Bürgerinitiative: Für zwei Grundschulen in Schermbeck

Bürgerinitiative: 75 Prozent der Schermbecker hatten gegen einen Schulneubau votiert

„Zwei Grundschulen für Schermbeck“: Schulfrage war durch Ratsbürgerentscheid längst beantwortet

Schermbeck (pd). Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte Anfang Juli zum Erörterungstermin im laufenden Verfahren geladen, ob die Ablehnung des Bürgerbegehrens der Bürgerinitiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ durch den Schermbecker Rat im Januar 2020 formal rechtens war. „Die Argumente wurden ausgetauscht, inzwischen liegt das Protokoll des Termins vor. Der Bürgermeister hat die Initiatoren und Unterstützer des Bürgerbegehrens vor Gericht gebeten, die noch nicht entschiedene Klage zurückzunehmen“, so die Bürgerinitiative. „Darüber beraten wir uns gemeinsam und fällen kurzfristig eine Entscheidung.“

Sonderlich bedeutsam sei die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens für die Initiative nicht mehr – und eine Durchführung einer weiteren Bürgerbeteiligung auch mit Blick auf die dadurch verursachten Kosten unwahrscheinlich.

Denn zwischenzeitlich habe es ein bereits eine Bürgerbefragung zur Grundschulfrage mit einem eindeutigen Votum der Schermbecker gegeben: den Ratsbürgerentscheid im Sommer 2020. „Uns war wichtig, dass die Schermbecker in der grundlegenden, richtungsweisenden Frage zum Abriss der bestehenden Grundschulen überhaupt beteiligt werden.“

Das sei mit dem Ratsbürgerentscheid im vergangenen Sommer geschehen. 75 Prozent der teilnehmenden Schermbecker haben sich damals gegen einen Neubau entschieden. „Insofern war unser Bürgerbegehren gleich mit beantwortet.“ Andererseits sei es möglich, dass die Gemeinde dieses Votum ignoriere und auf Basis eines alten Ratsbeschlusses trotzdem eine neue Schule plane – nur eben ein paar Meter weiter.

Bürgerinitiative ist gegen Abriss der Schulen

Die Bürgerinitiative hatte sich mehrfach gegen einen Abriss der beiden bestehenden Grundschulstandorte und gegen den kostspieligen Neubau einer großen Grundschule ausgesprochen – auch mit Blick auf die finanzielle Situation Schermbecks und mögliche Grundsteuererhöhungen für alle Schermbecker Bürger. Nach einer bereits erfolgreichen Online-Petition zum Erhalt der beiden kleinen Grundschulen hatte die rund 100 Mitglieder zählende Initiative auf Anraten von Lokalpolitikern ein Bürgerbegehren bei der Gemeinde eingereicht, um eine Abstimmung aller Schermbecker über den Erhalt oder Abriss der bestehenden Grundschulen zu ermöglichen. Auslöser für diesen Schritt war auch das Unverständnis darüber, dass eine im März 2019 für beide Grundschulstandorte (nachzulesen auf Seite 9 in der Machbarkeitsstudie) beschlossene Elternbefragung nach dem eindeutigen Votum weniger Klassen im Juni 2019 abgebrochen wurde.

Das daraufhin vorgeschlagene Bürgerbegehren lehnte der Rat auf Empfehlung des Bürgermeisters ab. Streit hatte es um die Frage gegeben, ob die Bürgerinitiative nicht nur die Kosten für einen Erhalt, eine Sanierung und die Digitalisierung beider Schulstandorte, sondern auch die laufenden Betriebskosten beider Gebäude in der Formulierung des Bürgerbegehrens hätte angeben müssen.

Bürgerinitiative hatte laufende Kosten nicht dargelegt

Die Bürgerinitiative hatte argumentiert, dass Kosten wie für Strom und Wasser ohnehin im Schulbetrieb immer anfallen würden und durch die vom Kreis gezahlte Schulpauschale abgedeckt seien. „Wenn man in einem Bürgerbegehren beispielweise den Bau eines Freibads fordert, dann muss man natürlich darlegen, welche Kosten das für die Gemeinde und damit letztlich für die Bürger nach sich ziehen würde“, so die Bürgerinitiative. „Aber der Erhalt der beiden Gebäude erzeugt ja keine neuen, unerwarteten Kosten. Im Gegenteil: Nach einer Sanierung würden etwa die Energiekosten deutlich sinken.“ Ob aus rein formalen Gründen die laufenden Betriebskosten in dem Bürgerbegehren anzugeben waren, klärt das Kammergericht derzeit in dem laufenden Verfahren.

75 Prozent der Schermbecker gegen Neubau

Für die Bürgerinitiative ist die Tendenz der Schermbecker auch so klar: Nach der Ablehnung des Bürgerbegehrens durch den Rat im Januar 2020 habe es nur wenige Wochen später glücklicherweise einen zweiten Antrag für ein Bürgerbegehren gegeben. Dieses erklärte der Rat für gültig und wandelte es in einen Ratsbürgerentscheid um: Im Juli 2020 entschieden sich 75 Prozent der Schermbecker gegen einen Schulneubau samt Bildungszentrum an der Weseler Straße. „Damit haben die Schermbecker klar zum Ausdruck gebracht, dass sie einen großen Schulneubau – ob mit gefördertem Bildungszentrum oder ohne – ablehnen. Und ob es um einen Neubau auf der grünen Wiese oder am jetzigen Standort des Hauptstandorts geht, verändert an der Klarheit der Ablehnung einer neuen Schule mit Sicherheit auch nichts. Es sind doch jetzt nicht auf einmal 75 Prozent für einen Neubau ein paar Meter weiter.“

Alter Ratsbeschluss für Neubau ist formal nicht aufgehoben

Was vielen Schermbeckerinnen und Schermbeckern nicht bewusst ist: Mit dem Ratsbürgerentscheid im Juli 2020 wurde ein alter Ratsbeschluss zum Neubau einer Grundschule (unter Einbezug erhaltenswerter Gebäudebestandteile) am heutigen Hauptstandort der bereits verwaltungstechnisch zusammengelegten Grundschulen rein formal nicht aufgehoben – so widersinnig dies nach dem klaren Votum gegen einen Neubau auch erscheint. „Viele Familien glauben, dass die Grundschulfrage mit dem Bürgerentscheid erledigt war und etwa der katholische Standort bestehen bleibt.“ Die Verwaltung könne aber auf den alten Ratsbeschluss verweisen, wenn die Ratsmitglieder diesen nicht aufheben oder abändern – und sich auf den Standpunkt stellen, abgelehnt worden sei beim Ratsbürgerentscheid formal lediglich eine große, vereinte Grundschule ein paar Meter weiter und eben nicht an der Stelle, die der ältere Ratsbeschluss vorsieht.

„Da ist man an dem Punkt bürokratischer Haarspalterei, wo ohnehin jegliche Bürgerbeteiligung letztlich ins Leere läuft“, so die Bürgerinitiative. Der Plan der Verwaltung sei bereits vor der sogenannten Machbarkeitsstudie längst bekannt gewesen. Ein Festhalten am Ratsbeschluss von 2019 sei daher denkbar. „Und die im März 2019 beschlossene Elternbefragung wird wahrscheinlich auch niemals stattfinden“, prognostiziert die Initiative. Der Einfluss von Bürgerbegehren, auch der von erfolgreich durchgeführten, sei leider begrenzt: Letztlich müsse sich eine Verwaltung an einen Bürgerentscheid lediglich zwei Jahre lang halten. „Es gibt also immer Wege, den Bürgerwillen zu umgehen.“

Studien betonen Vorteile kleiner, familiärer Schulen

Insbesondere mit Blick auf die vielen Vorteile, die laut unzähligen Studien kleine, familiäre Grundschulen für Schüler bieten, hält die Initiative „Zwei Grundschulen für Schermbeck“ einen Erhalt und eine Sanierung der beiden Grundschulen mit Fördermitteln weiterhin für insgesamt zielführender, kosteneffizienter, klimafreundlicher und nachhaltiger. „Leider ging es in der Schulfrage oft lediglich darum, was verwaltungstechnisch effizienter ist und wie sich etwa der hervorragende innerörtliche Standort der ehemaligen Maximilian-Kolbe-Grundschule als Baugrundstück nutzen lässt.“

Schulplanungsexperten rieten von teuren Zubauten ab

Was letztlich besser für die Schermbecker Kinder und ihre Familien ist, sei in der Debatte zu kurz gekommen, sonst wäre man in Schermbeck aus Sicht der Bürgerinitiative auch den Empfehlungen des Schulentwicklungsplans der Schulplanungsexperten von biregio gefolgt: Diese hatten in ihrem letzten Schulgutachten für Schermbeck, bevor Architekten hier die Deutungshoheit übernommen haben, formuliert: „Wenn über den bisherigen Stand des Ganztags sowie über heutige moderne pädagogische Arbeitsformen in den Grundschulen der Gemeinde Schermbeck hinaus markante Anpassungsschritte notwendig werden, können für diese in der Regel Räume aus dem Bestand akquiriert werden, was teuren Zubauten und dem Invest in neue Flächen vorzuziehen wäre. Das bedeutet, dass auch bei einer deutlichen Zunahme nach OGS-Plätzen in den beiden Grundschulen, diese den Bedarf aus dem Bestand bereitstellen können, insbesondere im Hinblick auf die in den letzten Jahren gesunkene Schüler- und Klassenzahl.“

Beratung über Rücknahme der Klage

„Wir fänden es – ebenso wie viele Schermbeckerinnen und Schermbecker – sehr schade, wenn die ehemalige Maximilian-Kolbe-Schule komplett geschlossen und zusammen mit einem Großteil der ehemalige Gemeinschaftsgrundschule abgerissen werden würde. Aber wenn der Ratsbürgerentscheid die Verwaltung noch nicht davon überzeugt hat, dass die Mehrheit der Bürger lieber die zwei Grundschulen behalten würde, wird dies auch ein weiteres Bürgerbegehren vermutlich nicht bewirken“, schließt die Bürgerinitiative. „Auch vor dem Hintergrund, dass viele Kinder der Mitglieder unserer Bürgerinitiative längst auf weiterführende Schulen gehen oder bereits in ein, zwei Jahren dorthin wechseln, fassen wir eine mögliche Rücknahme der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung ins Auge. Letztlich sind wir froh, dass die Kinder noch eine glückliche Schulzeit an kleinen, familiären Grundschulen erleben durften.“