Fröhliches Wiedersehen 70 Jahre nach der Einschulung
Schermbeck 27 katholische Schülerinnen und Schüler wurden im März 1954 aus der Volksschule an der Weseler Straße entlassen. 8 von ihnen folgten am Wochenende einer Einladung zum dritten Klasentreffen, das von Anny Offermann (-Posur) organisiert wurde. Es gab einen besonderen Grund zum Feiern: Die Einschulung erfolgte vor 70 Jahren im ersten Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Beim Wiedersehen in der Gaststätte Overkämping mussten die ehemaligen Volksschüler feststellen, dass inzwischen elf ehemalige Mitschüler verstorben sind.
Nach dem Mittagessen wurde dem Museum ein Besuch abgestattet. Die Führung durch das geschichtlich bedeutsame Gebäude mit seinen zahlreichen Exponaten zur Geschichte Schermbecks übernahm Hans Zelle.
Beim anschließenden geselligen Beisammensein blieb Zeit, über die gemeinsame achtjährige Schulzeit zu plaudern. In den ersten beiden Schuljahren wurden die Kinder von Lehrerin Klara Wünnenberg unterrichtet, die auch den Unterricht in den beiden letzten Jahren übernahm. Zwei Jahre lang unterrichtete Lehrerin Elisabeth Brüggemann dei Kinder. Während die Katholiken im vom Kanonenofen beheizten Raum im Erdgeschoss saßen, erhielten im oberen Gebäudeteil die protestantischen Schüler das Rüstzeug fürs Leben. Die Trennung gab Anlass zu manch unschönem Wortgefecht.
Ein Schulbus verkehrte vor sieben Jahrzehnten nicht. Laufen war angesagt. Hanne Weiligmann (-Kammeier) erinnerte daran, dass sie im ersten Schuljahr auf dem Weg vom Brichter Elternhaus nach Schermbeck Holzschuhe trug, dazu die aus selbst gesponnener Wolle gestrickten Strümpfe. Regina Höing (-Schmeing) fuhr zwar schon mit dem Fahrrad zur Schule, musste aber auf diesem Weg die Milchkanne mitnehmen und bei Köllmann abstellen.
Statt moderner Sanitäranlagen gab es noch ein Plumpsklo für die gesamte Schülerschaft. Der Durst wurde am Brunnen gestillt, an dem ein angeketteter Becher hing, der von allen benutzt wurde.
Der Schulalltag begann um 7.10 Uhr mit dem Schulgottesdienst in St. Ludgerus. Die Mädchen unterstützten als Vorbeterinnen, die Jungen als Messdiener die von den Pfarrern Heinrich Wegmann und Heinrich Gerdemann geleiteten Gottesdienste. Nach der Rückkehr ins Schulhaus wurde allmorgendlich der Prozentanteil der am Gottesdienst teilnehmenden Schüler errechnet. Die übrigen Schüler erwartete eine Strafarbeit. Montags wurde kontrolliert, wer am Sonntag nicht an der Christenlehre teilgenommen hatte. „Schwänzer“ erhielten ein schlechte Religionsnote.
Drillmäßiges Einüben von Lerninhalten wie das Erlernen der Zeichensprache über Handbewegungen war vor einem halben Jahrhundert gängige Unterrichtspraxis. Das Einpauken von Katechismusteilen oder Gedichten hat seine Wirkung nicht verfehlt.
Zwar saß man in aller Regel artig in der Schulbank und überließ dem Lehrer die Herrschaft im Klassenzimmer, aber Engel waren die Kids von damals auch nicht. Das mit einem Herzchen versehene Briefchen mit der Aufschrift „Ich liebe dich“ war schon damals bekannt, und mehr als einmal musste die Lehrerin Wünneberg inständig bitten: „Jungs, kommt doch rein!“, wenn die vom damaligen Nachmittagsunterricht wenig begeisterten Burschen sich in der Maulbeerhecke versteckt hatten, Kastanien sammelten oder im Winter zum Eislaufen auf dem Mühlenteich enteilt waren. Mit lautstarkem Grölen quittierten die Kids einmal den Sturz der Musiklehrerin von der Bank.
Zur Schule von damals gehörten die Schläge ebenso wie die Strohhalme als Belohnung für Fleiß. Wer zehn Strohhalme hatte, bekam ein Heiligenbildchen. Viel Spaß gab es bei den wenigen Ausflügen. Größte Ausflüge war die Fahrten zur Hohensyburg und zum Hermannsdenkmal. H.Sch