Sind Wolfsschutz und Naturschutz miteinander vereinbar?

Leserbrief zum Thema Wolfsschutz und Naturschutz von Fabian Bresch 

Weil viele selbsternannte Wolfsschützer widersprüchliche Forderungen an Weidetierhalter und an die Gesellschaft verbreiten, stellt sich mir mehr und mehr die Frage: “Sind Wolfsschutz und Naturschutz miteinander vereinbar?“

Alle Naturschützer – auch die Wolfsschützer – fordern weniger Eingriffe in die Natur. Die Menschen sollen der Natur mehr Entfaltung ermöglichen, weniger Einschränkungen und mehr Raum geben um sich nachhaltig entwickeln zu können.

Als naturverbundener Mensch und Jäger kann ich diese Ziele nur unterstreichen und denke, dass jeder von uns einen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele leisten muss. Die Wolfschützer fordern im gleichen Atemzug, dass Weidetierhalter wolfsabweisende meterhohe, stromgesicherte und gegen Untergrabungen gesicherte Zäune anschaffen, aufstellen und unterhalten/pflegen sollen.

Sind solche Zäune kein Einschnitt in die Natur?

Ich bin Jäger und Weidetierhalter. Nachdem unsere Schafe von Wölfen gerissen wurden, halten wir nur noch Pferde (darunter ein Pony), Hühner und Gänse. Zunächst hatten wir die Schafe normal eingezäunt. Nach dem ersten Riss haben wir ein 1,50m hohes Netz mit einem 1.000-Volt-Weidezaungerät aufgestellt. Selbst dieser Zaun (höher als die von den sogenannten Experten geforderten wolfssicheren Zäune) wurde von den Wölfen dann problemlos überwunden.

Unser Stall liegt direkt zwischen zwei Waldstücken. Über unser Grundstück verlaufen drei Wildwechsel (Rot-, Schwarz- und Rehwild) Erstaunlich ist, dass Hirsche sogar zwischen den Pferden äsen und sich auch durch uns nicht großartig beim Wechseln über das Grundstück stören lassen. Höhere wolfsabweisende Zäune können von dem Wild nicht überwunden werden, sie müssen ausweichen.
Unsere Nachbarn halten aber auch Tiere (u.a. Ponys) auf der Weide. Also auch da müssen Zäune her.
Das Wild und auch der Wolf müssen über die nahe gelegene Hauptstraße ausweichen, da dann kein anderer Weg mehr hin zu benachbarten Waldstücken möglich ist. Das birgt erhebliche Gefahren für das Wild (auch den Wolf) und den Verkehr. Zudem sterben durch die hohen Zaun-Spannungen viele Kleintiere (z. B. Igel). Beim Versuch die Zäune zu überwinden verfangen sich darin auch Wildtiere. Leider werden nicht alle rechtzeitig entdeckt, die anderen müssen qualvoll verenden.

Zusammenfassend frage ich mich: „Wo bleibt da der Naturschutz?“
Auf Facebook postet der Wolfsschutz Deutschland e.V. lobend einen in Brandenburg aufgestellten wolfsicheren Zaun, der 1,90 hoch ist und oben und unten elektrisch gesichert. Wie schön wird der geliebte Spaziergang durch die Natur, wenn Ihr Kind weint und Ihr Hund winselt, weil Sie sich Stromschläge eingefangen haben. Zur Krönung finden Sie am Straßenrand dann noch ein angefahrenes Reh. Ein wirklich eindrucksvolles Naturerlebnis!!!

Offenstallhaltung und Weidehaltung

Weidetierhaltung verbunden mit Offenstallhaltung ist für Tier wie Pferde, Rinder, Schafe und andere die beste, natürlichste, artgerechte Haltung. Unsere Pferde haben wir ebenso wie unsere Schafe von Anfang an in Offenstallhaltung untergebracht.
Im geschützten Unterstand wurden sie gefüttert und können nach Belieben jederzeit auf die Weide. Auch die Landwirte mit kommerzieller Tierhaltung gehen mehr und mehr dazu über, ihre Tiere dauerhaft auf der Weide zu halten, anstatt diese einzustallen. Damit folgen sie den Forderungen der Naturschützer.

In der Gesellschaft hat ein Umdenken eingesetzt. Man kauft Lebensmittel bewusster ein, um tiergerechte Haltungsformen zu unterstützen. Große Lebensmittelketten haben dies erkannt und werben sogar intensiv damit.
Von den Wolfsschützern ist zu hören: „Die Weidetierhalter provozieren Wolfsrisse, indem sie die Tiere nachts nicht im Stall wegsperren. Unsere Tiere sind von Geburt an daran gewöhnt, nachts nicht auf wenige Quadratmeter eingesperrt zu werden. Wir beobachten, dass unsere Tiere auch nachts aktiv ihren Auslauf nutzen.

Extremisten unter den Wolfsschützern werfen den Weidetierhaltern sogar vor, dass die freie Weidehaltung dazu genutzt wird, Risse zu provozieren, um damit Stimmung für die Entnahme der Wölfe zu machen. Dies zeigte sich insbesondere auf den einschlägigen Internetplattformen nach den letzten Rissen von Shetlandponys.

Gerade auf Facebook ist die extreme Hetze gegen die Familien, die ihre geliebten Tiere verloren haben, in den Kommentarspalten besonders stark vertreten.
Es zeigt sich hier besonders deutlich, dass Tierschutz und extremer Wolfsschutz nicht miteinander vereinbar ist. Ein Nebeneinander von Wolfs- und Tierschutz funktioniert nicht nach dem Motto: „Alle Tiere müssen gleich geschützt werden, nur der Wolf ist gleicher?“

Wolfsschutz ja!

Das Raubtier Wolf hat seinen natürlichen, artgerechten Lebensraum in der „Wildnis“ und nicht in einer stark durch Weidetierhaltung und naturnahe Freizeitgestaltung genutzten Kulturlandschaft. Um Konflikte von vornherein auszuschließen, muss hier ein Wildtiermanagement mit fundierten Hegezielen, aber auch mit rechtssicheren Entnahmemöglichkeiten einsetzen. Viele unserer Nachbarländer machen das beispielhaft dadurch vor, dass der Wolf in das Jagdrecht aufgenommen wurde.

Warum lernen wir nicht von Ihnen?

Der Leserbrief spiegelt meine Meinung als betroffener Weidetierhalter und Jäger im Wolfsgebiet Schermbeck wieder. Fabian Bresch 

Hinweis: Verantwortlich für den Inhalt der veröffentlichten Zuschriften/Leserbrief ist der jeweilige Verfasser. Leserbriefe können auch durch die Redaktion gekürzt werden.