In der Sondersitzung des Kreistags am Dienstag, 5. April, bestätigte die Kreistagsmehrheit (Bündnis aus CDU, Grüne und FDP/VWG, außerdem AfD, Piraten) ihre von Landrat Dr. Ansgar Müller beanstandeten Beschlüsse zur Haushaltssatzung vom 17. März. Der geplante Hebesatz für die Kreisumlage von 41,8 % wurde ebenso bestätigt, wie das vorgegebene Einsparvolumen von 3,14 Mio. Euro im Personaletat. Begründung für die Beanstandung des Verwaltungschefs ist die Bemessung des Personaletats. Durch die politischen Beschlüsse steht der in einem deutlichen Missverhältnis zum tatsächlichen Personalaufwand bei der Kreisverwaltung Wesel.
Zu Beginn der Sitzung, der auch zahlreiche Beschäftigte der Kreisverwaltung Wesel beiwohnten, machte der Landrat noch einmal deutlich: „Meine Beanstandung der Kreistagsbeschlüsse ist keine Frage von subjektiver Rechtsauffassung, sondern eine rechtliche Verpflichtung. Über die nun eingetretene Situation kann niemand erfreut sein.“ Gerd Drüten (SPD) bezeichnete die vom Mehrheitsbündnis eingeschlagene Finanzpolitik und den Sparbeschluss beim Personal als „finanzpolitischen Offenbarungseid“. Er forderte CDU-Chef Frank Berger auf: „Trennen Sie sich von den nicht zu bändigenden grün-gelben Zauberlehrlingen und machen Sie wieder seriöse Politik mit der SPD.“ Heinz-Günter Schmitz (SPD) ergänzte: „Die ganze Aktion ist gegen den Landrat gerichtet. Das ist ein Skandal.“
Sascha Wagner (Linke) stellte fest: „Was für den Bund die schwarze Null ist, ist für das Bündnis die Kreisumlage von 41,8 %. Sie haben geschafft zu zeigen, dass Macht ohne Wissen zu nichts führt.“ In Bezug auf das vom Mehrheitsbündnis in Auftrag gegebene und gut 200.000 Euro teure Gutachten der Gemeindeprüfanstalt (GPA) wies er darauf hin, dass auch dieses wieder Mehrarbeit für die Verwaltungsmitarbeiter bedeute. „Derzeit gibt es in der Gesamtverwaltung 57.000 Überstunden. Meinen Sie, die kommen aus der Luft?“, so Wagner. Hubert Kück (Grüne) thematisierte ebenfalls die GPA. „Laut GPA waren im letzten Jahr 50 Stellen bei der Verwaltung nicht besetzt. Scheinbar geht es also auch ohne.“ Er forderte daher den Landrat auf, dauerhaft beim Personal zu sparen. Hierauf fand Verwaltungschef Dr. Müller deutliche Worte: „Diese Aussage der GPA ist völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Ihre Behauptung über das Sparpotential beim Personal ist falsch. Und das Schlimme ist, Herr Kück, Sie wissen das auch.“ Heinz Dams (FDP/VWG) blieb bei seiner Einschätzung, dass der für 2016 beschlossene Haushalt nicht so üppig sei wie in den Vorjahren, aber auskömmlich.
Frank Berger (CDU) kritisierte die Politik des Landrats und bezeichnete ihn als Teil des Problems: „In Ihrer Beanstandung steht nichts anderes, als ‚Ich brauche mehr Geld für meine Politik.‘ Die Begründung der Beanstandung ist die persönliche Auffassung des Landrats. Die Bezirksregierung Düsseldorf sieht das vielleicht anders.“ Berger äußerte Verständnis für die Bedenken der Kreismitarbeiter, wies aber darauf hin, mit der Beschlussfassung insgesamt einen Interessensausgleich hergestellt zu haben.
Auch Personalratsvorsitzende Susanne Goerke nutzte die Kreistagssitzung für ein Statement. Sie kritisierte vor allem den ständigen Kurswechsel des Mehrheitsbündnisses aus CDU, Grünen und FDP/VWG. Von der gemeinsam eingerichteten Arbeitsgruppe „Haushaltskonsolidierung“ sei man gewechselt zur Einfrierung des Hebesatzes, dann wieder zur Beauftragung eines GPA-Gutachtens. „Umso mehr erstaunt Ihr erneuter Kurswechsel. So warten Sie die Konsolidierungsvorschläge der GPA erst gar nicht ab, sondern fassen mehrheitlich den Beschluss, den Personalkostenetat im Jahr 2016 um mehr als 3 Mio.+ € zu kürzen. Öffentlich wirksam ist diese Maßnahme bestimmt, ob sie auch rechtmäßig ist, steht noch auf einem anderen Blatt.“ Goerke forderte: „Die Beschäftigten sind keine Sparschweine. Nehmen Sie den Rat der Verwaltung an, kommen Sie zur Sachlichkeit zurück und heben Sie Ihren Konsolidierungsbeschluss auf.“
Nun entscheidet die Bezirksregierung, ob sie der Beanstandung des Landrats folgt und die Kreistagsbeschlüsse aufhebt oder den vom Kreistag beschlossenen Haushalt genehmigt. Solange keine rechtskonforme Haushaltssatzung beschlossen und genehmigt wird, gilt für den Kreis Wesel weiter die vorläufige Haushaltsführung. Somit können nur die pflichtigen Aufgaben wahrgenommen werden. Die Personalwirtschaft ist eingeschränkt und viele vom Kreistag beschlossene Zuschüsse dürfen nicht ausgezahlt werden.