Teilen statt töten – Friedhelm Hengsbach über Gerechtigkeit

„Was ist schon Gerechtigkeit“- Diese Frage stellte der Theologe Friedhelm Hengsbach

Der Theologe und Jesuit Friedhelm Hengsbach spricht in der Marienthaler Klosterkirche über die grundlegenden gesellschaftlichen Risse.

Marienthal. „Hartz IV teilt die Menschheit. Armut bedeutet Ausschluss aus der Gesellschaft und schließt Menschen aus dem Teilen statt töten – soziokulturellen Leben aus, was nach dem Bundesverfassungsgesetz eine Verletzung der Menschenwürde ist“, betonte Professor Friedrich Hengsbach bei seinem Vortrag „Teilen statt töten“ in der Marienthaler Klosterkirche.

Er ist Mitglied des Nell-Breuning-Instituts in Heidelberg und war auf Einladung von Pater Klemens August Droste nach Marienthal gekommen. „Der Niederrhein hat mich überrascht. Egal, wohin man schaut, man sieht ja nur Himmel. Im Gegensatz zu meiner Heimat ist alles hier viel freier“, sagte der Sozialethiker in seiner Begrüßung am Mittwochabend.

Friedhelm Hengsbach analysierte in seiner Rede der Klosterkirche Marienthal die Spaltung unserer Gesellschaft

Risse in der Gesellschaft

In seinem Vortrag widmete sich der 82-jährige Jesuit und Theologe den grundlegenden gesellschaftlichen Rissen und deren Deutung.

Seiner Meinung nach gebe es verschiedene Vorstellungen über Gerechtigkeit. „Was ist schon Gerechtigkeit? Doch nur das, was die Mächtigen für gerecht halten. Seit Urzeiten wird darüber gestritten und es gab große Debatten unter den Parteien, in der es hieß, die Deutschen müssten sich verabschieden von ihren traditionellen Vorstellungen über Gerechtigkeit, Verteilungsgerechtigkeit sowie Bedarfsgerechtigkeit“.

Spaltung des Bildungssystem

Die Kluft zwischen Arm und Reich werde immer größer unterstrich Hengsbach. Als Beispiel führte er das heutige Bildungswesen auf und das Recht für alle auf Bildung, ob arm oder reich. Hier gebe es eine große Kluft. „Die Chance, dass eine gebildete, aber nicht wohlhabende Familie ihr Kind auf ein Gymnasium bekommt, ist viermal so groß, wie für ein Kind einer armen Familie, was genauso begabt ist. Das heißt also, Spaltung aufgrund des Zugangs zum Bildungssystem. Das deutsche Bildungssystem ist eh noch bildungsfern“.

Hier rügte Hengsbach, das aktuell vielerorts keine fertig ausgebildeten Lehrer an Schulen unterrichten. „Wir reden alle von Digitalisierung, nur die einfachsten normalen Dinge klappen nicht“.

Friedhelm Hengsbach analysierte in seiner Rede der Klosterkirche Marienthal die Spaltung unserer Gesellschaft
Friedhelm Hengsbach analysierte in seiner Rede in der Klosterkirche Marienthal die Spaltung unserer Gesellschaft. Foto: Petra Bosse

Gleiche Rechte?

Aber haben nicht alle Menschen die gleichen Rechte wie das Recht auf Gesundheit und Bildung? Und sei das nicht ein Allgemeingut der Menschheit? „In einer so schieflastigen Gesellschaft kann man fragen, was gerecht ist. Wir sprechen dann von Gleichheit, wenn es um Würde und Rechte geht, die wir uns wechselseitig zusprechen, wenn es um Rechte geht.

Der gesamte öffentliche Bereich, der für alle da ist, muss wieder viel stärker betont werden gegenüber der Privatwirtschaft“.

Aufmerksam hörten die Besucher in der Klosterkirche zu. Darunter auch Eckhard Brick aus Mehrhoog: „Das heutige Thema zeigt genau die Differenz zwischen Kooperation und Aggression auf. Das sind die beiden grundlegenden gesellschaftlichen Verbindungen des Menschen“.

Josef Breuer, Kirchenmusiker aus Schermbeck sagte: „So viel Widersprüche und Sinnlosigkeiten gibt es in unserer Welt. Das Thema ´Teilen statt töten`könnte vielleicht manchmal ganz einfach sein. Ich habe viel mit Kindern zu tun, die viel einfacher denken. Ich erhoffe mir von dem Vortrag Anregungen zu bekommen, um in meinem Denken ein Stück weiterzukommen“.

Petra Bosse

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