Schermbeck Der Großeinsatz der Polizei am Freitag an der Gahlener Kirchstraße galt dem16-jährigen Jugendlichen Tolga I., der am 16. April mit zwei weiteren bereits inhaftierten Männern an einem Bombenanschlag auf einen Tempel der Sikh-Gemeinde in Essen beteiligt gewesen sein soll.
Den entsprechenden Haftbefehl hatte die Essener Staatsanwaltschaft erteilt. Der Jugendliche war am Mittwoch gegen 18 Uhr am Essener Hauptbahnhof festgenommen worden. Bis zum ´gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch unklar, ob der Generalbundesanwalt sich in das Verfahren einschalten wird.
Im Rahmen einer Pressekonferenz informierte Bürgermeister Mike Rexforth heute die lokalen Medien. „Ich möchte die Bevölkerung nicht im Dunklen lassen“, begründete Rexforth seine Informationen, die auf das beschränkt seien, was für die Öffentlichkeit in diesem Zeitpunkt wichtig sei, damit sie wisse, „was hier passiert“ sei. Die Bevölkerung hat so die Chance, das Rätselraten um den Einsatz in Gahlen zu beenden, zumal die Staatsanwaltschaft in Essen mit dem Hinweis auf die laufenden Ermittlungen und den Persönlichkeitsschutz eines Minderjährigen sich äußerst bedeckt hält.
Nach Mitteilung Rexforths wurde gegen den Gahlener, einen Jugendlichen mit deutschem Pass, der mit seinen Eltern im Sommer 2013 von Dinslaken nach Gahlen zog, bereits seit längerer Zeit ermittelt. Der Staatsschutz in Duisburg habe die Gemeinde schon vor Monaten darauf hingewiesen, dass der im Jahre 1999 geborene Jugendliche sich einer terroristischen Organisation anschließen wolle und man deshalb ein Ordnungsverfahren auf Entzug des Personalausweises und des Reiseausweises in Betracht ziehe. Nach Rücksprache mit dem Landrat und solchen Städten, in denen ähnliche Vorgänge schon praktiziert wurden, die man in Schermbeck bis dato nicht kannte, wurde am 20. Januar eine Ordnungsverfügung erlassen. Die deutsche Mutter des Jugendlichen (über den Vater gab es gestern keine Auskunft), der der Bürgermeister ein kooperatives Verhalten bescheinigte, hat bereits am 21. Januar zugestimmt, dass ihrem Sohn ein Passersatz ausgestellt wurde.
Dieser Passersatz ist ein Dokument, auf dem die Identität des Jugendlichen steht mit einem Hinweis auf den Grund für die Ausstellung des Dokumentes. Tolga I. darf sich künftig nur noch innerhalb der deutschen Grenzen bewegen. Der Passersatz ist begrenzt bis zum 21. Januar 2017. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine weitere Gefährdungsabschätzung durch den Staatsschutz, auf deren Basis entschieden wird, ob der Passersatz verlängert oder aufgehoben werden soll.
Zum Zeitpunkt der Ermittlungen durch den Staatsschutz war Tolga S. schon nicht mehr Schüler der Gesamtschule Schermbeck, die er Ende des Schuljahres 2014/15 verlassen hatte. Zuletzt war er Berufschüler.
„Nach Januar ruhte der See still“, berichtete heute Bürgermeister Rexforth, dass es seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft bis Mitte letzter Woche keinerlei Kontakt zur Gemeinde Schermbeck gegeben habe. Als er aus den Medien von der Verhaftung erfuhr, hat Rexforth am selben Tag bei der Staatsanwaltschaft in Duisburg nachgefragt. Zwei Stunden später habe man ihm von dort mitgeteilt, dass der konkrete Verdacht bestünde, dass Tolga I. an dem Anschlag beteiligt gewesen sei.
Am Mittwochabend um 21.15 Uhr wurde Rexforth vom Staatschutz angerufen. Ihm wurde die erfolgreiche Verhaftung mitgeteilt und angekündigt, man werde eine Hausdurchsuchung vollziehen. Das sei mit der Mutter abgesprochen.
Seitdem hat Bürgermeister Rexforth nach eigenen Angaben keine Informationen seitens der Polizei und des Staatschutzes erhalten. Die Gemeinde weiß auch nicht, wo sich der Jugendliche derzeit befindet.
Nachfragen bei einigen Gahlener Anwohnern ergaben in den letzten Tagen, dass der Jugendliche offensichtlich keinerlei Kontakte zu Jugendlichen des Lippedorfes unterhalten hatte.