Gemeindeflagge vor dem Rathaus auf Halbmast – Bombenangriff 23. März 1945

In Gedenken aller Gefallenen, in Gedenken an das Leid, das die Menschen in kriegerischen Auseinandersetzungen erfahren haben, in Gedenken an all die Menschen die durch Terror vertrieben, verletzt und getötet werden, hat Bürgermeister Mike Rexforth am Morgen die Gemeindeflagge vor dem Rathaus auf Halbmast setzen lassen !

„Weil die Toten schweigen, beginnt immer wieder alles von vorn.“ Diese denkwürdigen, diese fatalistischen Worte stammen von dem französischen Philosophen Gabriel Marcel.

Doch dieser Spirale der Gewalt müssen wir etwas entgegensetzen, liebe Schermbeckerinnen und Schermbecker.

Das gehört zu unserer Verantwortung, der Verantwortung einer Generation, für die zwar die Weltkriege ganz weit entfernt …sind, weil sie sie selbst nicht erlebt hat und auch immer weniger Zeugen leben.

Aber die Präsenz des Krieges ist ein Thema geblieben, das uns auf den Nägeln brennt. Gebannt blicken wir auf die arabische Welt, auf den Iran, Irak und Syrien. Mit Hoffnung verfolgen wir den Freiheitskampf der arabischen Völker, mit Sorge und Traurigkeit sehen wir die von den Machthabern provozierten bürgerkriegsähnlichen Zustände und das Leid der Zivilbevölkerung.

Brennendes Gahlen
Brennendes Gahlen

Aber, sind diese Krisenherde wirklich so weit weg ? Paris hat uns gezeigt, dass der Krieg in Form von terroristischen Angriffen längst angekommen ist. Es hat lange gedauert, dies zu erkennen.

Der 23. März ist für uns Schermbeckerinnen und Schermbecker kein Tag wie jeder andere. Er ist ein Tag, den wir niemals in unserer Geschichte aussparen, verschweigen oder gar streichen dürfen.

Ganz überraschend kam der Bombenangriff am Nachmittag des 23. März 1945 nicht. Einen Tag vorher hatten Bomben den Ort verfehlt und waren zwischen Uefte und Altschermbeck niedergegangen.

Viele Bewohner Schermbecks hatten sich daher aus dem Ort geflüchtet. Dies rettete vielen Menschen das Leben, denn der Luftangriff am 23.März 1945 zerstörte binnen weniger Stunden fast 70 Prozent des Ortskernes unseres Schermbecks.

Mein Großeltern deren Wohnhaus in der damaligen Kirchstraße, heute Georgstraße, stand, haben mir viel von dem Leid erzählt das an diesem Tag über Schermbeck hereinbrach.

Leid, das von unserem Boden, von uns Deutschen ausging.

Daher sollte dieser Tag uns unsere besondere Verantwortung für die Zukunft in Erinnerung rufen und uns Verpflichtung sein.

So lange Menschen glauben, dass politische, wirtschaftliche, ethnische oder religiöse Konflikte mit Krieg, Gewalt oder Terror gelöst werden können, so lange muss die Arbeit für den Frieden weitergehen. Und diese Arbeit beginnt beim Einzelnen, direkt bei mir und dir. Deshalb sind wir auch ganz persönlich in die Frage von Krieg und Frieden hineinverflochten, deshalb hat der 23. März für unser Leben eine handfeste Bedeutung.

Gedenken, liebe Schermbecker und Schermberinnen, hat etwas mit Denken zu tun, aber mit einem besonderen Denken. Unser Denken bezieht sich fast ausschließlich auf das Heute, auf die alltäglichen Dinge. Es geht um unsere Arbeit, unseren Partner, unsere Familie, es geht ums Geld, um den Termin der nächsten Autoinspektion. Unser Denken dreht sich beständig um uns selbst und es geht immer um das Heute und Morgen. Das Vergangene kann man ja getrost dem Fotoalbum überlassen.

Ist das richtig? Müssen wir nicht auch zurückdenken?

Brauchen wir nicht das Gedächtnis, wenn wir mitverantwortlich für unsere Nächsten, unser Land, ja unsere Welt leben möchten? Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe und auch die Verantwortung für unsere Gemeinschaft sind uns nicht in den Schoß gefallen, diese Haltungen müssen erfahren, ausprobiert und erlebt werden.

Eben deswegen brauchen wir den 23. März 1945, als Stachel im Fleisch unserer Vergesslichkeit, als Aufschrei dagegen, dass auch heute viele Menschen unter Krieg und Vertreibung, Mord, Folter, Gewalt und Terror leiden. Nur eine umfassende Form der Auseinandersetzung führt zu einem verantwortlichen Handeln. Denn unsere Trauer soll ja nicht resignativ sein. Wir wollen sie vielmehr als Anregung zum eigenen Handeln begreifen, als motivierende Kraft, aus der eine moralische Verpflichtung für unsere Gegenwart erwächst und die uns zugleich zukunftsfähig macht. Volkstrauer erfüllt erst dann ihren richtigen Sinn, wenn wir sie als Aufforderung zum Handeln verstehen – ein Handeln gerade im Sinne der Toten, um die wir heute trauern und die mit unserem Handeln wieder eine Stimme bekommen.

 

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