Informationsveranstaltung zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in Gahlen
Die kleine Gahlener Kirche platzte am Montagabend schnell aus allen Nähten. Rund 270 interessierte Gahlener Bürger kamen zur Informationsveranstaltung zum geplanten Containerstandort in Gahlen zur Unterbringung von Geflüchteten.
Ruhig und bedächtig ließen sich die Besucher durch Ellen Weber, Fachbereichsleitung Ordnung und Soziales, Gemeinde Schermbeck, über die aktuelle Flüchtlingssituation aufklären. Sicherheitshalber standen vier Einsatzkräfte der Polizei vor der Kirchentür. Allerdings zeigte sich am Ende, dass das Aufgebot nicht nötig war, denn die sachlich geführte anschließende Diskussion bewies, dass sich bereits die Gahlener mit dem Thema „Flüchtlinge in Gahlen“ auseinandergesetzt und beschäftigt haben. Insgesamt zeigten sich die Gahlener offen und bereit, diese Aufgabe gemeinsam zu meistern. Misstöne gegenüber den Flüchtlingen gab es – bis auf einen Einzelfall – am Ende nicht. Dieser wurde sofort von der Mehrheit ausgebuht.
Container für 120 Flüchtlinge
Geplant ist in Gahlen die erste Flüchtlingsunterkunft auf dem Grundstück zwischen Oestricher- und Kirchstraße für 120 Menschen, Einzelpersonen als auch Familien. Es werden, ähnlich wie am Lichtenhagen, an der Kirchstraße drei Doppelstockcontainer aufgestellt. Pro Container wird es vier Wohnungen für je 12 Personen geben (24 pro Etage). Die Zimmerbelegung ist für vier Personen ausgelegt. Die maximale Auslastung pro Container liegt bei 48 Personen. Hinzu kommen im Erdgeschoss Schulungs- und Lagerräume. Mit Blick in die Zukunft können die Container im Notfall um weitere 60 Personen erweitert werden. Bei weiterem Bedarf kann ein weiterer Container hinzugestellt werden. Zwischen Februar und April sollen die Container geliefert. Vorab stehen noch Tiefbauarbeiten sowie die Erschließung des Geländes an.
Schermbeck platzt aus allen Nähten
Bürgermeister Mike Rexforth machte zu Beginn klar, dass dies keine politische Veranstaltung sei. Verschwieg aber auch nicht, dass die Gemeinde vor großen Herausforderungen steht, denn mittlerweile platzt auch Schermbeck, was die Unterbringung von Flüchtlingen betrifft, aus allen Nähten. An dem Abend dabei waren auch der gesamte Verwaltungsvorstand Alexander Thomann und Gerd Abelt sowie Ellen Weber von der Verwaltung, der Direktor der Caritas Michael van Meerbeck, Katharina Zenker, Leiterin der Caritas Flüchtlingshilfe, und als Gastgeber Christian Hilbricht.
Herausforderung für Mitarbeiter der Verwaltung
Die Mitarbeiter der Verwaltung stehen nicht nur vor der Aufgabe, die Flüchtlinge angemessen unterzubringen, sondern auch vor der Herausforderung, dass sie erst zwei Wochen vor der Ankunft der Menschen von der Bezirksregierung erfahren, wie viele Flüchtlinge kommen werden und woher sie stammen. Bürgermeister Rexforth geht davon aus, dass die Gemeinde bis 2024 mehr als 200 Flüchtlinge aufnehmen muss. „Eines steht fest: Die bisherigen Prognosen haben sich nie bewahrheitet. Innerhalb von nur drei Monaten ist uns klar geworden, dass uns mehr Menschen zugeteilt werden, als noch vor drei Monaten prognostiziert wurde“, so Rexforth.
Ortsteile nicht mit Flüchtlingen überfrachten
Bürgermeister Rexforth betont: „Wir möchten keinen Ortsteil mit Asylsuchenden überfrachten. Deshalb haben wir auch darauf geachtet, dass das Verhältnis zu Gahlen passt. Wenn wir laut Prognose von 800 Flüchtlingen ausgehen, unterschreiten wir mit 120 Flüchtlingen in Gahlen noch den Grenzwert.“ Allerdings verwies Rexforth auch darauf, dass, wenn die Gemeinde das nicht hinbekommt, die Verwaltung gezwungen sein könnte, noch weitere Unterkünfte, zum Beispiel in der Üfter Schule, zu schaffen.
Gahlener Vereine bieten Unterstützung an
Besonders positiv ist, dass sich die Gahlener bereits im Vorfeld mit dem Thema Integration gründlich auseinandergesetzt haben. So soll ein Integrationsforum in Gahlen gegründet werden, was ein gutes Beispiel dafür ist, wie Integration in einem Ort aufgebaut werden kann. Hier haben bereits zahlreiche Bürger Interesse bekundet, sich einzubringen. Darunter auch der Allgemeine Bürgerschützenverein Gahlen, die Feldbahnfreunde Gahlen, der Heimatverein, die Kirchengemeinde, der Reitverein Lippe-Bruch Gahlen und der TuS Gahlen sowie Vertreter der Gemeinde. Sie möchten nicht nur die Flüchtlinge in ihrem Dorf aufnehmen, sondern bieten den Flüchtlingen Patenschaften an, Unterstützung im Alltag und Integration in den Vereinen.
Positives Beispiel für Integration
Dieses Engagement hob Rexforth als positives Beispiel für Integration hervor. „Wir möchten nicht die Menschen alleine lassen, auch nicht die Flüchtlinge in Gahlen. Deshalb setzen wir auf die Vereine, die Verantwortung übernehmen und sich einbringen möchten. Vielen Dank schon mal dafür, dass sich die stärksten Vereine in Gahlen mit der Kirche zusammengetan haben. „Das ist für uns schon eine große Erleichterung“, so Rexforth. Ziel ist es, den Menschen eine Chance zu geben, besonders den Kindern. „Wenn jemand da ist, der die Kinder zum Fußball mitnimmt oder auf ein Pferd setzt, ist das eine große Hilfe. Es kann funktionieren, aber nicht immer, das muss man auch respektieren“.
Diskussion: Fragen und Antworten
In der anschließenden Diskussionsrunde wurden insbesondere zwei Dinge deutlich thematisiert. Zum einen machten sich die Gahlener eher Sorgen um die Sicherheit der Kinder auf dem Weg ins Dorf, insbesondere im Hinblick auf die Verkehrssituation. Ein Bürger äußerte die Frage, ob es eine Verlängerung des Bürgersteigs bis Holtkamp geben werde, da der Weg ins Dorf, besonders für Kinder, als gefährlich empfunden wurde. Die Gemeinde, die nicht Eigentümerin der Flächen ist, kann lediglich einen Antrag beim Kreis Wesel für eine Geschwindigkeitsreduzierung von 100 km/h auf 50 stellen. Eine Straßenverengung zur Verkehrsberuhigung werde, so Rexforth, vom Kreis Wesel jedoch nicht genehmigt.
Einkaufsmöglichkeiten und Betreuung
Zum anderen war die Frage nach Einkaufsmöglichkeiten für die Flüchtlinge in Gahlen ein Thema aus dem Publikum. Bürgermeister Mike Rexforth erklärte, dass die Flüchtlinge, ähnlich wie die Bewohner des Lühlerheims oder in Üfte, den Weg zu Fuß in den Ort nehmen müssen, um einzukaufen.
Ein Gahlener äußerte Bedenken zur allgemeinen Flüchtlingssituation in Deutschland. Er befürchtet, dass Deutschland diese Last alleine nicht bewältigen kann und betont die Notwendigkeit einer breiten Lösung.
Sorge vor Streitereien oder einem Stromausfall in den Unterkünften konnte Michael van Meerbeck entkräften. Die Mitarbeiter der Caritas in Schermbeck, werden auch im Ort, 2,5 Caritasmitarbeiter im Sozialbereich, für 120 Menschen über 24/7/365, tätig sein. So auch, wenn beispielsweise der Strom ausfällt, steht der Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Allerdings betonte van Meerbeck auch, dass es immer mal Streit, und wenn es nur ein Kochtopf ist, geben kann. „Wenn so viele Menschen unterschiedlicher Kulturen so eng zusammen leben, bleibt das nicht aus“.
Laut Ratsbeschluss wird auch der Personalschlüssel im Sozialarbeiterbereich erweitert, um auch eine ordentliche Betreuung in Gahlen sicherzustellen.
Mit Blick auf die blaue Farbe wollte jemand wissen, ob diese nicht durch eine andere ausgetauscht werden könne. „Die Farbe haben wir gewählt, weil diese Lackierung die kostengünstigste Alternative ist“, so Rexforth.
Fazit am Ende der Diskussion in Gahlen von Bürgermeister Mike Rexforth:
„Ich freue mich sehr, dass die Gahlener so positiv gestimmt sind und habe wirklich das Gefühl, dass der heutige Abend noch einmal gezeigt hat, dass die überwiegende Mehrheit, erstmals in unserem Land, aber auch in diesem Ortsteil, dem Ganzen positiv und konstruktiv gegenübersteht. Deshalb habe ich keine Bedenken mehr, dass wir das gemeinschaftlich hinbekommen.“
Aktuelle Flüchtlingssituation in Schermbeck
Die aktuelle Flüchtlingssituation sei, so Mike Rexforth, nicht die, welche in Schermbeck noch erwartet werde. Momentan leben in Schermbeck 580 geflüchtete Menschen, 176 Einzelpersonen (30 Prozent) und zahlreiche Familien mit Kindern, 410 Personen, mit 27 unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten. Pro Woche gibt es einen Flüchtlingszuwachs von 20 Menschen.
- Insgesamt gibt es der Gemeinde fünf Sammelunterkünfte
- Schulweg (30-36 Personen)
- Alte Poststraße (80 Personen)
- Maaßenstraße (70-80 Personen)
- Tiefer Weg 100-110 Personen)
- Lühlerheim (74 Personen)
Schulsituation
Ca. 40 Kinder besuchen die Grundschule (Erstförderung)
Ca. 45 Kinder sind in der Gesamtschule (Teilnahme „Deutsch als Zweitsprache – Unterricht).
Was die Schulen anbelangt zieht die Verwaltung eine Mehrklassenbildung in Erwägung. Große Herausforderung ist der Lehrermangel und die begrenzte Raumkapazität.
Ich habe keine Bedenken mehr, dass wir das gemeinschaftlich hinbekommen
Bürgermeister Mike Rexforth