Charlotte Quik fordert einen kontrollierten Wolfsbestand

Die CDU- Landtagsabgeordnete Charlotte stellt sich auf die Seite der Weidetierhalter. Sie spricht sich für eine wolfsfreie Zone aus.

Sie lud gemeinsam mit Bianca Winkelmann (MdL) und Sprecherin der CDU-Fraktion im Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz zu einem Diskussionsabend ein.

Wie können wir pragmatische Lösungen finden, um unsere Weidetiere vor Wolfsangriffen zu schützen? Dies war ein Thema am Dienstagabend auf dem Hof von Landwirt Hartmut Neuenhoff in Schermbeck-Damm.

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Bianca Winkelmann (MdL) und Sprecherin der CDU-Fraktion im Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz (l.), CDU-Landtagsabgeordnete Charlotte Quik und Landwirt Hartmut Neuenhoff luden zu einem Diskussionsabend ein.

Wie geht es weiter?

Rund 30 Weidetierhalter und Landwirte kamen. Sie berichteten über ihre Sorgen mit Blick in die Zukunft „Wie geht es mit der Weidetierhaltung im Wolfsgebiet zukünftig weiter?“.

Der Wolf verbreitet immer mehr Angst und Schrecken unter den Weidetierhaltern. Viele bangen um ihre Existenz. Rund zehn Weidetierhalter haben ihre Schafzucht im Wolfsgebiet aufgegeben.

Einig waren sich alle an diesem Abend: Der Bestand der Wölfe muss, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den einzelnen Wolfsgebieten, kontrolliert und dezimiert werden. Besonders auch vor dem Hintergrund, dass es keinen optimalen Schutz gebe, ohne die Weiden, Wiesen komplett mit teilweise kilometerlangen Zäunen einzuzäunen.

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Wolf mit einer Strategie begleiten

Für Quik sei klar, dass das Thema allen auf der Seele brennt, da die Tiere, ob Schafe, Pferde oder Rinder den Weidetierhaltern sehr am Herzen liege. Bereits im November 2018 haben sich, so Winkelmann, die Fraktionen von CDU und FDP das Umweltministerium beauftragt, den Wolf mit einer Strategie zu begleiten. Bis heute sei nicht viel passiert, sind sich beide Politikerinnen einig. Sie gehen sogar noch in ihren Aussagen einen Schritt weiter und sagen: „NABU muss aus allem raus, denn Sie machen Geschäfte mit dem Wolf“. Darüber hinaus sollte es in einigen Bereichen wolfsfreie Zonen geben. Gleich so, wie beim Dam- und Rotwild, warf feine Besucherin ein. Warum also nicht auch bei Wölfen?

Elf Kilometer Weidezaun als Schutz

Das Fass ist voll, die Nerven liegen bei den betroffenen Landwirten blank. Es geht schon lange nicht mehr nur um Schafe. Wie bei Hartmut Neuenhoff. Der Landwirt aus Damm hat 90 trächtige Jungrinder auf unterschiedlichen Weiden in den Lippeauen stehen. Um seine Tiere vor einem Wolfsangriff zu schützen, müsste er einen Zaun von rund elf Kilometer um seine Weiden bauen. Sein Antrag wurde jedoch im Februar auf Förderung dafür abgelehnt worden. „Zwar wurde von meinen Rindern noch kein Tier gerissen. Ich bin mir aber sicher, dass der Wolf sich dort regelmäßig blicken lässt, da die Tiere erst kürzlich voller Panik waren. Es dauerte gut 14 Tage, bis wieder Ruhe in den einzelnen Rindergruppen, bestehend aus trächtigen Jungrindern, in den Lippeauen eingekehrt ist“, berichtet Neuenhoff.

Dass die Tiere zeitweise voller Panik waren, sei für den Landwirt ein eindeutiger Beweis dafür gewesen, dass sich mit großer Sicherheit dort Wölfe aufgehalten haben. Auch andere Weidetierhalter sind sich sicher, dass sich bei ihnen an den Stallungen und Weiden Wölfe rumtreiben und Panik unter die Tiere verbreitet. „Wir als Tierhalter sind aber haftbar, wenn es zu einem Zusammenstoß oder Unfall zwischen Autos und Tieren auf der Bundestraße oder Autobahn kommt“. Seine Sorgen, auch was den Schutz seiner Herden anbelange, wurde in den letzten Wochen, Monaten immer nur klein geredet.

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Weidetierhalter haben Angst um ihre Tiere. Wird es deshalb demnächst auch keine Offenställe mehr geben, fragen sich die Landwirte. Foto: Petra Bosse

Alle Weidetiere zukünftig nur noch im Stall?

Wie auch bei Bernhard Steinmann aus Kirchhellen. Er habe beobachtet, dass seine Kühe häufig sehr aufgebrachte und verängstig seien. „Ich müsste meinen ganzen Hof einzäunen, um meine Tiere zu schützen, und abends die Stalltüren schließen“. Was sei das aber für ein Tierschutz, fragt er. „Erst hieß es, alle Tiere auf die Weide. Dafür haben wir Offenställe gebaut. Jetzt sollen wir unsere Tiere wieder einsperren, nur weil der Wolf da ist. Wir werden den Wolf nicht mehr los, aber wer lässt dann noch überhaupt demnächst seine Tiere raus?“.

Tobias Schulz aus Hünxe fragt: Wo müssen wir ansetzen, dass wir endlich Gehör bei den Politikern finden? Sein Problem sei, dass er seine Pferde gar nicht erst aus tierschutzrechtlichen Gründen einstallen kann.

Stellschrauben werden immer enger

Volles Verständnis zeigt Quik für die Sorgen der Landwirte. Sie spricht sich offen für eine wolfsfreie Zone aus. „Wenn es nach mir ginge, wäre die Wölfin hier schon längst entnommen“.

Für Bianca Winkelmann sei es unerlässlich, dass die Herdenschutzmaßnahmen und der empfohlene Herdenschutz auf der gesamten Fläche des Wolfsgebietes möglich gemacht werden muss. Nur so könne eine Koexistenz von Weidetierhalter und Wolf sichergestellt werden. Dass die Wölfin überhaupt einen Namen bekommen habe, sei von Anfang an ein großer Fehler gewesen. Diese führe bei den Wolfsbefürworter und bei den Menschen in der Stadt zu einer falschen Wahrnehmung. „Dadurch würde das Raubtier mit Namen ‚Gloria‘ nur verniedlicht“, so Winkelmann.

Besonders verärgert sind die Weidetierhalter über die Ignoranz vonseiten des LANUV. Im Fokus standen aber auch Umweltministerin Heinen-Esser und Landrat Ingo Brohl. Dieser habe seine Versprechen vor der Wahl nicht wahr gemacht. Die Sorgen scheinen niemanden zu interessieren, die Stellschrauben werden immer enger gezogen. Ein weiteres Problem sei laut Maik Dünow, die schlampige Arbeit des LANUV. „Nach Rissen passiert erst einmal gar nichts. Es wird alles totgeschwiegen“. Laut Gisbert Fuest gebe es immer mehr Verordnungen.

Herdenschutzhunde-Gahlen
Herdenschutzhunde auf einer Schafwiese in Gahlen. Foto: Archiv

Ursache muss behandelt werden

Maik Dünow wünsche sich, dass die Politiker aufseiten der Weidetierhalter stehen und mehr ‚Arsch in der Hose haben‘. „Wir wollen Taten sehen und nicht nur Sprüche“. Das fordert auch Jürgen Höchst vom Bürgerforum Gahlen. „Wir doktern nur für sehr viel Geld an den Symptomen. Und das auch nur begrenzt an Zäune und Herdenschutzhunde für Schafhalter, anstatt die Ursache zu behandeln“, so Höchst. Er vertritt auch die Meinung, dass mittlerweile ein Menschenleben weniger wert, als das eines Wolfes sei. Auch verwies Höchst auf die zusätzlichen Kosten durch das Monitoring. Darüber hinaus müsse es auch ein ein Vier-Augen-Prinzip bei der Rissbegutachtung geben.

Geredet wurde an diesem Abend nicht nur von Gloria. Laut Heinrich Peters aus Hünxe gebe es ein Beweisvideo aus einem Garten, was fünf Wölfe in Hünxe zeigt. „Viele Menschen, die über Wölfe diskutieren, sind fernab von der Realität“. Er ist sich sicher, dass die Wölfe von den Menschen lernen und ihnen immer näher kommen. „Aber auch der Mensch ist schützenswert“, so Peters und warnt vor Gruppen von Naturschutzideologen, die sich hervorragend mit Politikern und Verwaltung vernetzt hätten. Im Gegenzug sei es dringend Notwendig, dass er eine bessere Vernetzung von Wolfsgegner geben, um beispielsweise Menschen wie Peter Malzbender vom NABU-Vorstand stärker begegnen zu können.

Ignoranz der Menschen

Besonders die Ignoranz und Anfeindungen von Menschen gegenüber den Landwirten und Weidetierhalter in den sozialen Medien sei ein großes Thema. Darüber waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde einig. Fakt sei auch, dass alle, die versuchen den Wolf „schön zu reden“, nicht im Geringsten eine Vorstellung davon hätten, was ein 100-prozentiger Wolfschutz, angefangen von der immensen Arbeit, überhaupt koste. „Auch haben diese Menschen es noch nicht erlebt, was es für einen Weidetierhalter bedeutet, wenn er seine Tiere tot auf der Weide finden“, fügt Winkelmann hinzu.

Zu den Kosten konnte der Berufs- und Wanderschäfer Maik Dünow ausführlich berichten. Auch wenn es heißt, dass ein Zaun zu 100 Prozent gefördert werde, belaufe sich der Betrag nur auf die reinen Materialkosten. Um seine Tiere zu schützen hat Dünow sich mittlerweile 20 Herdenschutzhunde angeschafft. Fünf davon bekäme er vom Land bezahlt.

Fast 50 Schafe von Schäfer Maik Dünow vom Wolf gerissen
Schäfer Maik Dünow aus Wesel ist sauer. Ihm fehlt die Unterstützung vonseiten der Politik

Enorme Futterkosten für Herdenschutzhunde

Nicht nur, dass jeder Herdenschutzhund in der Anschaffung rund 5000 Euro kostet, die nicht immer erstattet würden, kommen oben drauf noch die Kosten für die Mitarbeiter für Lehrgänge und einiges mehr, was er in die Tiere aus eigener Tasche investiert werden muss. „Ich verfüttere allein 1200 Euro monatlich an Hundefutter“, so der Schafhalter.

Auch die Kommentare bei Beschwerden vonseiten LANUV bei einem Tierriss, seien teilweise für viele Betroffene ein Schlag ins Gesicht. So berichtete ein Landwirt, dass er vom Landesamt zu hören bekam, dass die Landwirte selbst schuld daran seien, wenn sie keinen richtigen Herdenschutz machen. Auch die Aussage nach einem Riss am 10. März: „Wir wissen nicht wie der Wolf reingekommen ist, gesprungen ist er nicht“, sei für ein LANUV-Mitarbeiter eine plausible Antwort nach einem Riss gewesen.  

Ein Landwirt zeigte sich enttäuscht und gleichzeitig überrascht darüber, dass Gloria nach dem ersten Pferderiss nicht entnommen wurde. Besonders für Einstaller werden die Wölfe immer mehr zu einem Problem, da immer Menschen keine Ausritte mit Pferden im Wolfsgebiet mehr machen möchten.

Was eine Entschädigung für einen Abwehrzaun für Pferde in der Dingender Heide anbelange, so berichtete eine Frau, dass die Voraussetzung dafür seien, dass erst mindestens drei Pferde im Umkreis von 30 Kilometer gerissen werden müssten.

Pferdekoppel-
Zahlreiche Pferkoppeln gibt es in und um Schermbeck herum. Foto: Petra Bosse

Rückkehr des Wolfes verschärft Situation der Schafhaltung

Fakt jedoch sei, so die Landtagsabgeordnete Winkelmann, dass Schafe, Ziegen- sowie Gehegewildtierhalter seit jeher einen besonderen Dienst für die Gesellschaft leisten. Neben der Erzeugung hochwertiger Produkte wie Fleisch, Milch, Häute, Felle und Wolle leisten sie einen wichtigen Beitrag für die Biotop- und Landschaftspflege. Dieses habe positive Auswirkungen auf Naturschutz den Erhalt von Biodiversität und Kulturlandschaften. „Die Rückkehr des Wolfes nach Mitteleuropa verschärft die Situation, vor allem in der Schafhaltung weiter“.

Sicher sei, dass zu erwarten sei, dass in Folgen einer hohen Reproduktionsfähigkeit die Zahl der in NRW zunehmen werde. Deshalb sei es wichtig, so Winkelmann, dass frühzeitig eine Lösungen für die Zukunft entwickelt wird. Eine Möglichkeit bestehe darin, eine mit dem europäischen Flora-Fauna-Habitat-Recht übereinstimmende Wolfsstrategie zu entwickeln. „Beispielsweise in Form festgelegter Verbreitungsgebiete, so, wie sie seit Jahrzehnten bei Rot- und Damwild in NRW erfolgreich praktiziert werde“, schlägt Winkelmann vor.

Wolf in Wesel-Deichschutz durch Schafe

Aber wie steht es überhaupt um den Herdenschutz in NRW?

Dazu hat LANUV eine Anfrage von René Schneider (SPD) beantwortet.

Insgesamt wurden 941 Anträge auf auf Förderung gestellt. Die Bandbreite der im Einzelfall erfolgten Bewilligungen lag beispielsweise laut LANUV im Jahr 2020 zwischen 137,80 und 113.767,90 Euro. Die überwiegende Anzahl der genehmigten Förderungen liegt im Bereich zwischen 1.500,00 Euro und 6.000,- Euro. Das sei 100% der nach Fachprüfung als förderfähig anerkannten Kosten.

Auf die Frage, wie lange die durchschnittliche Bearbeitungszeit dauert, heißt es in der Antwort von LANUV: Bei den hohen Beratungs- und Abstimmungsbedarf ergeben sich in der Regel Bearbeitungszeiten von rund acht Wochen. In den Fällen, in den die Antragssteller_innen das Angebot der Landwirtschaftskammer (LWK) annehmen und sich im Vorfeld der Antragstellung von den Herdenschutzmaßnahmen beraten lassen erfolge eine Genehmigung innerhalb von rund vier Wochen.

Ausblick: Am 27. Oktober wird sich der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz intensiv im Rahmen einer Anhörung erneut mit dem Thema Wolf befassen.


Petra Bosse