Papierene Krippen für arme Leute

Der Schermbecker Hermann Ostrop ist seit 65 Jahren ein Krippen-Fan

Schermbeck Wenn Hermann Ostrop das Wort „Krippe“ hört, dann leuchten die Augen des 79-jährigen pensionierten Geschäftsstellenleiters der Schermbecker Verbands-Sparkasse auf. Krippen haben sein ganzes Leben begleitet. Etwa 20 verwahrt er noch in Kisten auf.

Die Leidenschaft, Krippen zu basteln, hat zwei Ursachen. Von seinen beiden im Krieg gestorbenen Brüdern Hans und Bernhard hatte der damals noch in Dorsten wohnende Hermann Ostrop einen Laubsägekasten „geerbt“. Holz gab es schon vor der Zerstörung der Dorstener Altstadt für ein paar Groschen vom Malermeister Heinrich Heuwing. Im Jahre 1946 begann Ostrop mit dem Bau erster Krippenfiguren. Ein Kamel aus jenen Tagen steht noch heute im Hause Ostrop im Schermbecker Kerkerfeld. Zum Anmalen des hölzernen Kamels verwendete Ostrop damals arg riechende braun-beige Farbe. Das Zaumzeug entstand aus einem Wollrest. Das Teilstück einer Decke, die aus Wehrmachtsbeständen stammte, diente als Schwanz. Die Materialauswahl war eben begrenzt.

Ob Krippen aus der Pappmaschee-Massenproduktion, Faltkrippen im Nazarener-Stil, Krippen aus Holz, Textil, Ton und Bronze: In den letzten 65 Jahren hat sich der heute 79-jährige Hermann Ostrop dem Krippenbau verschrieben. Die abgebildete barocke Bretterkrippe, eine Papierkrippe, deren Figuren er durch Holz verstärkt hat, steht im Original in der Pfarrkirche St. Peter und Paul im österreichischen Telfs. Christoph Anton Mayr malte sie um 1767. Aufgelegt wurde die Papierkrippe durch den Krippenverein Telfs. Die Krippe ist eine so genannte Wechsel-Krippe mit drei Szenen. Das Foto zeigt die Anbetung der Hirten. Sie kann aber mit auch so mit Figuren bestückt werden, dass die Beschneidung des Herrn oder die Anbetung der Könige dargestellt werden. Foto Scheffler
Ob Krippen aus der Pappmaschee-Massenproduktion, Faltkrippen im Nazarener-Stil, Krippen aus Holz, Textil, Ton und Bronze: In den letzten 65 Jahren hat sich der heute 79-jährige Hermann Ostrop dem Krippenbau verschrieben. Die abgebildete barocke Bretterkrippe, eine Papierkrippe, deren Figuren er durch Holz verstärkt hat, steht im Original in der Pfarrkirche St. Peter und Paul im österreichischen Telfs. Christoph Anton Mayr malte sie um 1767. Aufgelegt wurde die Papierkrippe durch den Krippenverein Telfs. Die Krippe ist eine so genannte Wechsel-Krippe mit drei Szenen. Das Foto zeigt die Anbetung der Hirten. Sie kann aber auch so mit Figuren bestückt werden, dass die Beschneidung des Herrn oder die Anbetung der Könige dargestellt werden. Foto Scheffler

Die Begeisterung fürs Bauen von Krippen blieb auch erhalten, als Hermann Ostrop heiratete. Im Keller des Hauses hat er einen Teil seiner Freizeit damit verbracht, eine nicht gezählte Anzahl bildhafter Darstellungen der Geburt des Erlösers aus Holz, Textilien, Ton und Bronze herzustellen. Die Töchter Ursula und Elisabeth haben ebenso Krippen vom Vater bekommen wie Freunde und Verwandte. Die Enkelkinder haben inzwischen das Werkel-Gen des Großvaters für sich entdeckt.

Die Ära des Baus klassischer Krippen wurde im Hause Ostrop abgelöst, als Hermann Ostrop in den frühen 1980er-Jahren ein Faible für Papierkrippen entwickelte. Solche Papierkrippen gab es bereits im 16. Jahrhundert in Italien. Es war eine preisgünstige Variante, um auch ärmeren Familien die Anschaffung einer Krippe zu ermöglichen, die bis dahin allenfalls den Blick auf die Nachbildung des Stalls zu Bethlehem werfen konnten, indem sie sich die Nasen an den Fenstern wohlhabender Bürger platt drückten. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte des Papierkrippenbaus findet man im Internet unter www.papierkrippe.de/historie.php.

Von den ganz unterschiedlichen Arten wie Karten-, Buch-, Falt- und Hängekrippen und Krippen zwischen den Fensterflügeln hat Hermann Ostrop einige ausprobiert. Bei all diesen Papierkrippen sorgte Ostrop mit seiner Begeisterung für Laubsägearbeiten für einen festen Halt und Stand der vielen papierenen Einzelfiguren, die er den DIN-A-3-Bestellmappen entnahm. „Die einzelnen Teile sind so für Kinder handlicher und fallen nicht bei jedem Windhauch um“, sieht Ostrop als einen weiteren Vorteil.

Für die „Dorstener Zeitung“ hat Hermann Ostrop in der vergangenen Woche einen Großteil der sorgsam verstauten Papierkrippen noch einmal ausgepackt und aufgebaut. Beim Rundgang zeigte er ein paar Nachbildungen besonders berühmter Krippen. Dazu gehörte die Wiener Führich-Krippe, die Joseph Ritter von Führich in den Jahren 1865 bis 1870 malte. Führer gilt als der Hauptmeister der Nazarener-Krippe. Zu Ostrops Krippen-Beständen gehört auch eine barocke Papierkrippe aus dem Salzburger Museum. Die aus Tirol stammende Krippe zeichnet sich durch einfache Hirtenfiguren einerseits und barocke Könige mit einem prachtvollen Gefolge andererseits aus. H.Scheffler

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.