Vortrag im Rathaus Schermbeck zur Palliativmedizin. Am 2. November hatte der Seniorenbeirat der Gemeinde Schermbeck in das Begegnungszentrum des Rathauses eingeladen.
Zu einem Thema, das nur auf den ersten Blick zum Trauermonat November passte. Gemeinsam mit Anja Kloppert, Projektleiterin von der SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativ Versorgung) Niederrhein, war Dr. med. Christoph Gerhard auf Einladung des Seniorenbeirats nach Schermbeck gekommen.
Mit seinem Vortrag „Palliativversorgung – wenn Heilung nicht mehr möglich ist“, zeigte der Experte, dass man dem Sterben viel von seinem Schrecken nehmen kann.
Wenig bekanntes Fachgebiet
Nachdem Reiner Endemann, 2. Vorsitzender des Seniorenbeirats, das Mikrofon an den Neurologen übergeben hatte, erfuhren die Gäste, dass die Palliativmedizin keineswegs eine spaßfreie Zone ist. Im Gegenteil, auch mit unheilbar kranken Menschen kann noch viel gelacht werden, wenn man ihnen die Schmerzen oder andere Symptome nehmen kann. Dazu gehört vor allem die angsteinflößende Atemnot. Doch auch dagegen gibt es Medikamente, verriet der Fachmann.
Allerdings erlebt er es in seinem Berufsalltag immer wieder, dass die Menschen sich viel zu spät um Hilfe an die Palliativmediziner wenden. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einige versuchen, die Schmerzen erst einmal auszuhalten, andere haben noch nie von dieser speziellen Fachrichtung gehört. Was nicht verwundert, da der Begriff Palliativmedizin noch vergleichsweise jung ist.
Das erste deutsche Hospiz entstand in Köln
Gerade 50 Jahre ist es her, dass in London das erste Hospiz gegründet wurde. Damals ein so bahnbrechendes Ereignis, dass sich ein Kamerateam des ZDF auf den Weg in die englische Hauptstadt machte, um das Projekt der Krankenschwester und Ärztin Cicely Saunders vorzustellen. Das Ergebnis wurde in Deutschland mehrheitlich kritisch gesehen, da man hier irrtümlich eine Nähe zur Sterbehilfe vermutete. Daher vergingen weitere 17 Jahre, bis Ende der 80er Jahre in Köln auch das erste deutsche Hospiz eröffnete. Die palliative Versorgung hilft dabei, die notwendige Begleitung bei einem menschenwürdigen Sterben auch zu Hause sicherstellen zu können.
80 Mitarbeiter im Einsatz
Wie groß der Bedarf an diesen Angeboten ist, wird bei einem Blick auf die SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativ Versorgung) Niederrhein deutlich. Rund 80 Mitarbeiter sind hier im Einsatz, darunter 15 Mediziner. Sie sind kein Ersatz für Hausärzte oder Pflegedienste, sondern eine Ergänzung. Im Normalfall besuchen sie die Betroffenen zweimal in der Woche, um sie mit speziellen Medikamenten zu versorgen. Falls erforderlich schauen sie aber auch täglich vorbei, sogar nachts.
90 % der betreuten Menschen können zu Hause sterben
Viele Sterbende haben den Wunsch, das Leben in den eigenen vier Wänden zu beenden. Auch dabei stehen die Spezialisten zur Seite. Eine Notfallbox mit entsprechenden Medikamenten steht immer bereit. Sollte es einmal mitten in der Nacht zu einer Krise kommen, z. B. durch Atemnot, sind die Palliativmediziner erster Ansprechpartner.
So gelingt es, dass rund 90 % der von der SAPV betreuten Menschen tatsächlich zu Hause sterben. 5 % sterben in einem Krankenhaus und 5 % in einem Hospiz. Sogar bei Alleinstehenden kann es gelingen, den Wunsch nach einem friedlichen Tod zu Hause zu erfüllen, wenn das nachbarschaftliche Umfeld stimmt, konnte Dr. Gerhard berichten. Für ihn ein ganz wichtiger Aspekt, denn der Patientenwunsch ist stets die oberste Richtschnur.
An die SAPV Niederrhein kann sich jeder aus dem Bereich Dinslaken und nördlich davon mit einer diagnostizierten unheilbaren Erkrankung im fortgeschrittenen Alter und entsprechenden Symptomen wenden. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten. Nach dem öffentlichen Teil der Veranstaltung wies der Vorsitzende des Seniorenbeirats Friedhelm Stoltenberg interessierte Gäste darauf hin, dass Dr. Gerhard und Anja Kollert noch für persönliche Gespräche zur Verfügung stehen würden.