Mützenschnecke ist „Bewohner des Monats“

Serie des Lippeverbandes – In Schermbeck kommt die Mützenschnecke in der Lippe vor.

Schermbeck. (pd) Entdecken die Biologen Mützenschnecken im Gewässer, ist das Grund zur Freude! Da die vier bis acht Millimeter großen Wasserlebewesen nur über ihre Haut atmen können, brauchen sie extrem sauerstoffreiches Wasser und sind somit ein Anzeiger für gute Wasserqualität.

Urzeittier mit kleinem Bewegungsradius

Der Lippeverband hat die Schnecken mit der außergewöhnlichen, spitzen Kopfbedeckung darum als „Bewohner des Monats Juli“ ausgewählt. In Schermbeck kommt die Mützenschnecke in der Lippe vor.

Mit dem Strom: Kopfbedeckung nützt und schützt

Doch wo kann man die Miniatur-Schnecken im Wasser entdecken? Die Mützenschnecke hat kein rundes Häuschen, wie Gartenschnecken es mit sich herumtragen. Ihr gewindeloses Haus ähnelt eher einer leicht nach hinten gebogenen, spitzen Mütze.

Die Mützenschnecke „grast“ gern Algen und Flechten ab.
Foto: EGLV

Das Gehäuse ist dabei dünnwandig und bei älteren Tiere oft mit einer Algenschicht bewachsen. „Mit ihrer mützenförmigen Schale ist diese Schnecke perfekt an das Leben in fließenden Gewässern angepasst.

Sie saugt sich mit einer breiten Fußscheibe an Steinen fest und ‚grast‘ Algen und Flechten ab“, beschreibt Sylvia Mählmann.

Die Nahrung verdauen die Tiere mit Hilfe von Sandkörnern im Muskelmagen. Sitzt die Mützenschnecke einmal „auf dem Trockenen“, übersteht sie Wassermangel durch kurzfristiges Festheften am Steinuntergrund.

Vielfältiger Schneckensex dient der Arterhaltung

Mützenschnecken müssen nicht zwangsläufig auf Partnersuche gehen, wenn sie sich fortpflanzen wollen. Stimmt die Wassertemperatur im Frühjahr, kann die Mützenschecke als Zwitter ihre Rolle beliebig tauschen, da sie zwei Geschlechtsorgane hat.

Teilweise bilden die Schnecken sogar ‚Kopulations-Ketten‘ von vier bis fünf Tieren. Doch noch häufiger findet die Selbstbefruchtung statt, was einen enormen Überlebensvorteil bringt: So kann aus einem einzelnen Tier eine komplett neue Population entstehen!

Der Laich der Mützenschnecke besteht aus kleinen durchsichtigen Gallertscheiben, die sie fest an den Untergrund kittet. Insgesamt kann eine erwachsene Schnecke bis zu 100 Eier legen.

Nach 3 bis 4 Wochen schlüpfen die kleinen, weniger als ein Millimeter großen Schnecken und haben dann eine Lebenserwartung von rund einem Jahr.

Erholung für Menschen

Fließgewässer sind die Lebensadern unserer Landschaft. Sie bieten Menschen nicht nur Erholung, sondern sind als Ökosysteme unverzichtbar und schützenswert.

Ein Großteil der Wasserlebewesen sind wirbellose Tiere (Makrozoobenthos), die häufig am Boden oder Rand des Gewässers leben. Dazu gehören u.a. Wasserinsekten, Krebstiere, Schnecken und Muscheln.

Sie sind ein wichtiger Indikator für die Wasserqualität. Denn nur ein natürliches Gewässer weist eine hohe Anzahl und Vielfalt wirbelloser Tiere auf.

Lebendige Lippe

Durch das Programm „Lebendige Lippe“ soll sich der längste Fluss in NRW natürlicher entwickeln. Diese Veränderungen erfassen die Lippeverbands-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Labors anhand von Probenahmen entlang der Lippe und ihrer Nebenläufe.

Dabei untersuchen sie regelmäßig insgesamt 431 Kilometer Wasserläufe im Verbandsgebiet. Ausgewählte Lebewesen, die etwas über die Wasserqualität verraten, stellt der Lippeverband in seiner Serie „Bewohner des Monats“ vor.

Mitarbeiterin Sylvia Mählmann „mittendrin“ bei der Probennahme
Foto: EGLV Rupert Oberhäuser

Die Lippe ist ein 220 Kilometer langer Nebenfluss des Rheins. Sie entspringt in Bad Lippspringe und mündet in Wesel in den Rhein. Auf der rund 147 Kilometer langen Strecke zwischen Lippborg und Wesel fließt die Lippe durch das Gebiet des Lippeverbandes.

Hier hat das Land NRW die Unterhaltung und den Ausbau des Flusses an den Lippeverband übertragen.

Der Lippeverband übernimmt neben der allgemeinen Pflicht der Gewässerunterhaltung auch die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie an der Lippe.

Hierzu hat der Lippeverband im Auftrag des Landes im Jahre 2013 das Programm „Lebendige Lippe“ für seinen Zuständigkeitsbereich aufgelegt und neben der Fortsetzung der bestehenden Projekte mehrere neue Projekte begonnen.

Das übergeordnete Ziel ist die langfristige Verbesserung und Wiederherstellung eines intakten Fluss-Auen-Ökosystems mit einer Erhaltung und Entwicklung von fluss- und auentypischen Strukturen und Lebensgemeinschaften. Für das Landesgewässer Lippe werden zu 100 % Landesmittel eingesetzt.

Europäische Wasserrahmenrichtlinie

Mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) wird nicht nur ein „guter Zustand“ für alle Gewässer in den Mitgliedsstaaten der EU bis zum Jahr 2027 gefordert. Seit Inkrafttreten der Richtlinie im Jahr 2000 ist auch die ganzheitliche Betrachtung von Fluss-Einzugsgebieten Allgemeingut geworden. Danach ist der gesamte Fluss von der Quelle bis zur Mündung als Einheit zu sehen. Maßnahmen, die an irgendeiner Stelle des Gewässersystems zu Veränderungen führen, wirken sich auch in anderen Teilen des Einzugsgebiets aus.

Lippeverband

Der Lippeverband ist ein öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen, das effizient Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig erbringt und als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip lebt.

Die Mützenschnecke saugt sich an Steinen fest.
Foto: EGLV

Seine Aufgaben sind in erster Linie die Abwasserentsorgung und -reinigung, Hochwasserschutz durch Deiche und Pumpwerke und die Gewässerunterhaltung und -entwicklung.

Dazu gehört auch die ökologische Verbesserung technisch ausgebauter Nebenläufe. Darüber hinaus kümmert sich der Lippeverband in enger Abstimmung mit dem Land NRW um die Renaturierung der Lippe.

Dem Lippeverband gehören zurzeit 155 Kommunen und Unternehmen als Mitglieder an, die mit ihren Beiträgen die Verbandsaufgaben finanzieren.

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André Elschenbroich
Moin, ich bin André Elschenbroich. Vielen bekannt unter dem Namen Elsch. Der Eine oder Andere verbindet mich noch mit der WAZ, bei der ich 1988 als freiberuflicher Fotojournalist anfing und bis zur Schließung 2013 blieb. Darüber hinaus war ich in ganz Dorsten und der Region gleichzeitig auch für den Stadtspiegel unterwegs. Nachdem die WAZ dicht machte, habe ich es in anderen Städten versucht, doch es war nicht mehr dasselbe. In über 25 Jahren sind mir Dorsten, Schermbeck und Raesfeld mit ihren Menschen ans Herz gewachsen. Als gebürtiger Dorstener Junge merkte ich schnell: Ich möchte nirgendwo anders hin. Hier ist meine Heimat – und so freut es mich, dass ich jetzt als festangestellter Reporter die Heimatmedien mit multimedialen Inhalten aus unserer Heimat bereichern kann.