Doppeltes Jubiläum in Gahlen

 Zwischen dem 29. April und dem 5. Mai feiern die Bewohner des Lippedorfes ein doppeltes Jubiläum. Gratulieren können sie ihrer Freiwilligen Feuerwehr, die vor 100 Jahren gegründet wurde. Den größten Anlass für richtige Festtagslaune gibt jedoch die Tatsache, dass Gahlen inzwischen mindestens 1225 Jahre alt ist und damit – urkundlich nachgewiesen – älter als die ehemals selbstständige Gemeinde Schermbeck ist, die in den Jahren 1998/99 ihr 1200-jähriges Bestehen feierte. Man kann es auch noch knapper formulieren: Gahlen ist der älteste Teil innerhalb der 1975 gebildeten Großgemeinde Schermbeck. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.

Die maßgeblichen Quellen für die urkundliche Erwähnung im 8. nachchristlichen Jahrhundert waren schon lange bekannt, sodass man sich in der Rückschau wundern muss, dass eine „runde“ Jubiläumsfeier vor 25 Jahren entfiel. Der rheinische Historiker Theodor Ilgen hatte in seinem 1925 veröffentlichten Buch „Quellen zur inneren Geschichte der rheinischen Territorien“ auf eine Urkunde verwiesen. Danach erhielt Wundo (Winido) im Gau Gesteran „super fluvio Lippia in villa Ganlingas“ zwischen 785 und 787 die Leibzucht an Gahlener Gütern.

In der Folgezeit entstand ein wissenschaftlicher Disput über das exakte Urkundendatum. Friedrich Wilhelm Oediger ging in seinem Buch über die Kirchen des Archidiakonates Xanten im Jahre 1969 von dem Zeitraum 788/89 aus, wobei er sich auf Dr. Camillus Wampachs Buch „Geschichte der Grundherrschaft Echternach im frühen Mittelalter“ aus dem Jahre 1930 berief, der als Zeitraum 8. Oktober 788 bis 8. Oktober 789 angab.

Das Ölgemälde, welches der inzwischen verstorbene Schermbecker Künstler Heinrich Baumeister vom Lippedorf nach alten Ansichtskarten erstellte, macht deutlich, dass sich das Ortsbild Gahlens allein in den letzten 100 Jahren mächtig gewandelt hat. Repro Scheffler
Das Ölgemälde, welches der inzwischen verstorbene Schermbecker Künstler Heinrich Baumeister vom Lippedorf nach alten Ansichtskarten erstellte, macht deutlich, dass sich das Ortsbild Gahlens allein in den letzten 100 Jahren mächtig gewandelt hat. Repro Scheffler

Heimatforscher vor Ort konnten den „Streit“ der Wissenschaftler nicht schlichten. Über die Gemeinde Schermbeck richtete der Heimatverein Gahlen deshalb im Jahre 2008 eine Anfrage an den Landschaftsverband Rheinland. Frau Professor Dr. Margret Wensky gab im Jahre 2010 grünes Licht für Wampachs Datierung. Gahlen hätte also 2013 oder 2014 feiern können.

Bei der Entscheidung kam der Gedanke, das Dorfjubiläum mit dem 100-jährigen Bestehen der Gahlener Freiwilligen Feuerwehr zu verbinden. In der Festschrift der Feuerwehr aus dem Jahre 1963 wird auf zwei getrennte Versammlungen vom 12. Oktober 1913 verwiesen, die auf Veranlassung des Bürgermeisters Wetzlar auf der Hardt und im Dorfe stattfanden. In diesen Versammlungen wurde Cornelius Heckermann als Führer der Pflichtfeuerwehr gebeten, die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr beim Bürgermeister zu beantragen. Gleichzeitig wurde Theodor Benninghoven zum Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr im Dorf gewählt. Die Geburtsstunde des heutigen Gahlener Löschzuges hatte geschlagen. H.Sch.

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Heimatreporter
Unter der Artikel-Kennzeichnung "Heimatreporter" postet der Schermbeck-Dammer Helmut Scheffler seit dem Start dieser Online-Seite im Jahre 2013 Artikel über vergangene und gegenwärtige Entwicklungen der Großgemeinde Schermbeck. Seit 1977 schreibt der inzwischen pensionierte Mathematik- und Erdkundelehrer für Lokalzeitungen. 1990 wurde er freier Mitarbeiter des Lokalfunks "Radio Kreis Wesel", darüber hinaus hat er seit 1976 zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte Schermbecks in niederrheinischen und westfälischen Schriftenreihen veröffentlicht. 32 Jahre lang war er Redakteur des "Schermbecker Schaufenster". Im Jahre 2007 erhielt er für seine niederrheinischen Forschungen den "Rheinland-Taler" des Landschaftsverbandes Rheinland.