Idunahall-Brache wird Logistikzentrum

Seit Jahren verfallen die Ruinen des ehemaligen Dachziegelwerks an der Maaßenstraße. Nun ist ein geeigneter Investor gefunden worden. 22 Millionen Euro will eine Firma aus Bottrop hier investieren, und 200 Arbeitsplätze schaffen – ohne große Verkehrsbelastungen.

Demonstrative Einigkeit: In der Mitte Investor Frank Rottbeck, daneben die vorigen Eigentümer Marc Riegel (l.) und Stephan Stender (r.). Wirtschaftsförderer Gerd Abelt (1.v.l.) und Bürgermeister Mike Rexforth (1.v.r.) freuen sich über eine der größten Investitionen auf Schermbecker Gebiet. Foto: Borgwardt

Scherben und Staub bedecken den Boden der alten Schmiede auf der Idunahall-Brache. Wer genau hinsieht, dem fallen aber die nagelneuen Fenster in dem historischen Bauwerk auf. Und tatsächlich deutet sich hier schon der kommende Wandel an. „Wir haben einen Investor gefunden, der uns überzeugt hat“, erklärt der Schermbecker Bürgermeister Mike Rexforth.

Rottbeck ist „genau der richtige Investor“

Dieser Investor – und bereits auch schon neuer Eigentümer des Geländes – ist Frank Rottbeck. Der Unternehmer aus Bottrop hatte bereits einige Zeit nach einem neuen Standort für die Erweiterung seines Betriebes gesucht. Anfang des Jahres half dann der Zufall – und ein Landwirt aus der Gegend. „Den Tipp mit diesem Gelände habe ich von einem Bekannten bekommen“, erinnert sich Rottbeck. Mitte Februar hatte er dann mit der Gemeinde gesprochen – und man sei sich dann sehr schnell einig geworden. Auch die bisherigen Besitzer des Geländes sind voll des Lobes über den Bottroper. „Frank Rottmann ist genau der Investor, den wir gesucht haben“, freuen sich Stephan Stender und Marc Riegel. Bereits nach einer halben Stunde sei man beim „Du“ gewesen, so harmonisch hätten die Vorstellungen von Investor, Gemeinde und Besitzern zusammen gepasst.

Die ehemalige Dachziegelfabrik Idunahall schloss 2005 ihre Pforten. Seitdem verfällt das Gelände. Foto: Borgwardt

Idunahall-Brache hat eine schwierige Geschichte

Denn schließlich hat es eine Vorgeschichte, dass die Industriebrache nicht schon längst neu entwickelt worden ist. Schon 2005, gerade hatte das Ziegelwerk den Betrieb eingestellt, wurde über die Zukunft des Geländes spekuliert. Der erste Investor aus Holland übernahm 2007 das mittlerweile langsam verfallende Areal. Doch die versprochene Zukunft blieb aus, und das Idunahall-Grundstück wechselte wieder die Besitzer. Von nun an klopften immer wieder Firmen mit ihren Ideen an die Türen von Stephan Stender und Marc Riegel. Sogar Industriegiganten von Weltrang hätten angefragt, berichtet Stephan Stender. „Aber jeder von ihnen hätte seine Arbeiter mitgebracht. Arbeitsplätze vor Ort wären kaum entstanden.“

Jobs statt Verkehr – das war der Deal

Denn schließlich hatten die beiden Schermbecker einen Deal mit dem Bürgermeister: „Keine Garagenparks – und die Jobs müssen in Schermbeck geschaffen werden.“ Die Garagenparks waren hier kein willkürlich gewähltes Beispiel, denn Gelegenheit habe es genug gegeben. „Fast jede Woche kam eine Anfrage von jemandem, der hier Garagen bauen wollte“, erinnert sich Stender mit mildem Schauer. Und solche Parks ziehen nicht nur mitunter zwielichtige Mieter an, wie Mike Rexforth betont, sondern schaffen auch kaum Arbeitsplätze.

Dafür aber jede Menge Verkehr. „Da wären die Anwohner auf die Barrikaden gegangen“, erklärt der Bürgermeister. Ohnehin hatte es nach der Änderung des Bebauungsplans 2014 schon einen zweijährigen Rechtsstreit gegeben, bei der sich die Besitzer mit ihrem Plan durchsetzen mussten. Die Anwohner hätten sich nach dem Ende der Ziegelei an die relative Ruhe gewöhnt, und daher hätte es für verkehrsintensive Lösungen immer eine Menge Gegner gegeben. Davon sind sowohl die Gemeinde als auch die Besitzer überzeugt.

Aus diesem Grund lehnten Stender und Riegel auch alle Vorschläge ab, die sechs Hektar parzellenweise an Kleinbetriebe zu verkaufen. „Dazu hätte man das Gelände verkehrstechnisch ganz neu erschließen müssen“, betont Stephan Stender. Zudem hätte man das Verkehrsaufkommen bei so vielen kleinen Betrieben nicht mehr gut einhegen können.

Investor Frank Rottbeck erklärt die künftige Organisation des Logistikzentrums. Foto: Borgwardt

So funktioniert das Geschäftsmodell

So gingen die Jahre ins Land, und die Brache dämmerte weiter im Dornröschenschlaf dahin. „Ich bin den beiden wirklich dankbar, dass sie so lange durchgehalten haben und nicht schwach geworden sind“, lobte Mike Rexforth die beiden vorigen Besitzer. Denn mit Frank Rottbeck, so scheint es jedenfalls, muss man weder die Verkehrs- noch die Auswärtige-Arbeiter-Kröte schlucken.

Das liegt in der besonderen Art des Unternehmens, wie der hochgewachsene 50-Jährige erklärt. Zwar unterhält seine Firma an mittlerweile neun Standorten auch den ganz klassischen Speditionsbetrieb mit Flotten von Lkw. Hier in Schermbeck soll aber vor allem der wachsende Online-Markt bedient werden. „Dafür brauchen wir nur zwei oder drei Lkw die Stunde“, so Frank Rottbeck, „verkehrstechnisch ist das kaum der Rede wert.“ Das Konzept funktioniert so: Mit den Lastern werden große Seecontainer angeliefert. Diese sind gefüllt mit allem, was „man im Internet so bestellt“. Das könnten Küchengeräte oder Gartenwerkzeug sein, Kleidung oder Fitnessequipment. „In einen einzigen Container passen so 1500 bis 2000 Pakete, je nach Ladung.“

Die Mitarbeiter überprüfen die Sendungen nun auf Fehler oder Beschädigungen. Mal ziehen sie Schrauben nach, mal ersetzen sie kaputte Umverpackung, oder sortieren beschädigte Waren ganz aus. Erst dann werden die Bestellungen an die Endkunden ausgeliefert. „Das senkt die Rücksendequote ganz enorm“, erklärt Frank Rottbeck. Die Kunden würden so nur geprüfte Ware erhalten, was gleichermaßen gut für die Kunden, die Onlineshops und für den Hersteller sei. Bis zum Weiterversand werden die Pakete dann im Lager aufbewahrt, bis sie über die gängigen Paketdienstleister zum Verbraucher gelangen. 200 Mitarbeiter will Rottbeck für dieses Unternehmen aus Schermbeck und dem Umkreis einstellen.

Die alte Schmiede soll nach der Renovierung als neues Schulungszentrum dienen. Foto: Borgwardt

Nicht alle Gebäude werden abgerissen

Liebhaber historischer Gebäude können dabei auch aufatmen. Denn zu hundert Prozent wird das alte Ziegeleigelände sein Gesicht nicht verändern. „Rund 2000 Quadratmeter der alten Bebauung bleiben erhalten“, erklärt Frank Rottbeck. Dazu gehöre etwa die markante alte Schmiede, die zu einem Schulungsgebäude umgestaltet werden soll. Die meisten anderen, teilweise schon baufälligen Bauwerke aber müssen weichen. An ihre Stelle kommt ein modernes Gewerbezentrum nach neuesten energetischen Vorgaben. „Wir werden etwa großflächig Photovoltaik verbauen“, so Rottbeck. Auch das Wasser werde gesammelt und vor Ort aufbereitet. Rund 22 Millionen Euro will Rottbeck insgesamt für den Umbau investieren.

Wenn alles nach Plan läuft, könnte das Werk schon 2023 in Betrieb gehen. Angesichts der aktuellen Lage auf dem Baustoffmarkt, so Rottbeck, sei das allerdings ein ambitionierter Plan. Spätestens 2024 dürfte sich die alte Idunahall-Brache „am Eingangstor Schermbecks“ (Rexforth) aber in den neuen „Gewerbepark Maaßenstraße“ verwandelt haben.

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Oliver Borgwardt
Überzeugter Schreiber und Geschichts-Nerd: Seit über 20 Jahren ist Oliver Borgwardt zwischen Münsterland und Ruhrgebiet mit Stift und Zettel unterwegs. Nebenbei arbeitet er als Geschichtsdarsteller mit Museen zusammen und sammelt Eier aus dem Hühnerstall. Als Chefredakteur ist er seit Anfang 2022 bei den Heimatmedien. Kontakt: oliver.borgwardt[at]heimatmedien.de