Weidetierhaltung muss mehr Anerkennung bekommen

Weidehaltung ist eine besonders tiergerechte Haltungsform für Schafe. Foto: Pixabay

Die Landtagsfraktion NRW CDU und FDP fordern in ihrem Antrag, dass die Ökosystemdienstleistungen der Weidetierhaltung Anerkennung bekommt und honoriert wird.

Die NRW-Koalition von CDU und FDP setzt sich bei der Neuausrichtung der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für die Weidetierhaltung ein und strebt eine auskömmliche Lösung für die Tierhalter und Tierhalterinnen an.

Die Weidetierprämie darf andere Fördermaßnahmen im Herdenschutz, Vertragsnaturschutz, Landschaftspflege oder der Zucht-und Erhaltung nicht ersetzen, sondern muss als zusätzliche Grundprämie zur Anerkennung der gesellschaftlichen Leistungen angesehen werden.

In einem Antrag wird die Landesregierung beauftragt

  • sich bei den Verhandlungen über die neue Förderperiode der GAP beim Bund für die Einführung einer flächendeckenden Weidetierprämie zur Unterstützung der Schaf-und Ziegenhalter sowie der Mutterkuhhalter einzusetzen und diese für Nordrhein-Westfalen umzusetzen.
  • das bestehende Förderprogramm „Extensive Grünlandnutzung“ auf die extensive Nutzung auszurichten und an die Folgen des Klimawandels anzupassen, indem der Mindestbesatz auf 0,3 RGV je Hektar Dauergrünland abgesenkt wird.
  • zu prüfen, ob eine neue, landesweit einheitliche Regelung für die Bezahlung der Landschaftspflegeumzusetzen wäre, die als Dienstleistung für die Gesellschaft mit Anreizkomponente honoriert wird.
  • zu prüfen, wie die Flächenbewertung für schützenswerte Naturräume und extensiv bewirtschaftete Flächen für die neue GAP-Förderperiode zu optimieren wäre.
  • sich dafür einzusetzen, dass bei der Verhandlung der neuen GAP bei der Flächenanrechnung für die Fördersumme keine Kürzungen durch Verbuschungen und Nichtfutterpflanzen vorzunehmen sind und somit die Bruttofläche gefördert wird.
  • zu prüfen, ob die Weidetierhaltung im Voll-und Nebenerwerbmit einer steuerlichen Entlastung für ein förderfähiges Zugfahrzeug unterstützt werden kann.

Die CDU und FDP bezieht ihren Antrag auf die derzeitige Ausgangslage

Diese sei, dass die Weidetierhaltung seit jeher besondere Dienste für die Gesellschaft leisten. Neben der Erzeugung hochwertiger Produkte wie Fleisch, Milch, Häute, Felle und Wolle leiste sie einen wichtigen Beitrag für die Biotop-und Landschaftspflege.

Lamm-Weidetierhaltung-NRW
Foto: privat

Wie es in der Begründung weiter heißt, habe diese positive Auswirkungen auf Naturschutz, den Erhalt von Biodiversität und Kulturlandschaften. Schaf-und Ziegenhaltung spielen zugleich im Zusammenhang mit der Pflege von Deichen eine wichtige Rolle für den Hochwasserschutz. Weidetierhaltung gewährleistet auf z.T. schwierig zu pflegenden Flächen eine umweltgerechte Grünlandnutzung und eine regionale und extensive Fleischproduktion.

Durch ihre Anpassungsfähigkeit ist die Weidetierhaltung in den unterschiedlichsten Landschaftsräumen anzutreffen; insbesondere in den Mittelgebirgen, auf Restflächen, in Steillagen, auf maschinell nicht zu bewirtschaftendem Nassgrünland sowie auf allen extensiv zu bewirtschafteten Trocken-und Magerrasen.

Weidehaltung ist eine besonders tiergerechte Haltungsform

Darüber hinaus sei die Weidehaltung eine besonders tiergerechte Haltungsform. Maximale Bewegungsfreiheit und Klimareize tragen zum Wohlbefinden der Tiere bei. Die Tiere seien nicht selten ganzjährig auf der Weide und ernähren sich hauptsächlich von Gras und Heu. Weidetierhalter wirtschaften in einer ökonomisch schwierigen Gesamtsituation.

Während die Ertragslage sich kaum zum Besseren entwickelt habe, steigen jedoch die Kosten in den vergangenen Jahren für Flächenpachten und durch die Dürresommer seien die Preise für Grundfutter wie Grassilage und Heu ebenfalls gestiegen. Zudem seien auch Transportkosten ein maßgeblicher Kostenfaktor.

Lämmer-Weidetierhaltung-NRW
Osterlämmer 2021. Foto: Katrin Tiemann

Geringe wirtschaftliche Produktivität

Bedingt durch die geringe wirtschaftliche Produktivität sei die Weidetierhaltung im Regelfall nicht in der Lage, hohe Pachten zu bezahlen und müsse sich auf Restflächen, die für andere landwirtschaftliche Betriebszweige uninteressant seien, beschränken. Dies habe zur Folge, dass die hauptberuflich betriebene Schafhaltung heute auf weit auseinanderliegenden Grenzertragsflächen stattfindet, wodurch hohe Transportkosten entstehen.

Darüber hinaus verschärfe die Rückkehr des Wolfes nach Mitteleuropa die Situation vor allem in der Schafhaltung weiter.

Da teilweise die Tierhaltung im Nebenberuf oder als Hobby ausgeübt werde, drohe bei zu starken Belastungen eine Aufgabe dieser Tätigkeiten und damit ein Verlust der gesellschaftlich erwünschten Ökosystemdienstleistungen der Weidetierhaltung.

Derzeit gibt es ca. 1.100 Betriebe mit mindestens 20 Schafen in Nordrhein-Westfalen und im Bereich der Mutterkuhhaltung sind es rund 65.000 Tiere auf etwa 6.000 Betrieben.

Die aktuelle Agrarförderung knüpft an die Flächenausstattung des jeweiligen Betriebes an. Insbesondere flächenarme Betriebe, wie sie häufig bei der Schafhaltung anzutreffen seien, können die flächengebundenen Förderprogramme häufig nicht in dem erforderlichen Umfang in Anspruch nehmen. Programme, die bei Milchkühen an bestimmte Tierwohlleistungen anknüpfen, wie z.B. die Sommerweidehaltung und die Aufstallung auf Stroh, seien für Schaf-und Ziegenhalter nicht zugänglich. Der Grund dafür sei, dass diese Form der Tierhaltung seit jeher im Sommer auf der Weide und während der Stallperiode auf Stroh stattfindet.

Schaf auf der Wiese Foto Katrin Tiemann
Ein glückliches Schaf. Foto: Katrin Tiemann

Bisherigen Instrumentarien nicht ausreichend

Die Agrarumweltmaßnahme „Extensive Grünlandnutzung“ könne derzeit im Rahmen der Schafhaltung immer seltener in Anspruch genommen werden, weil der in den Programmbedingungen vorgeschriebenen Mindestbesatz von 0,6 RGV je Hektar nicht erreicht werde. Besonders in den trockenen Sommermonaten liefern die ohnehin extensiv bewirtschafteten Weiden nicht die benötigte Futtermenge, so dass der durchschnittliche Viehbesatz unter der Mindestanzahl bleibt. Anderenfalls hätten die Tiere nicht genug zu fressen und der Beweidungsdruck würde über ein standortangepasstes Maß hinausgehen, wodurch die Naturschutzziele gefährdet würden.

Die bisherigen Instrumentarien seien nicht ausreichend, um die Weidetierhaltung ihrer ökologischen Bedeutung entsprechend zu erhalten.

Lamm
Foto: Peter Rudde

Weidetierprämie

Gründe, die dazu geführt haben seien, dass die Agrarministerkonferenz sich am 26. März 2021 einstimmig dafür ausgesprochen hat, bei der nationalen Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik die Einführung einer Weidetierprämie für die Halter von Schafen, Ziegen und Mutterkühen in Höhe von 2% des Direktzahlungsvolumens vorzusehen.

Die darin getroffene Abstufung in der Höhe der Prämien je Mutterkuh und je Mutterschaf bzw. -Ziege liegt in der Tatsache begründet, dass die Wirtschaftlichkeit in der Schaf-und Ziegenhaltung noch schlechter als in der der Mutterkuhhaltung ist. Mutterkuhhaltungen können im Regelfall auf eigene bzw. gepachtete Flächenzurückgreifen, so dass sie in einem größeren Umfang Flächenprämien in Anspruch nehmen können.

Die weiten täglichen Fahrstreckendurch eine Wandertierhaltung fallen bei der Mutterkuhhaltung in der Regel ebenfalls nicht an. Bereits im Mai 2018 haben CDU und FDP die Landesregierung in einem Entschließungsantrag aufgefordert, sich für eine stärkere Berücksichtigung der Schaf- und Ziegenhaltung in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) einzusetzen und die Teilnahme an Fördermaßnahmen zu ermöglichen.

Schafe Weidetierhaltung NRW
Drenthe Heideschafe. Foto: Heike Kickel

Neuausrichtung der GAP für die Weidetierhaltung

Inzwischen hat auch die EU festgestellt, dass gekoppelte Zahlungen beim Schutz gefährdeter Branchen und Gebiete eine sehr wichtige Rolle spielen. Die NRW-Koalition von CDU und FDP setzt sich bei der Neuausrichtung der GAP für die Weidetierhaltung ein und strebt eine auskömmliche Lösung für die Tierhalter und Tierhalterinnen an.

Die Weidetierprämie darf andere Fördermaßnahmen im Herdenschutz, Vertragsnaturschutz, Landschaftspflege oder der Zucht-und Erhaltung nicht ersetzen, sondern muss als zusätzliche Grundprämie zur Anerkennung der gesellschaftlichen Leistungen angesehen werden.