Katholikentag in Stuttgart: Sorge und Begeisterung

Auch St. Ludgerus Schermbeck war auf dem diesjährigen Katholikentag in Stuttgart vertreten. Die Pastoralreferentin Desirée Kaiser war vor Ort und hat über ihre Eindrücke mit Pfarrer Xavier Muppala gesprochen.

Blick auf die Bühne am Wasser am Katholikentag in Stuttgart. Foto: Desirée Kaiser

Xavier Muppala: „Leben teilen war das Motto am 102. Katholikentag in Stuttgart. Wurde das Motto der Veranstaltung sichtbar?“

Desirée Kaiser: „Auf jeden Fall! Ob bei einem Gottesdienst, bei den Open-Air Veranstaltungen, auf der Kirchentagsmeile, in der U-Bahn, oder auf dem Weg zum nächsten Programmpunkt. Überall wurde „Leben geteilt“ in zufälligen Begegnungen und unverhofften Gesprächen. Mit zuvor unbekannten Menschen oder mit Personen die ich schon lange kenne, aber schon größtenteils länger nicht mehr gesehen habe.“

Xavier Muppala: „Wie hast du den Katholikentag erlebt?“

Desirée Kaiser: „Als ein offenes und buntes Fest des Glaubens und der Gemeinschaft, mit vielen begeisterten Menschen von jung bis alt! Jeder und jede war willkommen!“

Xavier Muppala: „Der letzte Katholikentag war in Münster somit fast ein Heimspiel. Was war diesmal in Stuttgart anders?“

Desirée Kaiser: „Vieles war natürlich ähnlich und auch die Sorge, ob in dieser Phase der abklingenden Corona-Pandemie die uneingeschränkte Begegnung möglich ist, war zum Glück unberechtigt. Die Katholikentag-Meile war im Gegensatz zum letzten Katholikentag an deutlich mehr und voneinander entfernten Punkten zu finden. Gerade die Stände der Bistümer waren etwas außerhalb des Zentrums. Zudem gab es eine sehr gute, fast optimale Katholikentag-App, mit allen Veranstaltungsinfos, Nahverkehrsverbindungen und aktuellen Meldungen. Allerdings war es für alle, die kein Smartphone besitzen ziemlich schwierig, vor allem wenn es Ausfälle oder Verschiebungen von Veranstaltungen gegeben hat. Es gab im Gegensatz zum Katholikentag in Münster keine Wartezeiten vor Veranstaltungen, was aber wahrscheinlich auch mit der geringeren Teilnehmern zusammenhängt.“

Pastoralreferentin Desirée Kaiser Foto: Privat

Die wichtigsten Themen

Xavier Muppala: „Was waren aus Deiner Sicht die wichtigsten Themen?“

Desirée Kaiser: „Begeisterung für den Glauben und die Kirche trotz der gefühlt täglichen Negativschlagzeilen über die Kirche. Genauso wie die Themen Ökumene, Gleichberechtigung von Mann und Frau und jeglicher sexueller Orientierung. Auch die Klimakrise oder die Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche oder der Krieg in der Ukraine waren präsente Themen.“

Xavier Muppala: „In den Medien konnte man teilweise kritisch in den Kommentaren nachlesen, die Kirche sei zu schwach und zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Um Grundsatzdebatten anstossen zu können. Man sei zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Kannst Du die Kritik nach vier Tagen Katholikentag nachvollziehen?“

Desirée Kaiser: „Diese allumfassende Einschätzung teile ich so nicht. Die Themenvielfalt in Stuttgart spricht für sich. Diese Diskussion wurden nicht nur in den offiziellen Foren geführt, sondern auch am Rande in vielen persönlichen Treffen und Gesprächen. Dass wir Kernthemen der Katholischen Kirche besprechen, ist nachvollziehbar. Schließlich handelt es sich um einen Katholikentag. Zudem haben wir zur Zeit viele eigene Themen, die für Gesprächs- und Diskussionsstoff sorgen. Aber trotzdem ist es gelungen, den Blick zu weiten. Und zu zeigen, dass Christen in der Lage sind, wesentliche Beiträge in der gesellschaftspolitischen Diskussion und zur außenpolitischen Lage zu leisten.“

„Begeisterung und Optimismus“

Ausgelassene Stimmung an der Bühne beim Katholikentag. Foto: Desirée Kaiser

Xavier Muppala: „War Aufbruchstimmung oder Optimismus spürbar? „Die Sache Jesu braucht Begeisterte“, heißt es in einem Lied aus den 70ern. Hat man diese Begeisterung auch in Stuttgart gespürt?“

Desirée Kaiser: „Ich habe viel Begeisterung und Optimismus gespürt. Da sich doch an vielen Stellen in der katholischen Kirche in Deutschland langsam etwas bewegt. Damit wird der Katholikentag auch als Plattform des Austausches über neue Wege genutzt. Dabei fällt aber auch gleichzeitig auf, wie gut es wäre, sich noch mehr mit anderen Bistümern auszutauschen. Die teils schon Prozesse durchlebt haben die anstehen.“

Xavier Muppala: „Einige bekannt konservative Stimmen der Katholischen Kirche, die dem Synodalen Weg kritisch gegenüberstehen, wie Kardinal Woelki oder Bischof Voderholzer waren abwesend. Wird bei den Katholiken nicht mehr miteinander diskutiert sondern nur noch übereinander gesprochen?“

Desirée Kaiser: „Warum der eine oder andere mit Abwesenheit geglänzt hat, müsste man dort nachfragen. Insgesamt glaube ich aber, dass sich die Diskussionskultur in der Katholischen Kirche schon verbessert hat. Das zeigen zum einen der Synodale Weg aber eben auch der Katholikentag in Stuttgart. Als Pastoralreferentin erlebe ich das auch ganz konkret vor Ort in meiner täglichen Arbeit. Der gemeinsame Austausch, angeregte Diskussionen und Gespräche sind und bleiben ein, wichtige Schlüssel für eine gemeinschaftliche, transparente und kommunikative Kirche.“

Xavier Muppala: „Was nimmst Du für deine Arbeit als Pastoralreferentin und als Team-Mitglied der Gemeindeleitung in St. Ludgerus mit?“

Desirée Kaiser: „Einiges an praktischen Ideen für die pastorale Arbeit. Begeisterung und bereichernde Begegnungen mit aufgeladene Energievorräten. Und auch eine Bestätigung, dass wir in St. Ludgerus lebendig und gemeinsam auf einem guten Weg sind!“