„Nehmt die jugendlichen Flüchtlinge an die Hand!“

Bürgermeister Mike Rexforth stellte sich den Fragen der Jugendlichen
Schermbeck Die Flüchtlingssituation in Schermbeck stand im Mittelpunkt einer Informationsveranstaltung im Jugendheim „YOU“, zu der Jugendleiter Patrick Bönki am Montagabend Bürgermeister Mike Rexforth begrüßen konnte.
„Der größte Teil der Flüchtlinge ist zwischen 15 und 25 Jahre alt; das sind Leute, auf die ihr als Jugendliche im Alltag am ehesten trefft“, begründete Rexforth sein Anliegen, mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Nach einem einführenden Referat stellte sich der Bürgermeister den wenigen Fragen der Jugendlichen.
Mit der Frage „Wer von euch hat schon mal mit dem Gedanken gespielt, von zu Hause wegzugehen ?“ begann Rexforth sein Referat. Die meisten Besucher reckten ihre Hände hoch, worauf Rexforth hinzufügte: „Jetzt stellt euch vor, wie sehr es Menschen antreibt, ihre Heimat zu verlassen, wenn es für sie nichts zu essen und zu trinken gibt oder wenn Krieg, Terror und Verfolgung sie bedrohen.“
Flüchtende Menschen habe es schon immer gegeben, erinnerte Rexforth unter anderem an die frühen 1990er-Jahre, als Schermbeck mehr als 400 Flüchtlinge aufnehmen musste. Rexforth erklärte den Jugendlichen den Verteilungsschlüssel, bei dem die Einwohnerzahl ebenso berücksichtigt werde wie die Gemeindefläche und die Steuerkraft. Wenn in Deutschland eine Millionen Flüchtlinge registriert würden, dann müsse Schermbeck etwa 215 Flüchtlinge aufnehmen. Derzeit leben in Schermbeck 280 Flüchtlinge. Etwa 70 Prozent dieser Flüchtlinge hätten die Chance auf Anerkennung ihres Asylgesuches.
Rexforth kennzeichnete die Unterbringung der Flüchtlinge in Schermbeck. 44 wohnen in der ehemaligen Uefter Schule, 85 in einem ehemaligen Arbeiterwohnheim an der alten Poststraße. 30 im Rheinisch-Westfälischen Hof. Im Ecco-Hotel und in einer Werkshalle in Bricht sollen jeweils 80 Flüchtlinge untergebracht werden. „Fast 110 leben in Privatwohnungen“, freute sich Rexforth über die Bereitschaft der Schermbecker, Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Bürgermeister Mike Rexforth sprach mit Jugendlichen im „YOU“ an der Kempkesstege über die Flüchtlingssituation in Schermbeck. Foto: Helmut Scheffler
Bürgermeister Mike Rexforth sprach mit Jugendlichen im „YOU“ an der Kempkesstege über die Flüchtlingssituation in Schermbeck. Foto: Helmut Scheffler

In der anschließenden Fragerunde legte Rexforth Wert darauf, Vorurteile abzubauen. Nach den vorliegenden Statistiken gebe es keine erhöhte Kriminalität bei Flüchtlingen. „Wenn in Schermbeck die Steuern erhöht werden, dann hat das andere Gründe“, stellte Rexforth fest und verwies auf 10 000 Euro, die der Gemeinde Schermbeck vom Bund und vom Land pro Flüchtling und Jahr zugeteilt würden.
„Seid als YOU offen!“, ermunterte der Bürgermeister die Jugendlichen, als er nach Möglichkeiten befragt wurde, sich für Flüchtlinge zu engagieren. Er empfahl, auf die jugendlichen Flüchtlinge zuzugehen, sie an die Hand zu nehmen, um ihnen zu zeigen, wo man gleichaltrige Deutsche kennen lernen könne, wie der Öffentliche Personenverkehr funktioniere oder wo sich Geschäfte, Ärzte oder Spielplätze befänden. Als eine besonders gute Form der Unterstützung bezeichnete Rexforth Patenschaften. Zeitliche Verpflichtungen gebe es dabei nicht. „Wir sind froh über jeden“, so Rexforth, „der sich in seiner Freizeit mit Flüchtlingen beschäftigt.“ Dabei verwies er auf zahlreiche Beispiele von Hilfsangeboten wie Sprachunterricht, Kleiderkammern und Begleitdienste. Die Mehrheit der Schermbecker Bevölkerung sei positiv gestimmt. Einen praktischen Tipp gab Rexforth den Jugendlichen mit auf den Heimweg: „Nehmt doch einfach einen jugendlichen Flüchtling mit ins YOU oder in euren Sportverein!“ Er selbst will in Kürze mit dem Gemeindesportverband sprechen, um Chancen zur Integration von Flüchtlingen in Sportvereine auszuloten. H. Scheffler

Vorheriger ArtikelLicht aus Bethlehem brennt in Schermbeck
Nächster ArtikelBesinnliche und frohe Weihnachten
Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.