Zusammenleben von Wölfen und Weidetierhaltung steht auf dem Spiel

Gemeinsame Stellungnahme vom 19. März 2020 vom Bundesverband Berufsschäfer e. V. Schafzuchtverband Nordrhein-Westfalen e. V. Schäfer und Schafhalter vom Niederrhein

Umgang mit dem Wolf GW954f in Nordrhein-Westfalen. Das Zusammenleben von Wölfen und Weidetierhaltung steht auf dem Spiel


Düsseldorf- Eine der übergriffigsten Wölfinnen Deutschlands, GW954f darf vorerst nicht getötet werden.

Der Kreis Wesel in Nordrhein-Westfalen hat den Eilantrag eines betroffenen Schafhalters, nach Rücksprache mit dem Ministerium, auf Abschuss des Wolfes nach drei Monaten Bearbeitungszeit abgelehnt. Die Ablehnung wird zurzeit im Auftrag des Schäfers juristisch geprüft.

Die Risse an Weidtieren durch GW954f sind minutiös dokumentiert. In vielen Fällen übertraf der dabei vorhandene Herdenschutzschutz die behördlichen Anforderungen. Diese ergeben sich aus 2.4.1.2 der Förderrichtlinie Wolf des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die zuständige Landesministerin Ursula Heinen-Esser erklärte im WDR-Stadtgespräch vom 27. Juni 2019 ein Wolf sei verhaltensauffällig, sofern er einen Stromzaun von 120 Zentimetern überspringe. Das entspricht den Ergebnissen neuerer Studien.

Die Schweizer Behörde AGRIDEA hat in Feldversuchen gezeigt, dass Wölfe typischerweise Zäune untergraben. Das Überspringen von Einfriedungen ist untypisch und somit auffällig. Im Fall von GW954f gibt es mehrere Nachweise für das Überspringen von Zäunen, aber keinen für das Untergraben.


Absurde Einwände von Politik und Behörden

Dass es zwischen Heiligabend und März keine nennenswerten Übergriffe von GW954f auf Weidetiere gab, überrascht nicht. In den betroffenen Gebieten waren die meisten Tiere über diese Zeit eingestallt. Auch 2019 blieb es um GW954f bis zum Frühling ruhig.
Politik und Behörden in Nordrhein-Westfalen wollen den sachlich gebotenen Abschuss von GW954f anscheinend vermeiden.

Sie erheben mit jedem Übergriff neue, zunehmend absurde Einwände gegen die Wirksamkeit von vorhandenem Herdenschutz. Dabei widersprechen sie sich zum Teil selbst.

So wurden wolfsabweisende Zäune nach einem Riss für untauglich erklärt, obwohl die Fachbehörde diese zuvor bei einem Ortstermin abgenommen hatte.
Die inzwischen geforderte tägliche Aufstallung von Schafen zum Schutz vor Wölfen ist nicht artgerecht. Es gibt zudem keine ausreichenden Stallplätze. Schließlich wäre im Sommer durch die herangewachsenen Lämmer der Raumbedarf mehr als doppelt so hoch.

Wirtschaftliche Lage der Schafhaltung

Die wirtschaftliche Lage der Schafhaltung ist ernst. Der Bau neuer Stallungen ist den Betroffenen kaum zumutbar. Die notwendigen Baugenehmigungen werden nur selten erteilt.
Letztlich hätte die Aufstallung auch negative Folgen für den Natur- und Artenschutz in der Nordrhein-Westfälischen Landschaft. Viele Deiche, Naturschutzgebiete und anderes artenreiches Dauergrünland könnten dann nicht mehr beweidet werden.

GW954f bedroht den Bestand der Weidetierhaltung

Es wird immer von allen Seiten betont, die Schafhaltung sei für Natur und Gesellschaft unverzichtbar. Am Umgang mit GW954f ist das in Nordrhein-Westfalen nicht erkennbar. Es muss endlich im Sinne des Naturschutzes und der Schäferei gehandelt werden.
GW954f bedroht den Bestand der Weidetierhaltung im betroffenen Gebiet sowie deren Naturschutzleistungen und schädigt so auch die Akzeptanz seiner Art.
Zumutbarer Herdenschutz nach Empfehlung des Bundesamtes für Naturschutz wird von GW954f regelmäßig überwunden. Es gibt also keine geeignete Alternative zum Abschuss.

Die Wolfspopulation in Deutschland hat 2018/2019 nach Bericht der im Bund zuständigen DDBW mehr als 140 Territorien erschlossen. Die Entnahme eines Einzelwolfes wäre daher für den günstigen Erhaltungszustand dieser Art ohne signifikante Bedeutung.
Der Abschuss von GW954f ist nach Artikel 45 des Bundesnaturschutzgesetzes möglich und geboten. Er muss umgehend angeordnet werden.

Hintergrund:

Seit drei Jahren diskutieren viele Naturschützer, Weidetierhalter, Jäger, Tierschützer, Herdenschutzhundehalter, Behördenvertreter, Politiker und interessierte Bürger über mögliche Formen der Koexistenz von großen Beutegreifern und Weidetieren.


In einem Punkt sind sich die meisten einig: An erster Stelle kommt der Schutz der Schafe, Ziegen, Rinder, Pferde und anderen Grasern. Trotzdem gelingt es einzelnen Individuen, den zumutbaren Herdenschutz zu überwinden. Solch einen Lernerfolg wird dieser Beutegreifer nicht mehr ablegen. Er wird immer wieder auf dieselbe Weise Beute machen und das Können an andere Artgenossen und seine Nachkommen weitergeben. Er muss entnommen werden, obwohl er geschützt ist. Solch ein Abschuss ist auch für die Akzeptanz der Art unumgänglich. Die Bewertung einer ganzen Art darf nicht durch die Übergriffe einzelner Individuen erfolgen.


Im Juni 2019 erklärte eine Verbändeplattform von Landnutzern, Natur-, Arten- und Tierschutz eine Entnahme als angemessen, wenn der betreffende Wolf mindestens einmal erhöhten Herdenschutz überwunden hat.

Dazu gehörten: Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde (AGHSH), Bundesverband Berufsschäfer (BVBS), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Deutscher Tierschutzbund (DTSchB), Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzSdW), International Fund for Animal Welfare (IFAW), Naturschutzbund Deutschland (NABU), Ökologischer Jagdverband (OEJV), Verein für Arbeitende Herdenschutzhunde (VaH), Vereinigung der Freizeitreiter und fahrer in Deutschland (VFD), WWF Deutschland (WWF).

Ausnahmen vom strengen Artenschutz für den Wolf sind im Einzelfall rechtlich möglich, wenn sie den Zielen des Artenschutzes dienen. Zu den Ausnahmegründen zählt die Abwehr von ersten Schäden an Weidetieren. Eine Ausnahme darf nicht den Erhalt der betroffenen geschützten Art gefährden und nur genehmigt werden, wenn es keine zumutbaren Alternativen gibt.

Der Antragssteller in NRW hat den mit jedem Übergriff auf seine Herde ansteigende Herdenschutzforderungen des Landes entsprochen. Seine Anstrengungen gingen weit über die einschlägigen Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz hinaus. Zuletzt baute er aus Sorge um seine Tiere sogar ein komplizierten drei-dimensionales Zaunsystem, das leider wirkungslos blieb. So ein Zaun wäre in der Hüteschäferei mit ständigem Weidewechsel nicht einmal einsetzbar.

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