkommen.

Mitglieder islamischen Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya sind immer häufiger Opfer religiös motivierter Gewalt in Pakistan.

Drei Familien, die vor dem Terror des islamischen Staates (IS) auf der Flucht sind, leben momentan in Uefte in der alten Schule

Mit Sack und Pack flüchtete etwas fünfköpfige Bauernfamilie aus Syrien. Großvater Ali, mit Ehefrau, Tochter und zwei Enkelkinder Amel 7 Jahre und Ula 3 Jahre. Ali war Bauer. Er besaß ein wenig Land, lebte von dem, was die Ernte hergab. In den vergangenen Monaten wurde das allerdings immer schwieriger. „Unsere Wasseranlage wurde zerstört, wir bekamen Morddrohungen, wenn wir Land nicht den Isis geben“, erzählt bedächtig der Großvater. Anhänger des Djihad stellten Warntafeln auf seinem Boden auf. „ Entweder du zahlst, oder wir bringen dich um“, stand darauf. „Uns wurde alles weggenommen. Auto, Geld, Lebensmittel“, so Ali.

Großvater Ali mit seinen Enkelkindern, floh mit Ehefrau und Tochter aus Syrien
Großvater Ali mit seinen Enkelkindern, floh mit Ehefrau und Tochter aus Syrien

IS-Kämper in Sichtweite

Als dann die IS-Kämpfer immer näher rückten, so, dass er sie von seinem Fenster aus sehen konnte mit ihren Bärten und den kurzen Hosen, erzählt der alte Mann, packte er seine Tasche und flüchtete mit seiner Familie.
In Deutschland angekommen hatten sie nichts mehr, bis die Kleidung am Körper.

Sein dreijähriger Enkel ist aufgeweckt kleiner Junge. Sein schiefes Lachen stammt von einem Unfall, bei der er in Syrien von einem Dach fünf Meter in die Tiefe gefallen war. Die siebenjährige Enkeltochter ist geistig etwas zurückgeblieben und schaut ängstlich in die neue Welt um sich herum. Ali sieht in Syrien keine Hoffnung mehr und hofft nun, in Deutschland mit seiner Familie ein neues Zuhause zu finden.

Mit gerade mal drei Jahren hat der Kleine schon so einiges erlebt
Mit gerade mal drei Jahren hat der Kleine schon so einiges erlebt

Bedrohungen ausgesetzt

Vier Betten stehen in dem Zimmer, wo die irakische Familie, Vater Ednan (74), Ehefrau Nejla (68) und die Töchter Tyra (41) und Rinah (37) auf ihrer Durchreise nach Essen leben. Nebenan schläft der Onkel Valid (68), der gemeinsam mit der Familie aus Bagdad floh. Sie sind Anhänger der Orthodoxen Kirche und und waren wegen ihres Glaubens in den vergangenen Jahren immer wieder Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt. Ihre Flucht im Januar führte sie von Bagdad in die Türkei, und von dort in fünf weiteren Unterkünften, über Unna, Dortmund, Köln bis nach Uefte.

Ednan, Mutter Nejla und Valid, Christen aus Bagdad, hoffen in Essen eine längere Bleibe zu finden
Ednan, Mutter Nejla und Valid, Christen aus Bagdad, hoffen in Essen eine längere Bleibe zu finden

Ednan war Händler in Bagdad. Seine Töchter haben studiert, Mathematik und Business, und arbeiteten als Administratorin im Business Development und in einem Finanz-Büro. „Wir als Christen hatten es schwer. Wir konnten nicht in die Kirche und auf der Arbeit wurden wir diskriminiert. Meine Mutter hatte immer Angst um uns, wenn wir arbeiten gingen“, sagt Tyra. Fast alle musste die Familie in ihrem Heimatland zurücklassen. „Wir danken Deutschland sehr dafür, dass wir hier sein können. Alles ist hier anders als zu Hause. Es ist so ruhig, die Menschen sind freundlich, sie halten sich an die Gesetzte und an die Menschlichkeit und nehmen Rücksicht aufeinander“, sagt Schwester Rinah. „Hier ist Frieden und wir können unseren Kopf aufs Kissen legen und die Augen zumachen“, so Tyra.

Trotz Schimmel an den Wänden (Bürgermeister Mike Rexforth hat auf Nachfrage der Dorstener Zeitung bereits Abhilfe angekündigt) fühlt sich die Familie in Uefte am wohl. „Hier ist es wenigstens sauber und beim Duschen wirst du nicht bedrängt“. Nun sitzt die Familie auf ihren wenig gepackten Koffern mit Endziel Essen. „Wir möchten zuerst Deutsch lernen und dann hoffen wir, eine Arbeit zu finden“. Darüber hinaus hoffen die Frauen, dass ihrer Mutter in Deutschland geholfen wird: die 68 Jährige ist Diabetikerin und benötigt regelmäßig Medikamente.

Ehefrau Marya (32) und Sohn Chaudhary aus Pakistan
Ehefrau Marya (32) und Sohn Chaudhary aus Pakistan

In Pakistan verfolgt

In sich zusammengesunken und traurig sitzt Ahmed Mehmood (46) auf seinem Sofa. Bereits vor einem Jahr kam er als Asylant mit seiner Frau und seiner Tochter aus Lahore (Pakistan) nach Frankfurt. Er ist Mitglied des Glaubens „Ahmadiyya Muslim Jamaat“, deren Mitglieder im islamisch geprägten Pakistan verfolgt werden und immer häufiger Opfer religiös motivierter Gewalt sind.

Das Handy meist die  einzige Verbindung zu anderen Familienmitgliedern
Das Handy meist die einzige Verbindung zu anderen Familienmitgliedern

Ahmed hatte einen guten Job im Textil-Export. Fuhr ein schönes Auto und verdientes gutes Geld. „Ich liebe Pakistan und meine Familie. Aber hier kann ich in Frieden leben, in meiner Heimat nicht“. Lieber heute als morgen würde Ahmed wieder in seine Heimat zurückkehren, obwohl viele Familienmitglieder mittlerweile tot sind. Seit sechs Monaten hat nun Ahmed Mehmood noch Familienzuwachs bekommen. Ein weiterer Grund dafür, dass er nun erst einmal nach Ratingen weiterzieht, wo noch einige Familienmitglieder leben.

Kurz Infos

Christen im Irak

Im Jahr 2000 lebten noch eineinhalb Millionen Christen im Irak. Im Dezember 2013 waren es nur noch 300.000. Die christliche Minderheit, lebt seit der Frühzeit des Christentums im Irak. Durch die seit 2005 zunehmenden Kämpfe zwischen Schiiten und Sunniten, sowie der islamistische Terrorismus, wird die dortige Lage der Christen immer bedrohlicher.

Ahmadiyya Muslim Jamaat

Mitglieder dieser Glaubengemeinschaft werden in Pakistan verfolgt. Sie sind immer häufiger Opfer religiös motivierter Gewalt. Nach der Verfassungsänderung im Jahre 1974 wurde diese Glaubensgemeinschaft zu Nicht-Muslimen erklärt.

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celawie
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