Bochumer Staatsanwaltschaft kommt in Erklärungsnot

Staatsanwaltschaft in Erklärungsnot – Mitteilung der Grünen

Kommentar vorweg:

Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat es geschafft, dass aus der langen Lieferkette der hochgiftigen Ölpellets ein Gahlener Abfallmakler herausgepickt und schließlich verurteilt wurde (wir berichteten), obwohl der Richter Markus van den Hövel in den letzten Wochen mehrfach die relativ geringe Bedeutsamkeit des Maklers formuliert hatte (wir berichteten mehrfach).

Parallel dazu, und das überrascht in einem hohen Maße, hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen alle anderen Beteiligten eingestellt. Das begreift die Bevölkerung in Gahlen nicht mehr, wo die Ölpellets gelandet sind. Jetzt wäre eigentlich der Generalstaatsanwalt gefragt. Doch der will offensichtlich nicht beteiligt werden. Wie uns bereits am 10. September von der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm per Mail mitgeteilt wurde, hat die Behörde die Bearbeitung der Strafanzeige der Grünen nicht selbst übernommen, sondern an die angezeigten Bochumer Staatsanwäte in Bochum überwiesen.

Nottenkämper und die BP geraten stärker in die Kritik
In diesem Bochumer Landgericht haben Staatsanwälte eine Strafanzeige der Schermbecker Grünen zurückgewiesen, die gegen sie selber gerichtet war. Da kommt Arbeit auf den Justiminister zu. Foto: Helmut Scheffler

Merkwürdig: Angezeigte Staatsanwälte entscheiden über sich selbst.

Im Rahmen unserer Nachfrage bei der Bochumer Staatsanwaltschaft teilte der stellvertretende Pressesprecher Paul Jansen am 19. September mit, „dass das Anzeigeverfahren gegen die am Verfahren beteiligten Staatsanwälte keine belastbaren Anhaltspunkte für ein strafrechtlich bedeutsames Verhalten enthielt und die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens daher abgelehnt wurde.“

So kam es, dass das Strafmaß für den Gahlener Abfallmakler ausgerechnet von jenen Staatsanwälten formuliert wurde, die von den Grünen erfolglos angeklagt wurden. Schlimmer geht es eigentlich nicht mehr.

Hier wird sich wohl über kurz oder lang der Justizminister einschalten müssen, um keinen eklatanten Schaden am deutschen Justizwesen aufkommen zu lassen.

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Pressemitteilung der Grünen:

Am 11.09.2018 teilte die Staatsanwaltschaft Bochum dem Ortsverband der GRÜNEN in Schermbeck mit, dass sie die Ermittlungen sowohl gegen sich selbst als auch gegen die
Bezirksregierung Münster und neun von elf Mitarbeitern der BP eingestellt hat.

Als Hauptgrund für die Einstellungen wurde angegeben, bis auf den Abfallmakler, der derzeit vor Gericht stünde, seien keine weiteren Täter ermittelt worden. Von daher sei auch die Arbeit der Staatsanwaltschaft nicht zu beanstanden.
Gegen diese Entscheidung hat der Ortsverband der GRÜNEN in Schermbeck durch seine Rechtsanwältin Britta Wegner bei der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm Beschwerde eingelegt.
Zum einen, weil es sehr befremdlich ist, dass da eine Behörde gegen sich selbst ermittelt, zum anderen, weil die Begründung der Staatsanwaltschaft im klaren Gegensatz zu dem am 2.10.2018 vor dem Landgericht Bochum ausgesprochenem Urteil steht.

Der angeklagte Makler erhielt eine Strafe von 6 Monaten (das Mindestmaß)
wegen Fahrlässigkeit, sowie eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren wegen eines anderen Vergehens, die aber aufgrund der Verfahrensdauer bereits verbüßt ist.
Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung, dass der Angeklagte nur ein Glied in der Entsorgungskette gewesen sei. Er hätte aber im Zweifelsfall kontrollieren müssen.

Was ist aber mit den anderen Gliedern in der Entsorgungskette? Der BP, die die Datenblätter mehrfach geändert hat? Den Bezirksregierungen von Münster und Düsseldorf, denen diese Änderungen bekannt waren? Denen nicht auffiel, dass ein und dasselbe Material mal als krebserregend und dann als unbedenklich eingestuft wurde. Die selbst, als der Gutachter des LANUV bestätigte, dass es sich bei den fraglichen Ölpellets um gefährlichen Abfall handelt, nicht kontrollierten. Die akzeptierten, dass die BP nach dem Motto: „Aus den Augen, aus dem Sinn, so mehrt man den Gewinn“ sich nicht um die ordnungsgemäße Entsorgung dieser gefährlichen Abfälle kümmerte. Gegen diese Beteiligten ermittelt die Staatsanwaltschaft nicht mehr.

Keine Ermittlungen gegen die eigenen Mitarbeiter und die Bezirksregierung Münster, weil eine Krähe der anderen kein Auge aushackt?
Keine Ermittlungen gegen die BP, weil sie ein Großkonzern ist mit vielen
Arbeitsplätzen?

Dann riecht diese Verurteilung eines Einzigen nicht nur nach Bauernopfer, dann ist er das Bauernopfer.

Holger Schoel

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.