Einmalige Exponate kamen jetzt wieder ans Tageslicht

Im Heimatmuseum wird die Ausstellung „100 Jahre St. Ludgerus“ gezeigt

Schermbeck Der Zufall will es so. Die Ausstellung „100 Jahre St. Ludgeruskirche 1915-2015“, die am Freitagabend im Museum an der Steintorstraße vom Heimat- und Geschichtsvereinsvorsitzenden Rolf Blankenagel eröffnet wurde, ist zugleich die 50. Ausstellung des Vereins seit seiner Gründung im Jahre 1987.
Blankenagels Dank galt dem ehemaligen Vorsitzenden Hans Zelle, der „in monatelanger Kleinarbeit in Zusammenarbeit mit Vertretern und Vertreterinnen der St. Ludgerusgemeinde die Ausstellungsinhalte zusammengetragen“ hat.

Die Ausstellung ist Teil der ganzjährigen Veranstaltungen anlässlich des 100-jährigen Kirchbaujubiläums der jetzigen Kirche. Im Ludgerus-Vorbereitungsteam, zu dem Mechthild Werner-Weinekötter, Petra Becker, Dr. Brunhilde Möller und Antonia Amoriello gehörten, entstand die Idee für die Ausstellung, die beim Heimat- und Geschichtsverein spontan offene Ohren fand. „Mehrere Besuche in staatlichen und kirchlichen Archiven“, so Blankenagel, „waren notwendig, um diese einmaligen Exponate wieder ans Tageslicht zu befördern und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“ Die Besuche des Bistumsarchivs, des Staatsarchivs in Münster, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und des Dorstener Stadtarchivs waren deshalb so wichtig, weil es kein Schermbecker Kirchenarchiv für die Geschichte der Ludgeruskirche vor dem Zweiten Weltkrieg gibt.

Der Heimat- und Geschichtsvereinsvorsitzende Rolf Blankenagel (l.) und Pastor Klaus Honermann (r.) dankten Hans Zelle (2.v.l.) für die Zusammenstellung der Exponate und Mechthild Werner-Weinekötter (Mitte) und Petra Becker (2.v.r.) vom Vorbereitungsteam der Ludgerusgemeinde. Foto Scheffler
Der Heimat- und Geschichtsvereinsvorsitzende Rolf Blankenagel (l.) und Pastor Klaus Honermann (r.) dankten Hans Zelle (2.v.l.) für die Zusammenstellung der Exponate und Mechthild Werner-Weinekötter (Mitte) und Petra Becker (2.v.r.) vom Vorbereitungsteam der Ludgerusgemeinde. Foto Scheffler

Dem Dank Rolf Blankenagels schloss sich Klaus Honermann als Pastor der Ludgerusgemeinde an. Die Ausstellung mache deutlich, „wie Glaube und Gemeindeleben sich in früheren Zeiten im wahrsten Sinne des Wortes geäußert haben, sich dargestellt haben.“ Honermann ermunterte zum Betrachten der Kirche, der Andachtsbilder, einer bestickten Fahne, liturgischer Bücher und weiterer Exponate.
In einer Vitrine im Obergeschoss des Museum werden die sechs Vorläuferbauten der heutigen Ludgeruskirche kurz beschrieben. Die Ausstellung widmet sich vor allem den letzten beiden Kirchen. Sie macht deutlich, dass die 1841 errichtete Kirche bereits 70 Jahre später baufällig geworden war und nach ihrem Abriss im Jahre 1813 durch die jetzige Kirche ersetzt wurde, die im Dezember 1915 eingeweiht wurde.
Viele Kirchenfotos aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gibt es nicht. Texte gibt es umso mehr. Dazu gehören der Antrag vom 22. Januar 1913 auf Genehmigung zum Abbruch der alten Kirche, eine Anfrage des Regierungspräsidenten Münster vom 8. Februar 1913 an den Landrat in Recklinghausen, um zu erfahren, ob die Kirchengemeinde genügend Geldmittel für einen Kirchenneubau besitze.
Die Planung der neuen Kirche übernahm der Mainzer Professor Dr. Ludwig Becker, der auch Kirchen in Bonn, Berlin, Koblenz und Straßburg baute. Sein erster Entwurf wurde abgelehnt, weil die geplante Kirche größer als der Dom zu Münster gewesen wäre.
Am 8. August 1913 beschloss der Kirchenvorstand, eine kleinere Kirche bauen zu lassen. Kalkuliert wurden 140 700 Reichsmark. Die Gemeinde hatte damals 1657 Mitglieder. Ein überarbeiteter Bauentwurf wurde am 12. November 1913 dem Regierungspräsidenten Münster eingereicht. Grünes Licht gab es von dort am 3. Dezember 1913 vorbehaltlich der Finanzierung. Der Bauschein wurde am 26. Juni 1914 erteilt.
Den größten Teil der Arbeiten erledigte die Rekener Firma Heinrich Reinert als Generalunternehmer. Am 20. Dezember 1915 erfolgte die Bauabnahme durch den Vorsteher des Königlichen Hochbauamtes in Recklinghausen Die Gesamtkosten beliefen sich auf 191 564,06 Reichsmark.

Das Foto zeigt das Innere der Ludgeruskirche mit dem Hochaltar. Zwischen dem 19. November 1949 und dem 27. Dezember 1954, als Heinrich Gerdemann Pfarrer in der Ludgerusgemeinde war, wurde der obere Aufbau des Hochaltars entfernt. Repro Scheffler
Das Foto zeigt das Innere der Ludgeruskirche mit dem Hochaltar. Zwischen dem 19. November 1949 und dem 27. Dezember 1954, als Heinrich Gerdemann Pfarrer in der Ludgerusgemeinde war, wurde der obere Aufbau des Hochaltars entfernt. Repro Scheffler

Die Ausstellung informiert auch über die Inneneinrichtung. Das reicht vom Hochaltar über Chorbänke und Kreuze bis hin zu Messgewändern, Monstranzen, Fahnen und Glocken. Die Kirche hatte von 1916/17 an eine elektrische Beleuchtung. 1936 lieferte die Bottroper Firma Bernhard Dickhoff neue Kirchenbänke. Die Dorstener Orgelbauanstalt Franz Breil baute 1939 eine neue Orgel für 12 805 Reichsmark. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Ludgeruskirche im Gegensatz zur Georgskirche – weitgehend verschont. Kurz streift die Ausstellung die mehrfachen Renovierungsarbeiten in den letzten 70 Jahren. Die letzte Umgestaltung fand im Jahre 2011 statt.
Im Kaminzimmer des Museums werden Holzreliefs, ein Messpult, Gebet- und Gesangbücher sowie eine Krippe von Willi Wehmeyer gezeigt.
Die Ausstellung bleibt bis zum 30. August im Museum und kann dort sonntags zwischen 10 und 13 Uhr kostenlos besichtigt werden. Für Gruppen werden auch Sonderführungen zu anderen Terminen angeboten. Anmeldung nimmt Hans Zelle (Tel. 02853/4709) entgegen. H.Sch.

Vorheriger ArtikelÄnderung der Elternbeiträge für Kinderbetreuung
Nächster ArtikelHünxe – Kleinbus gestohlen / Zeugen gesucht
Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.